Leipziger Buchmesse – eine Nachlese

Die Frühjahrsmesse in Leipzig hat zweifellos ihre Vorteile – sympathischer Ort, überschaubares Gelände, kurze Wege, keine Verlagsstände, die eher Trutzburgen als Ausstellungsflächen ähneln, und vor allem natürlich die Vielzahl von Veranstaltungen und Lesungen in der Stadt und auf dem Messegelände. Eine Messe für die Leserinnen und Leser – und eine Messe für Publikumsverlage. Für Junfermann als Verlag für das psychologische Fachbuch also eher weniger relevant, dennoch kann es nicht schaden, von Zeit zu Zeit selbst vor Ort zu überprüfen, ob sich ein eigener Verlagsstand und die damit verbundene Präsenz des Fachbuchprogramms nicht doch lohnen könnten. Da eine Messe zudem stets eine willkommene Gelegenheit zum Austausch mit Kollegen, Dienstleistern und anderen Partnern bietet, erschien mir eine Reise nach Leipzig am Freitag und Samstag als gut investierte Zeit.

Wenn man einige Jahre nicht zugegen war, fällt zuallererst die unterdurchschnittliche Auslastung der Ausstellungsflächen auf. Die Kinder- und Jugendbuchhalle ist mit Ausstellern bis unters Dach vollgepfropft, ansonsten finden sich aber in allen Hallen gewaltige Flächen, die frei stehen, gastronomisch oder anderweitig buchfremd genutzt werden. Dem Besucherzustrom tut dies offenbar keinen Abbruch, doch es sind deutlich weniger Verlage und Bücher zu sehen als bei meinem letzten Besuch vor vier Jahren. Nach wie vor beeindruckend ist, dass an jeder Ecke und quasi durchgehend Autoren aus ihren Büchern lesen, über sie sprechen, Interviews geben, sich mit Lesern austauschen. Dementsprechend zufrieden ist der Eindruck, den die Kollegen aus den Belletristik- und Publikumsverlagen vermitteln. Die Fachverlage jedoch sind zum allergrößten Teil lieblos platziert und ihre Stände schlecht besucht. Die Entscheidung, das für einen solchen Messeauftritt einzusetzende Geld lieber an anderen Stellen zu investieren, scheint sich als sinnvoll zu erweisen.

Dies umso mehr, da sich eine einstmalige Kuriosität im Laufe der Jahre zum dominanten Faktor dieser Messe entwickelt hat – die Rede ist von den zahllosen Cosplayern, jenen fantasievoll verkleideten Jugendlichen, die ihre Leidenschaft für Manga-Comics ausstellen. Waren diese vor Jahren noch eher ein interessanter Farbtupfer im Business-Grau des Messebetriebs, so dominieren sie mittlerweile die Messe nicht nur am Samstag, sondern auch an den übrigen Tagen. Tausende ins Leben getretene Manga-Figuren laufen durch die Messehallen. Dagegen ist nichts einzuwenden, zumal die jungen Menschen ja wirklich nett sind:

Dennoch stellt sich angesichts der zahlenmäßigen Übermacht der Cosplayer die Frage, welche Art von Medien in einem solchen Umfeld angemessen präsentiert werden können. Junfermann zumindest würde ja auch nicht auf die Idee kommen, etwa auf der Spielwarenmesse in Nürnberg auszustellen. Und so werden wir wohl auch Leipzig in den nächsten Jahren allenfalls zu touristischen Zwecken aufsuchen.

ADHS – eine oft nicht zutreffende Diagnose

Anfang März lese ich in der Tageszeitung: Viele Kinder im Grundschulalter erhalten die Diagnose „Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS)“ und die entsprechenden Medikamente – in Wirklichkeit sind sie jedoch nur noch nicht reif für die Schule.

„Ein Hammer!“, denke ich. Wer aber behauptet das und auf welcher Grundlage? Wissenschaftler der University of British Columbia in Vancouver (Kanada) haben Ergebnisse einer breitangelegten Studie vorgelegt. Untersucht wurden fast 1 Million Kinder im Alter von 6-12 Jahren über einen Zeitraum von 11 Jahren. Als sehr auffällig erwies sich, dass besonders oft Kinder die Diagnose ADHS erhielten, die erst kurz vor dem Einschulungsstichtag geboren wurden. In ihren Klassen waren sie also die jüngsten Schüler – und zeigten überdurchschnittlich häufig ein „unangepasstes Verhalten“.

Unreifer als der Rest der Klasse bzw. noch nicht schulreif: Zu diesem Schluss kommen die Wissenschaftler. Und Lehrer, Ärzte und Eltern? – Sogenannten „Verhaltensauffälligkeiten“ wird immer öfter mit Pillen begegnet. Unter der Headline „Psychopillen statt Pausenbrot“ veröffentlichte der Spiegel im Jahr 2010 eine Grafik, aus der hervorgeht, dass deutsche Apotheken im Jahr 1993 insgesamt 34 kg des Wirkstoffes Methylphenidat (hauptsächlich unter dem Namen „Ritalin bekannt) erwarben; 2009 waren es bereits 1735 kg. – Wer Spaß daran hat, kann sich die Steigerungsrate ausrechnen … Mir reichen die nackten Zahlen, sie lassen mich gruseln!

 

Das Märchen vom ADHS-Kind? Vor zehn Jahren, also Anfang 2002, brachten wir bei Junfermann das Buch „Das Märchen vom ADHS-Kind“ von Thomas Armstrong heraus. Der Autor vertritt die provokante These: „ADHS gibt es nicht“. Er untersucht diverse Mythen im Zusammenhang mit der „Modediagnose“ ADHS und zeigt u.a., welches Interesse die Pharmaindustrie an ihr haben könnte. Gleichzeitig beleuchtet er die Phänomene Aufmerksamkeitsstörung und Hyperaktivität von einer ganz anderen Seite: Müssen wir sie zwangsläufig als Defizite ansehen? Könnte es sich nicht auch um Fähigkeiten handeln? Ergänzend zu diesem eher positiven Bild stellt Thomas Armstrong 50 nicht-medikamentöse Strategien vor, um auf ein als schwierig empfundenes kindliches Verhalten einzuwirken.

Ich beschäftigte mich seinerzeit etwas intensiver mit dem Thema und fand heraus, dass es damals (wie heute) keine wirklich gesicherte Form der ADHS-Diagnose gab. Gleichwohl wurde zunehmend ADHS – hauptsächlich bei Schulkindern – angenommen. Ich las über die vermeintliche „Volksseuche“ und stellte mit Erschrecken fest, wie leichtfertig anscheinend „Psychopillen“ verabreicht wurden. Gleichzeitig lernte ich aber auch die andere Seite kennen: betroffene Eltern, die alles andere als leichtfertig Medikamente verabreichten. Sie wussten häufig keinen anderen Ausweg, das Leben mit vollkommen überdreht wirkenden Kindern in den Griff zu bekommen und vor allem zu gewährleisten, dass die schulische Situation nicht völlig aus dem Ruder lief.

 

Was bewirkt die Diagnose ADHS? Wenn ich mir vorstelle, dass der oben erwähnten Studie zufolge unzählige Kinder grundlos mit Medikamenten vollgestopft wurden, dass ihnen – unberechtigterweise – der Stempel „ADHS“ verpasst wurde, dann kann etwas fundamental nicht in Ordnung sein. Nicht nur die zahlreichen Nebenwirkungen der verabreichten Medikamente sind bedenklich: Appetit-, Schlaf- und Wachstumsstörungen sowie ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Auch die Diagnose selbst wirkt sich negativ für die Betroffenen aus. Möglicherweise verhalten sich Lehrer, Eltern und Erzieher ihnen gegenüber anders, weshalb psychische Folgen, Ängste oder Probleme mit dem Selbstwertgefühl nicht auszuschließen sind.

„Ich bin der Auffassung, dass Kinder, die unter Aufmerksamkeits- und Verhaltensproblemen leiden, in ihrem Kern völlig normale und gesunde Menschen sind – dass sie nicht unter einer medizinischen Störung leiden. Ich bin nicht der Meinung, dass diesen Kindern durch eine medizinische Diagnose, ein entsprechendes Etikett und eine sorgsam ausgewählte medizinische Behandlung am besten geholfen werden kann, sondern indem man auf jene nährende, anregende und ermutigende Weise mit ihnen umgeht, die allen Kindern zugutekommt.“ – Dieses leidenschaftliche Plädoyer stammt von Thomas Armstrong. Und heute wie vor 10 Jahren empfinde ich diese Haltung als sympathisch.

Heike Carstensen

 

Einen Bericht über die Ergebnisse der kanadischen Studie kann man hier nachlesen.

Die Grafik über den Methylphenidat-Absatz findet sich hier.

Und hier gibt es Informationen zum Buch von Thomas Armstrong.

Die erste iPhone App bei Junfermann

Al Weckert ist ein begeisterungsfähiger Autor, der die um neue Ideen verlegen ist. Auf ihn geht die jüngste Entwicklung in unserem Programmsegment zurück. Als wir uns im letzten Sommer in Berlin trafen, erwähnte er eher en passant, dass die Inhalte der Gewaltfreien Kommunikation (GFK) doch prächtig dafür geeignet seien, als App für das iPhone aufbereitet zu werden. Eine Art Tool, um sich selbst über seine Gefühle und die damit verbundenen Bedürfnisse zu befragen. Mir leuchtete das sofort ein – der Mehrwert gegenüber dem herkömmlichen Buch ist evident: Man kann es in jeder Situation sofort und ungefiltert einsetzen und man kann die Ergebnisse archivieren, sich wiederholt ansehen und über einen längeren Zeitraum hinweg sogar Häufigkeitswerte bestimmen lassen. Unsicher war ich mir allerdings, ob Junfermann der richtige Anbieter für solch ein Produkt wäre; schließlich sind wir immer noch und zuallererst ein Verlag und kein Programmierschuppen. Andererseits – wenn es zutrifft, dass Verlage in (wenngleich ferner) Zukunft eher Inhalte als Bücher anbieten, warum dann nicht einmal einen Testlauf in diesem neuen Feld versuchen, mit einem Produkt, dessen Idee überzeugt?

Wir machten uns also auf die Suche nach Partnern, die die Technik und das Design solcher Produkte beherrschen – und nach einem Angebot, das das wirtschaftliche Wagnis in verantwortbaren Grenzen hielt. Die Spannweite bei den Preisvorstellungen der unterschiedlichen Anbieter war beeindruckend. Schön ist die kurze Entwicklungszeit eines solchen Produkts. Nachdem Al Weckert das Konzept und die Inhalte mit uns abgestimmt hatte und wir die technische und gestalterische Betreuung mit unserem Schwesterunternehmen Junfermann Druck & Service sowie der Agentur Rheingans in Bielefeld in guten Händen wussten, begannen wir Anfang Dezember ernsthaft mit der Arbeit – Ende Februar war die App marktreif.

Herzstück der App ist eine intuitiv zu bedienende Datenbank, mit der sich die Nutzer in kürzester Zeit auf Basis der GFK Klarheit über ihre aktuellen Gefühle, Bedürfnisse und ihr Körperbefinden verschaffen können. Das Training der Selbstempathie, des einfühlsamen Zuhörens und des achtsamen Sprechens gehört zu den wesentlichen Elementen der GFK. Beliebte Bestandteile der GFK-Übungspraxis – z.B. das Empathie-Tagebuch oder die Übung „Celebration of Life“ – sind dadurch mit dem Mehrwert einer intelligenten Datenbank für den Alltagsgebrauch verfügbar.

Und kaufen kann man sie natürlich auch: http://itunes.apple.com/de/app/empathienavigator/id501063329

 

Raus aus dem Netz der Angst

Mit wingwave gegen die Spinnenphobie

Ich bin allein zu Hause. Das heißt: nicht ganz allein, denn in unserem Hausflur sitzen zwei ansehnliche Exemplare der Gattung Tegenaria atrica, auch Hauswinkelspinne genannt, an der Wand. Mein Mann ist vor ein paar Minuten zur Arbeit gefahren, unsere Nachbarn sind auch nicht zuhause und ich habe mich im Erdgeschoss verrammelt.

Hingehen und die Achtbeiner nach draußen befördern? Unmöglich. Ein beherzter Schlag mit dem Hauspuschen? Geht auch nicht: Ich müsste viel zu nahe ran, außerdem  könnte ich die Spinne verfehlen. Und überhaupt: Ich möchte keine Tiere töten. Ein fieses Gefühl: Ich empfinde Abscheu, Anspannung und bin ständig auf der Hut. Die Spinne könnte plötzlich weg sein und dann ganz woanders auftauchen – im Schlafzimmer zum Beispiel, oder in der Dusche. Und dann? Würde ich mich ausgeliefert fühlen und vollkommen kopflos reagieren. Wenn sie auf mich zuliefe, mich berührte …

Ja, es geht um eine Spinne. Ja, die tut nix. Sie ist nicht einmal giftig. Wahrscheinlich hat sie mehr Angst vor mir als ich vor ihr. Weiß ich alles. Nur hilft mir das jetzt leider gar nicht weiter. Die Phobie lässt sich eben nicht mit Vernunft beschwichtigen. Ich entscheide mich, meine Mutter anzurufen, sie wohnt nicht weit entfernt und kann mich von den ungeliebten Hausgästen befreien. Und ich entscheide mich, endlich etwas zu unternehmen, denn diese Spinnenphobie wird mir wirklich lästig. Alltägliche Dinge sind davon geprägt: Inzwischen räume ich nur noch unter Anspannung den Gartenschuppen auf, gehe mit ständigem Spinnen-Scan-Blick in den Keller, in die Garage.

Auf dem Junfermann-Kongress Mitte Februar spreche ich Cora Besser-Siegmund an. Wir kennen uns schon länger und ich weiß, dass sie mit wingwave schon viele Menschen von ihren Ängsten befreit hat – von Auftrittsangst, Flugangst zum Beispiel. Vielleicht kann das auch bei Spinnenphobie helfen … „Wollen wir das wegwinken?“ fragt Cora Besser-Siegmund, und ich bin erstaunt: Das geht hier sofort auf dem Kongress? Cool, denke ich, ich habe nichts zu verlieren. Cora prüft zuerst meine Muskelspannung mit dem O-Ring-Test. Ich drücke Daumen und Zeigefinger fest zusammen. Dann konfrontiert sie mich mit bestimmten Aussagen. Lassen sie mich „kalt“, schließt der Ring fest, sie zieht kräftig an meinen Fingern, kann den Ring aber nicht öffnen. Lösen sie Stress in mir aus, kann ich gar nichts dagegen tun, dass meine Muskelspannung nachlässt: Der Ring öffnet sich. Ich bin bereit für meine erste wingwave-Sitzung.

„Dicke, fette, schwarze Spinne …“ probiert Cora einen Trigger. Der Ring schließt fest. „Aha, die Spinne ist es also gar nicht“, sagt Cora. Sie bittet mich, das Gefühl zu beschreiben, das mich beim Anblick einer Spinne durchströmt. Es ist Abscheu, legt sich wie ein Ring um meine Brust, zieht im Magen… Durch gezieltes Fragen und Testen der Muskelspannung kommen wir an ein grundlegendes Gefühl, das mich stets dann befällt, wenn ich mich mit etwas oder jemand Unangenehmem in einem Raum aufhalte und nicht weg kann oder darf. Woher kommt das Gefühl?

Wir gehen weiter zurück in meiner Biographie, auf der Suche nach dem Auslöser: „Es ist ein Ereignis aus der Kindheit.“ – Wenig Muskelspannung, Ring öffnet sich: Treffer. „Im Privatleben?“ – Nein. „In der Schule?“ – Ja. Und dann erinnere ich mich an ein Erlebnis, das ich dreißig Jahre lang erfolgreich verdrängt habe: Ich bin neun Jahre alt und wir übernachten in der Jugendherberge. Es ist für mich ganz ungewohnt und beängstigend, mit so vielen Kindern in einem Raum zu schlafen. Ein paar Mädchen erzählen schmutzige Witze und sprechen über Sex. Das macht mir Angst, so was kenne ich nicht… Ich will nach Hause – und ich kann nicht. Ich kann nicht mitten in der Nacht einfach zurück nach Hause zu meinen Eltern. Also halte ich aus und liege ganz still in meinem Bett.

Das ist der Punkt, an dem Cora ihr Wink-Set beginnt – ich folge ihrer Hand mit meinen Augen, während sie noch einmal mein unangenehmes Gefühl zusammenfasst. Danach fühle ich mich seltsam leicht, und mir wird sehr warm. In mir ist Chaos: ich fühle mich berührt, habe Mitleid mit meinem neunjährigen Ich und bin trotzdem irgendwie euphorisch. Ob es das nun war? Wenn ich mir vorstelle, dass ich in den Keller gehe und mir dort eine Spinne begegnet, kribbelt es immer noch in der Magengegend. Ein Rest von Skepsis bleibt…

Am Samstag  treffe ich mich noch einmal mit Cora Besser-Siegmund. Sie prüft, ob der aktuelle emotionale Status noch stabil ist. Es sieht gut aus, trotzdem bekomme ich noch eine Ressource mit auf den Weg. Ich soll an mich an eine Situation erinnern, in der ich stark war, die ich besonders ruhig und souverän gemeistert habe. Das kann ich – und Cora verankert die Ressource „Ruhe“. Immer, wenn ich eine bestimmte Handbewegung mache, soll sich nun meine Aufregung legen und das Gefühl der Ruhe einkehren. Cora verspricht keine Wunder. Ich würde nicht gleich morgen Deutschlands größter Spinnenfan werden. Das möchte ich auch nicht. Was ich erreichen will ist, mit der Situation „Spinne und ich allein zu Haus“ klarzukommen, mir selbst zu helfen und nicht mehr in sinnlose Panik zu verfallen.

Sonntagabend – ich bin müde vom Kongresswochenende und voller neuer Eindrücke. Ganz in Gedanken räume ich noch ein paar Teller in den Küchenschrank. Und links daneben, an der Wand … !!  Die Spinne ist nah an mir dran, ungefähr 15 Zentimeter, und sie bewegt sich bedächtig. Ich bleibe ruhig stehen, und überlege, wie ich jetzt handeln soll. Ich will es schaffen, ich will diese Spinne einfangen! Erst mal warten, bis das Tier auf dem Fußboden ist, dann ein Glas drüber stülpen. Nee, Glas bringt mich zu dicht ran, besser ein Küchensieb, mit Stiel. Ich beobachte die Spinne. Endlich ist sie auf dem Boden angekommen. Ich kann das Sieb über das Tier legen und es durch die Maschen beobachten. Ich bin angespannt, muss durchatmen, meine Ressource abrufen … Aber ich bin NICHT panisch. Ich bin nicht aufgelöst zu meinem Mann gerannt, und ich habe dabei nicht alle Türen zwischen mir und der Spinne fest verriegelt.

Ich schiebe eine dünne Pappe unter das Sieb, die Spinne bewegt sich – das ist unangenehm, aber ich kann es aushalten und Sieb, Pappe und Achtbeiner mit einem beherzten Wurf zur Terrassentür hinausbefördern.

Mein erster eigener Fang 🙂

 

Danach fließen die Tränen. Erleichterung darüber, dass eine über 30 Jahre alte Phobie überwunden ist. Es erscheint mir wie ein kleines Wunder. Mir wird klar, dass meine Schwellenangst vor einer Konfrontationstherapie als der landläufig üblichen Vorgehensweise gegen Phobien größer war als der Leidensdruck. Ich fühle Stolz. Ich habe es geschafft. So fühlt sich ein Durchbruch an! Meine Familie freut sich mit mir.

Natürlich können auch bei wingwave verstörende Dinge aus den Tiefen der Seele ans Tageslicht kommen, die therapeutischer Aufarbeitung bedürfen. Mein Auslöser war vergleichsweise harmlos. Auch die Wochen danach zeigen: Der neue Zustand hält sich, er verbessert sich sogar noch mit jeder neuen Spinne, die ich einfange. Das Gefühl von Abscheu hat sich neutralisiert, Gelassenheit stellt sich ein, ich schaue nicht mehr angespannt in alle Zimmerecken. Ja, fast freue ich mich schon, wenn wieder ein hübsches Exemplar an der Wand auftaucht und ich meine neue Kompetenz als Spinnenfängerin unter Beweis stellen kann…

Bücher zum Thema wingwave gibt’s hier: http://www.junfermann.de/suchergebniss.php?ojid=118ffd3c1c2539f3e11b4a2da4c60d12&keywords=wingwave&x=0&y=0