Atmung als Energiequelle

KörperSprache, wenn es mal hoch hergeht: Energiegewinnung über den Körper

Von Sabine Mühlisch

Spannung und Entspannung liefern für unsere Körper eine natürliche Balance für endlose Energie – wenn wir angemessen atmen! Der Atem ist unsere vitalste Energiequelle, denn über den Atemvorgang unseres Körpers wird dieser biologisch mit Energie versorgt, es werden Ablagerungen und Gifte verbrannt und ausgeschieden. Die Lunge ist nach der Haut das größte Organ des Körpers. Je wirksamer wir atmen, desto frischer und gesünder bleiben die Zellen unseres Körpers.

Auf der geistigen und psychischen Ebene ist der Atem Träger von Lebensenergie (Prana). Durch das Ein und Aus der Atembewegung sind wir mit dem Rhythmus, dem Pulsieren des Lebens, verbunden. In der Art und Weise, wie wir den Strom des Lebens in uns aufnehmen und wieder loslassen, spiegeln sich viele unserer Gedanken und Einstellungen zum Leben. Indem wir anders atmen, leben wir anders.

Über den Atem können wir unsere Emotionen beeinflussen. Oft entstehen Atemstörungen durch unterdrückte Gefühle, durch Unterdrückung von ursprünglichen Lebensprozessen in uns selbst. Je freier wir atmen, desto freier sind wir in unseren Gefühlen und unserem Handeln.

Veränderung unseres natürlichen Atems

Wenn wir ein Baby beobachten, sehen wir, wie entspannt und tief es atmet. Beim Einatmen wölbt sich sein Bauch, beim Ausatmen wird er wieder flach. Seine Lunge füllt sich vollständig mit Luft. Sein Atem fließt frei und überall hin. Wenn ein Baby schreit, schreit es von Kopf bis Fuß, und wenn es lacht, lacht jede Stelle seines Körpers mit. Es zeigt alle seine Gefühle und hält keinen Impuls zurück.

Viele Menschen verlernen das natürliche Atmen, auf Grund der Bedingungen und Einstellungen (Glaubenssätzen) mit denen sie aufwachsen. Wenn wir den Atem anhalten oder sehr flach atmen, nehmen wir unsere Gefühle nicht mehr so deutlich wahr. Im Laufe der Zeit wird es allmählich zu unserer festen Gewohnheit, nicht zu weinen und nicht wütend zu werden. Wir lernten schon als Kinder, die Kontrolle zu behalten.

Oft zählt Traurigkeit zu den unerwünschten Gefühlen, manchmal ist es die Wut, manchmal die Lust, die unterdrückt wird. Unterdrückung bzw. Abwertung bedeutet das Eingreifen in die ursprüngliche Einheit von Körper, Atem, Seele und Geist.

So wird im Körper eine erhöhte Spannung aufgebaut, Verhärtungen entstehen, die Atmung kommt ins Stocken. Parallel zur Entwicklung einer psychischen Struktur in jedem von uns, entwickelt sich entsprechend unserer Atem-Muster eine individuelle Körperstruktur. Zur Verdeutlichung: Mit einer Körperhaltung mit vorgezogenen Schultern und rundem Rücken ist wenig Platz im Brustkorb für die Einatmung. Eine schlechte Voraussetzung, um Gefühle von Stärke, Sicherheit oder Mut ausleben zu können.

Der Körper lügt nicht, und die verdrängten Teile/Gefühle unseres Selbst machen sich irgendwann einfach bemerkbar durch schmerzende oder erkrankende Körperstellen, durch Gefühlsausbrüche, die zum Zusammenbruch führen oder durch Lebenskrisen.

Verbundenes Atmen statt „selbst gemachter“ Stress

Abwertung, Unterdrückung und Widerstand bewirken beim Energie- und Atemstrom im Körper Störungen und Hindernisse, die sich in verschiedenen Formen von Atemhemmungen niederschlagen. Sie beeinträchtigen Ihre Wahrnehmung der aktuellen Situation und begrenzen die vorhandenen Möglichkeiten, damit angemessen umzugehen.

Durch die bewusste Verbindung der Einatmung mit der Ausatmung – in einem entspannten Rhythmus – werden solche Atemhemmungen wahrnehmbar. Dieses verbundene kreisförmige Atmen lenkt die eigene Aufmerksamkeit vollständig auf die Gegenwart in unserem Körper und hilft uns, mit dem Bewusstsein ganz in der Gegenwart und im Körper anwesend zu sein (Hier und Jetzt!).

Damit entsteht ein Kontakt mit unserem körperlichen Gefühl und den damit verbundenen Gedanken und Emotionen. Der verbundene Atem bringt das hervor, was gerade ist, und macht es uns bewusst. Jede Einzelheit im Körper wahrzunehmen und dabei vollkommen entspannt zu sein, bedeutet, JA zu sagen zu dem, was ist, und es urteilslos anzunehmen.

Dieses Annehmen ist ein aktiver innerer Vorgang, indem wir aufhören, etwas abzuwerten oder überhaupt zu bewerten! Dann entsteht Integration. Durch die bewusste Aufmerksamkeit auf die Atmung identifizieren wir uns nicht mehr mit den vorbeikommenden Gedanken und Gefühlen. Wir beobachten uns selbst aus der Perspektive „außerhalb“.

Die Kraft (Energie), die mit den Urteilen und Emotionen blockiert war, wird wieder freigesetzt. Dadurch entstehen für die jetzige Lebenssituation angemessene Wahlmöglichkeiten – ohne Stress!

Es sind keine anderen Ergebnisse zu erwarten, wenn man die Dinge immer wieder auf dieselbe Art und Weise tut. Raus aus dem alten Trott, aus den alten Schuhen! Und dazu reicht es schon, jeden Tag eine winzige Kleinigkeit zu verändern. Nicht beim Partner! Nicht beim Chef! Nicht bei den Kunden! BEI SICH SELBST.

Also: Atmen Sie JETZT ein paar Minuten bewusst ein und aus. Und erst recht, wenn es das nächste Mal wieder hoch hergeht!

Energiesteuerung der Umgebung mit KörperSprache

Sie können die KörperEnergie und damit Ihre Gelassenheit steuern. In einer hektischen, aufgeregten oder auch aggressiven Situation können Sie dies auch und gerade für Ihre Umgebung tun:

Nehmen wir einmal an, ein wichtiger Termin für Ihren Chef steht an und er sucht schon seit einiger Zeit nach den erforderlichen Unterlagen, die aber scheinbar spurlos verschwunden sind. Gereizt, ungeduldig und angriffslustig stürmt er nun in Ihr Büro und beschuldigt Sie, die Unterlagen verlegt zu haben.

Klar, dass Sie sofort in die sprachliche Verteidigung gehen, da Sie wissen, die Unterlagen bereits zurechtgelegt zu haben. Stopp! Bevor Sie irgendetwas sagen, stehen Sie bitte auf,

nehmen eine objektive gerade Haltung ein (besonders auf das angemessenen Maß Ihres Standpunktes achten!),

lassen die Arme hängen,

atmen und

schauen Ihren Chef ganz leicht lächelnd in die Augen.

Halten Sie dies ein paar Atemzüge aus.

Erst wenn Sie merken, dass die Spannung Ihres Chefs weicht – und das wird sie tun! – stellen Sie eine kluge Frage: „Sie haben sicher schon auf dem Sideboard nachgeschaut …?“, und

gehen ruhig, weiterhin bewusst atmend ins Zimmer und holen die Unterlagen.

Trauen Sie sich es auszuprobieren – es wirkt Wunder!

Nehmen wir an, der Gesprächspartner kommt scheinbar uninteressiert oder leicht muffelig auf sie zu. Agieren? Oder Reagieren?

In Sekundenschnelle ist Ihre bis eben noch vorhandene gute Laune getrübt und aus den wahrgenommen Signalen funkt ihr Gehirn: „Achtung, der will bestimmt nicht mit mir sprechen, und besonders sympathisch bin ich ihm auch nicht.“ Aus diesen Gedanken wird ebenso schnell Ihr negatives Gefühl. Schon hat sich Ihr eben noch vorhandenes, leichtes Lächeln verzogen und ihre Mundwinkel zeigen tendenziell nach unten: Sie machen das Sauergesicht! Natürlich haben Sie jetzt die gleiche Ebene zu ihrem Gegenüber, aber ein freudvolles, erfolgreiches Gespräch lässt sich jetzt nicht führen. Außerdem werden Sie durch Ihre äußere und innere Haltung die Prophezeiung erfüllen: „Der will ja doch nicht …“

Gefühle ehrlich zeigen

Wenn Sie sich aber entschließen, das Signal des Partners aufzunehmen und bewusst zu denken. „Dieser Mensch hat zurzeit negative Gedanken und fühlt sich nicht sehr wohl”, dann beschreiben Sie das, was sie sehen, ohne es auf sich zu beziehen und falsch zu werten. Dadurch können Sie entscheiden, dass Sie weiterhin mit einem Lächeln auf diesen Menschen zugehen können und damit die Situation bestimmen.

Kein Mensch – nicht einmal mein ärgster Feind – kann mir meine Stimmung vorgeben! Ich entscheide immer selbst, wie ich dem anderen begegne. Nicht die äußere Situation bestimmt über „Ärger“ oder „Freude“, sondern meine innere Einstellung und Entscheidung dazu. Das Außen ist vielleicht eine Herausforderung, aber niemals ein Zwang, diese auch anzunehmen!

Trifft mich etwas von außen an einem wunden Punkt, so zeigt mir dies nur, dass ich dort eine zu heilende Stelle habe. Wir können Ärgernissen, die uns andere verursachen, im Grunde sogar dankbar sein; zeigen Sie uns doch nur auf, wo wir selbst noch etwas in den Schatten gedrückt haben.

Ein offenes, freundliches Gesicht mit entsprechender Haltung ist selbst dem muffeligsten Gegenüber auf Dauer unwiderstehlich. Das höhere Energiepotential (Freundlichkeit) fließt immer zum niedrigen! Das damit das Gespräch anders startet, können Sie jederzeit leicht ausprobieren.

Die bewusste Entscheidung, die Dinge des Lebens offen anzuschauen, lässt Sie nach außen als auch im Inneren positiver den Tag an- und auf Menschen zugehen. Unangenehme Situationen oder Probleme erscheinen uns bei verkniffener Mundstellung und verengten Augenstellungen eben „verbissen“, „verkniffen“ oder „suspekt“. Sprache beschreibt Körpersprache – der Körper hat Einfluss auf Denken und Fühlen.

Wenn es so gar nicht läuft

Sie kennen das sicher auch: Es gibt Tage, da ist Ihnen nach gar nichts. Sie fühlen sich unbehaglich, jedes Gespräch ist eher lästig. Diese Gefühle sind durchaus zulässig. Unsere Gedanken in Verbindung unserer gesellschaftlichen (überholten!) Regeln aber verbieten den freien Ausdruck dieser Gefühle. Gefühle dieser Art sind Privatsache und gehören eben nicht in die Öffentlichkeit. Diese Rechnung haben wir dann jedoch wieder ohne unseren Körper gemacht. Denn der offenbart uns mit seiner Mimik (heruntergezogene Mundwinkel, trauriger Blick), unserer Gestik (Zurückhaltung der Arme und Hände, Festhalten der linken, emotionalen Hand oder Faust in der Tasche), die Schultern hängen herab.

Oder der Gang ist schleppend und die Füße wollen sich gar nicht vom Boden lösen. All diese Signale stehen dann im Gegensatz zu unserer Aussage: „Mir geht’s gut, ich bin ganz zufrieden (was nur heißt, Sie sind auf dem Weg zum Frieden mit sich Selbst und der Welt!), eigentlich kann ich nicht klagen …“ Warum stehen wir nicht zu unserer Situation, wenn wir sie letztlich doch nicht verstecken können?

Wenn Sie ehrlich antworten und damit Ihre Gefühle annehmen, wird es Ihnen besser gehen. Und auch der Gesprächspartner wird Sie für ehrlich halten, wenn sie anschließend auf der Sachebene zum Gespräch kommen. „Verzeihen Sie, wenn ich so ein Gesicht mache, das geht nicht gegen Sie. Ich habe gerade solche Kopfschmerzen“, oder: „Macht Ihnen dieser Fön auch so zu schaffen? Ich habe richtig Schwierigkeiten, mich zu konzentrieren.“ So oder ähnlich können Sie sich und ihre Gefühle äußern und vermeiden damit, dass der andere die körpersprachlichen Signale auch noch auf sich persönlich, ablehnend bezieht.

Für Sie selber bedeutet dieses Verhalten, dass das unbehagliche Gefühl nachlässt (es wird wieder auf die seelisch-geistige Ebene gehoben und der Körper kann auf die Signalgebung verzichten!) und Sie sich und anderen aufrichtiger und authentisch erscheinen. Unsere Körper lügt nicht – nur wer eine Einheit aus Körper und Sprache darstellt, kann überzeugend und souverän wirken, Menschen im Gespräch begegnen und sich in seiner Haut wohl fühlen.

Hier ein kleiner Test zur Selbstbeobachtung:

Stellen Sie eine Begrüßungssituation nach und überprüfen Sie Ihre Signale und deren Be-Deutung:

  • Welchen Standpunkt vertreten Sie?
  • Welchen Abstand hat Ihr ausgestreckter Arm zum Gegenüber?
  • In welchem Winkel steht Ihr Oberkörper zu ihrem Gesprächs-Partner?
  • Welche Intensität hat Ihr Händedruck?
  • Welche Kopfhaltung nehmen Sie ein?
  • Wie wirkt Ihr Gesichtsausdruck, speziell der Mund und die Augen?
  • Fragen Sie nach dem spontanen Gesamteindruck bei Ihrem Gegenüber nach ….

Welche konkreten, persönlich erfahrenen Situationen haben Sie erfahren? Bitte schildern Sie mir diese – und wir schauen nach Lösungen, die Sie das nächste Mal anwenden können!


 

  Über die Autorin:

Sabine Mühlisch, ausgebildete Diplom-Sportwissenschaftlerin, ist seit 1986 selbständige Trainerin für KörperSprache & Persönlichkeitsentwicklung.

In den über 25 Jahren als Trainerin mit Managern, UnternehmensLeitern und Privatpersonen hat sie sich einen umfangreichen Erfahrungsschatz zu menschlichem (non-verbalen) Verhalten angeeignet. Sie bietet Seminarreihen zum Thema „KörperSprache als Ausdruck von Geist und Seele“ – auf der Grundlage und in der Auseinandersetzung mit der Arbeit von Prof. Samy Molcho – an. Bereiche dabei sind Kommunikation, Führung, Verkauf, Präsentation und freien Reden. Ihre lebendigen Vorträge und Impulsreden zum Thema „KörperSprache“ werden ergänzt durch Coachings, Seminare und Inspirationen für mittelständische Firmen zum Thema „Vitale UnternehmensKörper“ und IFM-Coachings.

Durch mehrere Bücher, Fachartikel sowie Medienauftritte hat sie den Namen „Grande Dame“ der KörperSprache erhalten.

Im Junfermann Verlag sind von ihr die Bücher Fragen der KörperSprache (2006) sowie Das Prinzip KörperSprache im Unternehmen (2014) erschienen.

Mehr über Sabine Mühlisch und Ihre Angebote erfahren Sie hier.

Das ganze Universum – in einem Zitat

Zitate inspirieren – zum Nachdenken, zum Selbstformulieren und zum Handeln. Es gibt Menschen, die richtige Zitatensammlungen haben und darin zu jeder Gelegenheit etwas Passendes finden.

Anja Palitza und Olaf Hartke gehören zu diesen Menschen, denen Zitate sehr viel bedeuten. „Es gibt Situationen, in denen sind wenige Worte wie ein ganzes Universum. Dann kann ein bestimmtes Zitat das ganze Spektrum unseres emotionalen oder geistigen Erlebens widerspiegeln.“ Mit diesen Sätzen leiten sie ihr Buch „Heute gewaltfrei“ ein, in dem sie für jeden Tag des Jahres ein Zitat anbieten. Und als Anregung für die Leserinnen und Leser äußern Anja Palitza und Olaf Hartke außerdem ihre Gedanken zu jedem Zitat.

Haben Sie ein Lieblingszitat?
Wie sieht es bei Ihnen aus, liebe Leserin, lieber Leser? Haben Sie vielleicht ein Zitat, das für Sie schon lange ganz wichtig ist? Haben Sie es an einer bestimmten Stelle platziert? Tragen Sie es vielleicht in Ihrer Geldbörse bei sich oder hängt es an einem Ort, an dem Sie häufiger im Verlauf des Tages vorbeikommen?

Aber vielleicht ist es bei Ihnen nicht ein bestimmtes Zitat. Möglicherweise haben sie eine Lieblingsautorin, deren Gedanken Sie besonders inspirieren und von der Sie unterschiedliche Zitate „bewahren“ oder sich zu bestimmten Gelegenheiten zu Gemüte führen?

Oder fühlen Sie sich einer bestimmten Philosophie oder Geisteshaltung sehr stark verbunden und schätzen Sie deshalb einige Aussprüche aus diesem Kontext ganz besonders?

Vielleicht mussten Sie auch eine schwere Lebenskrise durchmachen – und es gab da einen Ausspruch, der Ihnen in dieser Situation geholfen hat …

Teilen Sie Ihr Lieblingszitat mit uns …
Was auch immer es bei Ihnen ist: Wir wüssten gern Ihr Lieblingszitat – sei es nun das liebste Zitat aller Zeiten oder Ihr aktueller Favorit. Und wenn Sie mögen, können Sie uns gerne auch ein paar Gedanken dazu mitteilen, was Ihnen dieses Zitat bedeutet, was es bei Ihnen bewirkt (hat). Oder auch dazu, wo Sie Ihr ganz besonderes Zitat verwahren – oder wie es zu Ihnen gekommen ist.

… und gewinnen Sie mit etwas Glück ein Buch!
Das sollen Sie natürlich nicht umsonst tun! Wer bis zum Welttag des Buches, also bis zum 23. April 2015, hier etwas zum Thema Zitate postet, kann ein Exemplar von „Heute gewaltfrei“ von Anja Palitza und Olaf Hartke gewinnen. Am 24. April verlosen wir nämlich unter allen, die sich an unserer diesjährigen Welttag-Blogger-Aktion beteiligen 5 Exemplare dieser ganz besonderen Zitatensammlung. Wir hoffen, dass wir damit zu Ihrer ganz persönlichen Lesefreude beitragen.

Mit Mut und Eigeninitiative Ängste überwinden

Endlich frei!

Von Gabriele Lönne

Endlich frei von Emotionen – das wäre was! Auf diese Idee kann man durchaus in unangenehmen Situationen kommen… Auf der anderen Seite brauchen wir unsere Emotionen zum Leben und zum Überleben. Was wäre, wenn wir keine Angst vor Krankheit hätten? Wenn wir uns keine Sorgen um unsere Kinder machten und daher auch nicht länger ein Auge auf sie hätten? Wenn wir uns nicht mehr liebhaben würden? Ja – unsere Emotionen steuern uns mehr, als wir meinen. Manchmal allerdings auch etwas zu viel. Dann ähnelt unsere Gefühlslage eher einem kurz vor der Explosion stehenden Dampfdrucktopf.

Ein gutes Beispiel für derartige Zustände sind „Ängste“. Jeder kennt sie, jeder hat sie irgendwann einmal selbst erlebt, jeder versucht, sich gegen sie zu wehren, doch kaum einer mag zugeben, dass er sich lieber nicht mit den Ursachen beschäftigt. Angst ist für viele Menschen ein unheimliches Phänomen. Ist Ihnen eigentlich bewusst, wie stark Ängste einengen, stören, blockieren, geradezu vernichten können?

Gern gebe ich Ihnen ein paar Beispiele aus meiner Praxis:

  • Eine Person, die Sie vorher noch nie gesehen haben, erinnert Sie (unbewusst) an eine für Sie unangenehme Begegnung. Plötzlich sind Sie irritiert und geraten, ohne zu wissen warum, aus dem Gleichgewicht. Sie können sich nicht erklären, was auf einmal in Sie gefahren ist. Sie sind außer sich und verstehen die Welt nicht mehr, weil Ihnen der Anlass für diese emotionale Attacke in dem Augenblick nicht bewusst ist…
  •  Oder Sie sind top vorbereitet und freuen sich, endlich Ihre Prüfung ablegen zu können. Aber was ist das? Sie haben das Gefühl, auf einmal nichts mehr zu wissen. Die Prüfer stellen Ihnen genau die Fragen, auf die Sie gestern noch die Antworten wussten. Aber Sie können Ihr Wissen einfach nicht abrufen. Sie sehen nur noch eine weiße Wand, ein unbeschriebenes Blatt. Ihr Gehirn befindet sich im Generalstreik…
  •  Oder Ihr geliebter Fußballverein, routinemäßig immer auf der Gewinnerseite, stürzt plötzlich ab. Eigentlich hat sich doch nichts geändert. Die Spieler sind immer top. Der Trainer, die Betreuer, die Gegner – sie sind doch immer noch dieselben! Nach etlichen verlorenen Spielen macht sich enormer Frust und große Verzweiflung breit. Jeder im Verein fragt sich, was da wohl los ist. Die Verantwortlichen ziehen den Kopf ein. Keiner weiß Rat…
  •  Oder Sie haben etwas zu feiern – Ihr Jubiläum. Sie sind gut auf Ihre Festrede vorbereitet und freuen sich auf Ihre Gäste. Und dann kommt der große Augenblick. Sie betreten das Podium, ordnen Ihr Manuskript und richten das Mikro. Alles wird still. Verwandte und Freunde sehen Sie erwartungsvoll an. Aber was ist das? Ihre Stimme! Wo ist Ihre Stimme? Sie wollen Ihre Zuhörer begrüßen und aus dem „Off” kommt nur ein leises Krächzen. Sie räuspern sich, nehmen einen Schluck Wasser, fangen noch einmal an. Ihre Stimme bleibt schrecklich. Sie quälen sich durch Ihre tolle Rede, die jeden Glanz verloren hat. Und Ihre Zuhörer fragen sich, was denn mit Ihnen los ist. Sie sich auch…

Was ist in diesen Situationen jeweils passiert? Was hat dazu geführt, dass in all diesen Fällen unser Gehirn seinen Dienst verweigert? Woher kommt das, dass wir nicht mehr das tun können, was wir tun wollen? Unser Verstand wird im Augenblick aufflammender Emotionen teilweise oder ganz „ausgeschaltet“. Er ist komplett blockiert. Wir können nicht mehr normal denken. Es kann zu heftigen neurologischen Reaktionen kommen, von Herzrasen über Schwitzanfälle bis zu Krämpfen und Ohnmacht.

Aber was sind denn Emotionen genau? Und warum sind sie so mächtig, dass sie sogar unseren Verstand beherrschen können? Hier die Definition aus dem Lexikon der Psychologie: Demnach handelt es sich bei Emotionen um ein komplexes Phänomen

„das mit einer Veränderung verschiedener Komponenten einhergeht. Physiologische Reaktionen (…) kann man relativ gut beobachten bzw. messen. Dies gilt auch für die Verhaltenskomponenten wie die Veränderung der Mimik, Gestik, Körperhaltung und Stimmlage. Schwieriger zu messen ist die Erlebniskomponente, die im deutschsprachigen Raum auch als Gefühl bez. wird.“  (162013, S. 439)

Das bedeutet: In Folge von Emotionen kann es allgemein zu mehr oder weniger heftigen physiologischen Reaktionen kommen, die unseren ganzen Körper erfassen. Ob Herzklopfen, Hitzewallung, kalte Hände, roter Kopf…, ob körperliche Beschwerden wie Magendruck, Durchfall, Zittern…, ob Gedächtnislücken, Sprachstörungen, Wortfindungsstörungen… sie alle können Ausdruck einer starken Emotion sein.

Warum ist das so? Zum Beispiel bei den Ängsten? Weil wir Emotionen unweigerlich und augenblicklich lernen, und zwar von Geburt an. Sie sind in unserem Unterbewusstsein nicht genetisch angelegt. Kein Mensch kommt als kleines Baby mit Fahrstuhlangst, Flugangst oder Spinnenphobie zur Welt!

Emotionen lernen wir zunächst von unseren Eltern und mit zunehmendem Alter auch von unserem Umfeld. Anfangs kopieren wir Verhaltensweisen, die Emotionen wiederspiegeln, und zwar vollkommen kritiklos. Durch die Erziehung unserer Eltern und persönliche Erfahrungen lernen wir dann irgendwann, Verhaltensweisen in Frage zu stellen, sie anzunehmen oder abzulehnen. Je näher uns ein Mensch steht, umso eher übernimmt er Vorbildfunktion für uns.

Wenn Mama laut „Nein, aua!“ ruft, weil ihr Kleines gerade den heißen Topf anfassen will, lernt es genau in diesem Augenblick die Emotion „Angst“ vor Topf und Herd, was in diesem Fall ja auch sinnvoll ist. Wenn die Mama allerdings schreiend vor einer Maus oder Spinne auf den Stuhl klettert, dann lernt ihr Kind, Angst vor einer Maus oder Spinne zu haben, was sich in der Zukunft dann als ungünstig erweisen kann.

Auf diese Art und Weise lernen wir, die günstigen und ungünstigen Verhaltensweisen unserer Eltern zu übernehmen. Die Art von Papa, der vielleicht immer, wenn ein Problem auftaucht, laut anfängt zu schreien. Die Verhaltensweise von Mama, die eventuell „um des lieben Friedens willen“ lieber gleich nachgibt, als das Problem zu diskutieren.

Aber wie kann denn zum Beispiel bei der Mutter „Angst vor der Maus“ entstanden sein – abgesehen von der Kopie aus dem Umfeld? Um das Phänomen verstehen zu können, ist es wichtig sich klarzumachen, auf welche Weise wir mit der Welt um uns herum in Kontakt treten.

Wir sehen und hören unser Umfeld, wir schmecken und riechen und fühlen sie.

Uns stehen also im Normalfall unsere fünf Sinnesorgane zur Verfügung, die uns die Welt um uns herum miterleben lassen. Nun kann es bei einer zufälligen Wahrnehmung eines oder mehrerer unserer Sinnesorgane zu ungünstigen Reaktionen im Sinne von körperlichem Stress kommen. Die Kombination aus dem wahrgenommenen Erlebnis und der begleitenden unangenehmen körperlichen Befindlichkeit wird zu einer emotionalen Erfahrung verarbeitet. Und sie wird immer wieder unbewusst reaktiviert, wenn sich die identische Wahrnehmung mit dem Stress auslösenden Ursprungserlebnis wiederholt.

Zum Beispiel bei der „Angst“ vor dem heißen Topf auf dem Herd. Das Kleine hört die laute Stimme der Mutter, die nicht nett klingt, sondern ungewöhnlich drohend wirkt. Es sieht die Mimik der Mama, die eventuell Erschrecken und Panik ausdrückt. Es nimmt die Gestik der Mama wahr, die wahrscheinlich schnell und hektisch ausfällt.

Das Kleine lernt also: Der „Topf“ oder aus dem zweiten Beispiel die „Maus“ sind böse. Es fühlt in diesem Augenblick unangenehme körperliche Symptome, die es nicht gut findet und die es nicht haben möchte. Und so legt das Gehirn des kleinen Kindes diese neuen Erfahrungen als unangenehme Emotionen in seinem Erinnerungsspeicher ab.

In Zukunft wird es erst einmal einen großen Bogen um den „bösen“ Herd machen, bis es vielleicht irgendwann als Heranwachsender lernt, dass man den heißen Topf mit Topflappen anfassen kann und dadurch der böse Herd seinen Schrecken verliert.

Leider erleben wir auch das Gegenteil. Ängste zum Beispiel können sich im Laufe der Zeit immer mehr verstärken und zu Panikattacken führen, die zu außerordentlichen Störungen in unserem alltäglichen Leben werden. Zum Beispiel kann sich die Angst vor Maus oder Spinne (man nennt sie auch Phobie) derart steigern, dass schon das Bild einer Maus oder einer Spinne Angst auslöst. In der Folge verursacht schon allein der Name extreme Angst. Eine vermeintlich gute Lösung für das Problem ist für die Betroffenen anfänglich die Vermeidung der Angst. Das heißt, nicht mehr in den Keller zu gehen (mögliche Begegnung mit einer Maus), nicht mehr die Fenster öffnen zu wollen (Eindringen von Maus oder Spinne), nicht mehr wegen möglicher Spinnweben unter Türen durchgehen zu können…

Hier kommt die gute Nachricht: Es gibt Möglichkeiten, an seiner Angst oder Phobie zu arbeiten.

Die Lösung kann im Idealfall verblüffend einfach sein, da wir alles, was wir von Kindesbeinen an gelernt haben, auch wieder verlernen können. Auch die Disposition, auf unsere individuellen „Angstmacher“ mit bestimmten emotionalen Reaktionen zu antworten.

Wir können unter Anleitung eines Experten mit unserem Verstand erarbeiten, dass die physiologischen unangenehmen Reaktionen „unnötig“ sind, weil in Wirklichkeit keine Gefahr droht. Oder dass die ausgelöste Emotion „unsinnig“ war und ist. Wir können unserem Gehirn antrainieren, schlichtweg „anders“ zu denken. Ja, wir können unsere ungünstigen Emotionen tatsächlich eliminieren und günstige Emotionen wiederbeleben(!), ja, sogar notwendige Veränderungen lieben lernen.

Wir sind unseren Emotionen eben doch nicht hilflos ausgeliefert, nach dem Motto: „Ist nun mal mein persönliches Schicksal!“ Allerdings braucht es manchmal Mut und Eigeninitiative, einen Experten zu suchen und sich ihm anzuvertrauen.

Und bei den alltäglichen Quälgeistern können Sie selbst der Experte sein: Wir haben die Chance, unsere Emotionen selbst zu bearbeiten und mental widerstandfähig zu werden, wenn wir die Fähigkeiten unseres Gehirns nutzen und unseren Verstand für uns arbeiten lassen.

Denken Sie beispielsweise an „Ratatouille“, die Ratte aus dem gleichnamigen Film, die als versteckter Hilfskoch ihrem gepiesackten Kochfreund ständig aus der Patsche hilft und so sympathisch wirkt. Hätten Sie sie auch ohne das tolle Drehbuch sympathisch finden können? Könnte sich jetzt eventuell schon allein durch den Film ihr Verhältnis zu Ratten etwas geändert haben? Immerhin: Im asiatischen, im indischen und im chinesischen Lebensraum wird die Ratte geradezu verehrt. Sie ist ein Symbol für Intelligenz, Ehrlichkeit und Kreativität. Es soll sogar Glück bringen, wenn einem Menschen eine „heilige“ Ratte über die Füße läuft!

Gern gebe ich hier weitere Anregungen:

Emotionen „drehen“

Sie stehen im Stau und ärgern sich maßlos über die verlorene Zeit … STOPP! Nein, freuen Sie sich über die gewonnene Zeit zu ungestörtem Denken. Schalten Sie kurzerhand die Aufnahmefunktion Ihres Handys ein und gehen Sie in Gedanken dem nach, was für Sie im Augenblick wichtig ist. Nehmen Sie Ihre Gedanken unsortiert auf. Am Ende der Fahrt haben Sie viel geschafft. Mit einer speziellen Software können Sie die gesammelten Ideen auf Ihren Rechner bringen und haben wertvolle Zeit gespart …

Innere Zeit verstellen

Sie sind zu einem Termin verabredet und Ihr Gegenüber lässt Sie unendlich lange warten. Sie merken, wie Ihre Motivation schwindet und sich Frust in Ihnen breitmacht … STOPP! Schauen Sie einmal auf Ihre Uhr. Nehmen Sie die Zeit der Verspätung genau auf, zum Beispiel 60 Minuten. Nun drehen Sie in Gedanken (!) den Zeiger der Uhr oder die digitale Anzeige ganz langsam auf den Zeitpunkt zurück, an dem Sie sich treffen wollten. Schließen Sie kurz die Augen und atmen Sie tief durch. Jetzt können Sie relaxen. Sie haben eine Stunde mentale Zeit gewonnen. Und gehen ganz cool in Ihre Besprechung…

Selbstjagd abschaffen

Sie haben Termine über Termine. Wenn Sie jemand fragt, dann heißt es von Ihnen immer nur: „Ich muss dieses, ich muss jenes, ich muss das sofort …!“ STOPP! Streichen Sie das Wort „muss“ aus Ihrem Vokabular. Mit diesem Wort machen Sie sich ständig zum Opfer Ihrer selbst. Und sich ständig als Opfer fühlen ist äußerst ungünstig, kann zu anhaltenden depressiven Verstimmungen führen und macht Sie für andere Menschen ausgesprochen unattraktiv – in jeder Beziehung. Sie müssen nichts! Gar nichts! Überhaupt nichts! Gibt es ein Gesetz, demzufolge Sie einkaufen gehen müssen? Oder Rasen mähen müssen? Oder zur Bank müssen? NEIN! Sie MÖCHTEN, WOLLEN, KÖNNEN …, weil Sie vielleicht Familie haben und sie gut versorgen möchten, weil Sie eine schöne Umgebung für sich haben wollen, weil Sie gut verdienen und weiterkommen können …! Achten Sie immer darauf: WÖRTER FÄRBEN GEDANKEN Und was wir denken, das sind wir!

Enden möchte ich mit einem Zitat aus Demian von Hermann Hesse: „Man braucht vor niemand Angst zu haben. Wenn man jemanden fürchtet, dann kommt es daher, daß man diesem Jemand Macht über sich eingeräumt hat.“

 


Was meinen Sie? Kennen Sie einige der Beispiele aus Ihrem eigenen Leben? Haben Sie Ähnliches schon einmal erlebt? Wenn Sie Anregungen haben oder mehr über die Möglichkeiten des Umdenkens wissen möchten, schreiben Sie uns – die Autorin antwortet Ihnen gerne.

 

  Über die Autorin:

Gabriele Lönne ist Consultant, Business Coach und Heilpraktikerin für Psychotherapie sowie als Lehrbeauftragte an verschiedenen Hochschulen tätig.

Weitere Informationen über die Autorin und ihr Tätigkeitsfeld erhalten Sie hier.


Marketing für Coaches

Wobei leuchten Ihre Augen? – Eine ungewöhnliche Frage, wenn es um das Thema Selbstmarketing für Coaches geht, oder? Sebastian Mauritz, seit über 16 Jahren erfolgreich als Redner, Trainer und Coach unterwegs, findet das ganz und gar nicht. Er weiß: „Wenn meine Augen leuchten, wenn ich arbeite, dann heißt das für mich, dass ich mit meinen Ressourcen, Kompetenzen und Fähigkeiten in Kontakt bin. Und meine Erfahrung ist, wenn MEINE Augen leuchten, dann leuchten auch die Augen meiner Kunden, sie nehmen zumindest meine Begeisterung wahr.“

Im Folgenden Video erläutert er, mit welchen Strategien Coaches bei ihren Kunden (und potenziellen Kunden) im Gedächtnis bleiben und sich positiv von der Konkurrenz abheben – und zudem die eigene Begeisterung erhalten:

 

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Über den Autor:

Sebastian Mauritz hat als Autor zwei Bücher zum Thema Resilienz, Stress und gesundes Arbeiten verfasst. Sein erstes Buch „Das Ginkgo-Prinzip“ erschien 2009 in 6 Sprachen und ist ein Grundlagenwerk für die zentralen Erfolgsfaktoren im Arbeitsprozess, sein zweites Buch „Wenn schon Burn-out, dann richtig“ geht mit dem Phänomen Burn-out und Resilienz provokant und lösungsorientiert um und zeigt praktische Wege im alltäglichen Umgang mit Stress. Er erklärt auf einfache Art und Weise komplexe Sachverhalte, macht sie erlebbar und sorgt für nachhaltige Veränderung. Er ist weltweit gefragter Experte für psychische Gesundheit in Firmen und Resilienz.

Als Lehrtrainer und Lehrcoach, DVNLP ist er ehrenamtlich im Vorstand des DVNLP e.V. tätig im Bereich Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. Er ist außerdem geschäftsführender Gesellschafter einer Marketing- und Werbeagentur.

Weitere Informationen zu Sebastian Mauritz finden Sie unter www.NLP-Akademie.de und hier, und wenn Sie Fragen, Anmerkungen oder Ergänzungen loswerden wollen: Schreiben Sie einen Kommentar, der Autor antwortet Ihnen gerne.