Mauerblümchen oder Rampensau? Teil 2: Was sind die anderen?

In der letzten Woche hatten wir Ihnen angeboten, sich mithilfe einer Geschichte selbst einzuschätzen. Es gab dazu einige Diskussionsbeiträge – und wir hoffen, dass auch in dieser Woche sich einige von Ihnen beteiligen werden. Welche Figur aus der Geschichte von Jenison Thomkins welchem Energiemuster entspricht können Sie jeweils ganz oben in den nachfolgenden Energiemuster-Kurzporträts nachlesen. Sie erhalten auch erste Anhaltspunkte, um andere Menschen einschätzen zu können.

Und das ist heute Ihre Aufgabe: Lesen Sie die Kurz-Charakterisierungen der Energiemuster und schreiben Sie uns bitte, welchen der folgenden Prominenten Sie in welchem Muster wiedererkennen und warum:

  • Thomas Gottschalk
  • Hella von Sinnen
  • Silvio Berlusconi
  • Joey Kelly
  • Helmut Schmidt
  • Angela Merkel
  • Sandra Maischberger
  • Stan Laurel

 

Ihre Antwort können Sie hier posten – oder Sie schicken eine E-Mail an meine Kollegin Katharina Arnold (arnold@junfermann.de). Unter allen Einsendungen verlosen wir am 17. März 2014 drei Exemplare von Jenison Thomkins Buch „Mauerblümchen oder Rampensau“.

 

Der Aggressive Einschüchterer
In der Entscheidungsgeschichte weist die Figur des Mannes zahlreiche Eigenschaften eines Aggressiven Einschüchterers auf: Er besteht auf Einhaltung von verbindlich vereinbarten Regeln. Zu seinem Wort stehen, Loyalität und Aufgabenorientierung sind für ihn höchste Werte und Verrat ist das Schlimmste. Genau den hat die Frau aber nach seinem Wertekodex begangen. Außerdem möchte er lieber der handelnde Retter als der abhängige Gerettete sein. Die Frau hätte auf ihn warten und ihm vertrauen sollen, anstatt vorschnell und unvernünftig zu handeln, ihn dabei noch zu betrügen und sich selbst zum Opfer der Willkür des Fährmanns zu machen. Er will selbst über sein Leben entscheiden und nicht von anderen Menschen „zwangsbeglückt“ werden. Durch die Tat der Frau fühlt er sich zudem als Mann gekränkt und seine Entscheidung erscheint ihm deshalb hart aber konsequent. Letztlich schützt sie ihn und sein starres Weltbild.

Aggressive Einschüchterer sagen meist frei heraus, was sie denken. Weil sie an sich glauben und sich grundsätzlich im Recht fühlen, sehen sie für sich keinen Änderungsbedarf, stehen Therapien skeptisch gegenüber und betrachten sich selbst als Maß aller Dinge, an dem andere sich ein Vorbild nehmen sollen. Sie sind schlagfertig – ihr scharfer Verstand ist ihre stärkste Waffe – und möchten andere Menschen und Prozesse im Griff haben. Kontrolle ist ihre zweite Natur. Überall möchten sie den Ton angeben und meinen auch, dass das erstens ihre Aufgabe ist, weil es zweitens niemand anders tut. Sie lieben das Große und Ganze, das Wichtige, Übergeordnete, Prinzipielle, Ewige. Sie bewerten stets und ständig.

Aggressive Einschüchterer haben meist eine drahtige, muskulöse, gut gebaute Figur. Stärke und Kraft sind ihnen wichtig. Sie möchten wahr- und ernst genommen, lieber gefürchtet als geliebt werden. Auf ein perfektes und untadeliges Äußeres legen sie großen Wert und ihr Kleidungsstil zeichnet sich durch reduzierte Farben und Schnitte aus. Sie machen keine Experimente, sondern bevorzugen akkurate, klassische oder trendige, aber immer gepflegte Kleidung.

 

Besserwisser
Vielleicht erinnern Sie sich, dass in der Geschichte die Figur der Frau in ihrem Denken und Handeln einer Besserwisserin entspricht: Sie versucht alles zu regeln, lässt sich widerspruchslos auf die Bedingungen der anderen ein und akzeptiert auch die Unterstützungsverweigerung des Weisen. Egal unter welchen Umständen: Sie bemüht sich, die beste Lösung herbeizuführen, auch wenn sie dabei den Kürzeren zieht. Sie hofft, dass sie richtig gehandelt hat, ist aber „blauäugig“ und schätzt den Mann falsch ein. Sie glaubt an „Win-Win“-Lösungen und dass der Zweck die Mittel heiligt“, weshalb sie von der harten Reaktion des Mannes maßlos enttäuscht ist.

Besserwisser sind innerlich ängstlich, überspielen dies jedoch mit fröhlichem, unbesorgtem Auftreten. Darunter verbergen sich immense Sorgen: nicht zu genügen, nicht sicher zu sein, keine Kontrolle zu haben, ohnmächtig zu sein. Sie kompensieren all das mit scheinbarer Souveränität und Ruhe. Auch Witz und Charme versprühen sie, wo immer sie können. Dadurch möchten sie eine stabile Situation schaffen, in der sie sich wohl fühlen und entspannen können.

Besserwisser sehen es als ihre Aufgabe an, die Welt mit Vernunft zu retten. Dafür sind sie stets auf der Suche nach der richtigen Methode oder Masche.

Besserwisser sind weder dünn, drahtig noch richtig dick. Sie halten sich in der Mitte. Typisch für sie sind stets neue Fitness- und Diätansätze, die sie eine Weile durchhalten und dann abebben lassen. Selten lassen sie sich ganz aus der Form gehen, Übergewicht oder eine mangelnde Kondition empfinden sie als peinlich. Wie die Aggressiven Einschüchterer achten sie auf ihr Äußeres und möchten immer einen optimalen Eindruck machen. Aber dafür fehlt ihnen die Disziplin. Ihr Kleiderstil schwankt zwischen akkurat-ernst und kindlich-fröhlich, mit frohen Farben, extravaganten Schnitten und Mustern.

 

Kleines Kind
In der Entscheidungsgeschichte zeigt die Figur des Fährmanns einige typische Verhaltensweisen des Energiemusters „Kleines Kind“. Er handelt lustorientiert und konsequent nach seinen persönlichen Bedürfnissen. Wenn er die gefährliche Fahrt schon unternimmt, will er wenigstens einen angemessenen „Lohn“! Welche Probleme das für die Frau mit sich bringt, interessiert ihn nicht.

Bei Kleinen Kindern hat man das Gefühl, sie sind richtig da. Ob sie wollen oder nicht, sie sind im Präsens, fühlen, schmecken, riechen und bringen sich ins Rampenlicht. Sie erzählen offen und ausführlich über ihre Gefühle, und denken nicht darüber nach, wie das bei anderen ankommt. Dinge, die außerhalb ihres Gesichtsfeldes sind, sehen sie nicht. Wenn man ihnen sagt, dass sie etwas nicht gesehen haben, zucken Sie mit den Schultern. Das macht Ihnen auch nichts aus. Sie sind auf Anhieb sympathisch, man fühlt sich menschlich zu Ihnen hingezogen und hat Spaß mit ihnen. Allerdings fehlt ihnen echtes Interesse am anderen.

Kleine Kinder wirken oft auch äußerlich kindlich. Runde Gesichter, runde Augen, Pausbäckchen, Kussmündchen, Stupsnäschen, Doppelkinn, fettiges Haar. Häufig sind sie pummelig oder übergewichtig. Auch ihr Kleidungsstil ist süßlich-kindlich, mitunter auch schlampig geprägt.

 

Rückzieher
Erinnern Sie sich an den Weisen aus der Geschichte? Er symbolisiert die Einstellungen und Verhaltensweisen eines „Rückziehers“: Er will keine Verantwortung übernehmen und nicht in die Sache hineingezogen werden. Moralische Urteile liegen ihm nicht, weil er sie kritisch hinterfragt. Selbst zu einer moralischen Instanz zu werden liegt ihm fern. Er beobachtet lieber was passiert und mischt sich nicht ein. Die Menschen sollen selbst herausfinden, was für sie passt, so wie er es für sich selbst auch immer tut. „Hilf dir selbst, sonst hilft dir keiner!“ ist seine Maxime.

Rückzieher sind wachsam und misstrauisch. Sie rechnen bei ihren Mitmenschen stets mit dem Ärgsten. Immer sind sie gut informiert und analysieren Situationen kühl und sachlich. Daten, Fakten, Objektivität, Neutralität und Freiheit gelten ihnen viel. Sie haben gelernt, dass sie sich letztlich nur auf ihren Verstand verlassen können und möchten Abhängigkeiten von anderen um jeden Preis vermeiden. Rückzieher sind Experten in all den Dingen, die niemand anders gerne tut, z.B. Buchhaltung und IT. Hier können sie entspannen, denn gegen die Technik und tote Dinge gewinnen sie in jedem Fall.

Äußerlich sind Rückzieher meistens schlank, dünn, drahtig oder auch dürr. Mit ihren schmalen Schultern signalisieren sie Schwäche, um geschont zu werden. Dabei sind sie zäh und ausdauernd wie Bergziegen. Da sie innerlich ständig auf der Flucht sind, schaffen sie sich keine überflüssigen Pfunde an, die sie beim (Weg-)Laufen hindern könnten. Die ehrgeizigen Rückzieher achten auf ihr Äußeres, sind hier aber keine Perfektionisten. Sie passen sich an gegebene Forderungen wie Dienstkleidung etc. an.

Mauerblümchen oder Rampensau? Teil 1: Was bin ich?

Heute möchten wir Sie zu einem kleinen Selbsterkundungsexperiment einladen! Jenison Thomkins beschreibt in ihrem soeben erschienenen Buch „Mauerblümchen oder Rampensau“ ein Modell von vier Energiemustern: „Aggressiver Einschüchterer“, „Besserwisser“, „Kleines Kind“ und „Rückzieher“. Dieses Modell kann uns helfen, uns selbst, aber auch andere Menschen besser zu verstehen. Wie aber findet man heraus, welches bei einem selbst das dominante Energiemuster ist? Jenison Thomkins hat hierfür eine Entscheidungsgeschichte geschrieben. Lesen Sie sie durch und klären Sie mithilfe der anschließenden Fragen, mit welcher Figur Sie sich am ehesten identifizieren können.

In der nächsten Woche (am 3.3.2014) finden Sie an dieser Stelle die Auflösung. Wir verraten, welche Figur welchem Energiemuster entspricht und statten Sie mit einigen grundlegenden Informationen zu den einzelnen Mustern aus. Und: Nächste Woche stellen wir Ihnen eine neue Aufgabe: Sie sollen nach dem Modell der Energiemuster Prominente einschätzen. Und dann verlosen wir auch 3 Exemplare von „Mauerblümchen oder Rampensau“.

Wir wünschen Ihnen jetzt viel Spaß bei der Selbsteinschätzung. Und wer nicht bis nächste Woche auf die Auflösung warten will: Das Buch ist im Handel erhältlich 😉

 

„Wer hat recht?“ – die Entscheidungsgeschichte

Es lebte einmal eine schöne arme Frau in einem fernen Land an einem breiten Fluss. Sie liebte einen Mann, der auf der anderen Flussseite wohnte. Der Mann liebte sie auch sehr und sie hatten vor zu heiraten. Aber der Mann stellte die Bedingung, dass sie noch ein Jahr warten sollten, um zu prüfen, ob ihre Liebe stark genug sei. In dem Jahr sollten sie sich nicht sehen und auch keinen anderen Partner haben. Sie willigte ein und so schlossen sie einen Vertrag, dass sie in einem Jahr zu ihm kommen und seine Frau werden solle, wenn sie sich dann noch liebten und sie noch Jungfrau sei.

Es fiel der Frau sehr schwer, auf ihren Geliebten zu verzichten, aber sie hielt durch. Als das Jahr vorüber war, freute sie sich sehr, ihn endlich wiederzusehen und seine Frau zu werden. Da brach ein großes Unwetter im ganzen Land aus, das alle Brücken über den Fluss zerstörte. Es gab nur noch einen mutigen Fährmann, der Fahrgäste für horrende Summen ans andere Ufer brachte. Die Frau hörte lange Zeit nichts von ihrem Geliebten und sorgte sich sehr, ob er durch das Unwetter zu Schaden gekommen sei. Nach einem halben Jahr vergeblichen Wartens auf eine Nachricht wollte sie unbedingt hinüber, um ihn zu sehen.

Sie ging zum Fährmann und bat ihn, sie über das reißende Wasser zu bringen. Der Fährmann war zu der gefährlichen Aktion bereit, aber nur, wenn er viel Geld von ihr bekäme. Sie sagte ihm, dass sie arm sei. Daraufhin grinste er sie dreist an und schlug ihr vor, mit ihrem schönen Körper zu bezahlen. Die Frau bat sich Bedenkzeit aus. Sie ging zu einem Weisen und fragte ihn um Rat. Der alte Mann strich über seinen langen weißen Bart und dachte lange nach. Schließlich schüttelte er bedauernd den Kopf und sagte, dass er ihr nicht raten könne. Sie müsse selbst die Entscheidung fällen. Sie rang sehr mit sich, fand aber keine andere Lösung und willigte schließlich in den Handel mit dem Fährmann ein.

Der brachte sie nach erfolgter Gegenleistung schließlich über den Fluss, wo sie gleich ihren Geliebten aufsuchte, der das Unwetter glücklicherweise gut überstanden hatte. Er freute sich sehr, sie zu sehen und schloss sie in die Arme. Sie war selig und fragte ihn, ob er sie nun heiraten würde. Daraufhin fragte er sie, ob sie sich an den Vertrag gehalten habe. Sie bejahte: „Ich liebe dich immer noch genau wie vor einem Jahr!“ „Und warst du mir auch treu?“ fragte er weiter. „Natürlich!“ antwortete sie heftig, denn die Sache mit dem Fährmann war ja nur ein notwendiges Opfer gewesen. Nun wollte er aber genau wissen, wie sie das viele Geld für die Überfahrt aufgebracht habe. Sie zögerte und gestand schließlich, wie sich die ganze Geschichte mit dem Weisen und dem Fährmann zugetragen hatte.

Da stieß er sie heftig von sich und warf ihr vor, dass sie den Vertrag nicht eingehalten habe und er sie nun nicht mehr heiraten könne, weil sie keine Jungfrau mehr sei. Die Frau erschrak. Sie versuchte verzweifelt, ihm zu erklären, wie sehr sie sich nach ihm gesehnt und dass es keine andere Lösung gegeben hätte. Aber der Mann ließ sich nicht mehr umstimmen und schickte sie fort. So ging die Frau verzweifelt fort und verfiel in eine tiefe Depression.

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So viel zu der Geschichte. Bleiben Sie nun bitte ganz bei sich und spüren Sie zur Einschätzung Ihres bevorzugten Energiemusters den Überzeugungen in Ihrem tiefsten Inneren nach. Überlegen Sie für sich – und schreiben sie sie dann auf!

Die Geschichte eignet sich im Übrigen auch als abendfüllendes Gesellschaftsspiel, als Einstellungstest oder als kreative Seminarmethode, wenn sie das Thema Werte, Einstellungen und Persönlichkeit behandeln möchten.

 

Fragen zu „Wer hat recht?

1. Wer hat aus Ihrer Sicht in der Geschichte richtig, und wer falsch gehandelt? Und warum?

Der Mann, weil …

Die Frau, weil …

Der Fährmann, weil …

Der Weise, weil …

 

2. Wen verstehen Sie am besten? Warum?

Den Mann, weil …

Die Frau, weil …

Den Fährmann, weil …

Den Weisen, weil …

 

3. Wen verstehen Sie am wenigsten? Warum?

Den Mann, weil …

Die Frau, weil …

Den Fährmann, weil …

Den Weisen, weil …

 

4. Was hätten Sie als Berater zum/zur … gesagt?

Mann:

Frau:

Fährmann:

Weisen:

 

5. Was glauben Sie, ist aus ihnen geworden?

Mann:

Frau:

Fährmann:

Weiser:

 

6. Wie hätte man das Problem aus Ihrer Sicht verhindern können?

 

7. Welche der vier angebotenen Wahlmöglichkeiten stellt für Sie den wichtigsten Wert dar?

Gewinn, Liebe, Ehre, Vernunft

Was ist das Positive an der Positiven Psychologie, Frau Blickhan?

Daniela Blickhan, Trainerin, Coach und Junfermann-Autorin, hat vor fünf Jahren angefangen sich mit Positiver Psychologie zu beschäftigen. Heute engagiert sie sich dafür, diesem Ansatz im deutschsprachigen Raum mehr Geltung zu verschaffen und berichtet im folgenden Interview, was sie tut – und warum sie es tut.

 

Daniela Blickhan

Sie beschäftigen sich schon länger mit der Positiven Psychologie, aber in diesem Jahr starten Sie „voll durch“. Woher rührt Ihr Interesse – und was motiviert Sie zu diesem starken Engagement?

Ich habe Psychologie studiert und arbeite seit über 20 Jahren als Trainerin und Coach, um Menschen dabei zu unterstützen, ihre Stärken zu erkennen und einzusetzen. Die Positive Psychologie als Forschungsgebiet der akademischen Psychologie gibt es seit knapp 15 Jahren, und vor etwa fünf Jahren bin ich erstmals damit in Kontakt gekommen. Mir war sofort klar, dass hier eine ganz entscheidende Verbindung möglich ist: Die Positive Psychologie liefert wissenschaftliche Belege für das pragmatische Wissen aus lösungsorientierten Ansätzen wie NLP und Systemik, mit denen ich seit Jahren arbeite.

Mein Mann und ich waren bereits in den achtziger Jahren aktiv dabei, als das NLP in Deutschland Fuß fasste und haben seitdem im Feld einiges bewegt. Die Positive Psychologie steht im deutschsprachigen Raum gerade am Anfang und mir ist wichtig, diese Entwicklung aktiv zu unterstützen. Ich hoffe, dass wir in einigen Jahren auch einen Masterstudiengang „Angewandte Positive Psychologie“ in Deutschland haben werden, so wie er bisher schon in USA, England, Dänemark und in den Niederlanden angeboten wird.

 

Das bereits oben angesprochene starke Engagement äußert sich ja u.a. darin, dass Sie in diesem Jahr nicht weniger als drei Kongresse zur Positiven Psychologie veranstalten. Als Referenten konnten Sie Größen wie Martin Seligman und Mihály Csíkszentmihályi gewinnen. Wen möchten Sie mit diesen Veranstaltungen erreichen und was erhoffen Sie sich davon?

Unsere Kongresse sind institutsübergreifende Veranstaltungen. Martin Seligman war bereits zweimal in Deutschland, doch dass er nun zusammen mit anderen Größen der (Positiven) Psychologie zu sehen ist, ist wirklich etwas Besonderes. Wir möchten mit diesen Kongressen dazu beitragen, dass die Positive Psychologie im deutschsprachigen Raum einem breiten Publikum bekannt wird.

In Rosenheim (5.-6.7.2014) wird der Schwerpunkt auf Business-Coaching und Leadership liegen, und wir hoffen, damit Führungskräfte, Business-Coaches und Unternehmer für die effektiven Methoden der Positiven Psychologie begeistern zu können. Neben Seligman spricht in Rosenheim Robert Biswas-Diener, der „Indiana Jones der Positiven Psychologie“. Er ist nicht nur ein bekannter (Business-)Coach, sondern hat auch in Indien, bei den Inuit und bei anderen indigenen Völkern über Glück geforscht – daher sein Beiname.

In Berlin (12.-13.7.2014) liefern Seligman und Csíkszentmihály, die Begründer der Positiven Psychologie, ein „Update“ zur aktuellen Forschung. Seligman spricht über seine „Vision2051“: Wie können wir dazu beitragen, dass im Jahr 2051 51 % der Weltbevölkerung „aufblühen“? Csíkszentmihály, der Begründer des „Flow“, ist bekannt für seine konstruktiven, gesellschaftlich relevanten Ansätze. Sein Vortrag wird sicher auch etwas ganz Besonderes. Außerdem werden in Berlin viele weitere namhafte deutsche Forscher zu Wort kommen.

Und in Graz (27.-29.6.2014) bieten wir einen Workshop an: Barbara Fredrickson, die führende Forscherin auf dem Gebiet der positiven Emotionen, wird an zwei Tagen Schwerpunkte ihrer Arbeit vorstellen und so Coaches und Therapeuten motivieren, die positiven Gefühle ihrer Klienten stärker zu sehen und zu fördern.

 

Ganz neu ist auch der „Deutschsprachige Dachverband für Positive Psychologie e.V. (DACH-PP), den Sie im letzten Jahr mitgegründet und dessen 1. Vorsitzende Sie sind. Welche Ziele verfolgt der Verband, was möchten Sie erreichen?

Ziel des DACH-PP e.V. ist die Förderung der Positiven Psychologie in Deutschland, Österreich und in der Schweiz. Um dieses Ziel bereits im Namen auszudrücken, haben wir uns für „D-A-CH-PP“ entschieden. Die Positive Psychologie, eigentlich ein Gebiet der akademischen Psychologie, soll so einem breiten interessierten Publikum zugänglich gemacht werden. Bis zum letzten Jahr gab es zwar einige Studiengänge für Positive Psychologie, aber noch keine angewandten Ausbildungen. Die Ansätze der Positiven Psychologie sind aber viel zu hilfreich, als dass sie nur im akademischen Bereich bleiben dürften. Der DACH-PP e.V. will deshalb die praktische Anwendung der Positiven Psychologie in verschiedenen Feldern fördern, wie z.B. im Coaching, in der Psychotherapie, in Beratung, Schule, Hochschule, Wirtschaft und Politik.

Der DACH-PP e.V. versteht sich als Austauschplattform und Koordinationsstelle für Initiativen, die sich der wissenschaftlich begründeten Anwendung der Positiven Psychologie verpflichtet fühlen. Ein weiteres zentrales Ziel ist, Qualitätsstandards für Fort- und Ausbildungen im Bereich der Positiven Psychologie im deutschsprachigen Raum zu sichern, die ihren Schwerpunkt auf der Anwendung im praktischen Feld haben (z.B. Coaching, Beratung, Wirtschaft, Pädagogik). Dazu wurden bereits Ausbildungsstufen mit den entsprechenden Inhalten definiert, ebenso die Anforderungen an die Qualifikation der Ausbilder.

Folgendes wollen wir mit dem Dachverband erreichen:

  • Anregen und Fördern wissenschaftlicher Forschungsarbeiten auf den Gebieten der Positiven Psychologie,
  • Planen, Fördern und Koordinieren von Aus- und Fortbildungsprogrammen auf dem Gebiet der Angewandten Positiven Psychologie,
  • Informationsvermittlung im Bereich der Angewandten Positiven Psychologie durch Tagungen, Kongresse und Vorträge sowie Publikationen.

 

Wenn ein Verfahren / ein methodischer Ansatz plötzlich sehr stark gefragt ist, dann liegt das ja meistens daran, dass es irgendwo ein wachsendes Bedürfnis gibt. Auf welches Bedürfnis reagiert die Positive Psychologie?

Die Positive Psychologie ist die Wissenschaft vom guten Leben. Die Frage, was unser Leben lebenswert macht, und wie wir uns zu erfüllten, glücklichen Menschen entwickeln können, ist beileibe nicht neu. Sie wird seit Jahrtausenden von Menschen gestellt und wurde genauso lange immer wieder von verschiedenen Institutionen beantwortet. Die Philosophie gibt Antworten darauf, ebenso die Religion – und der gesunde Menschenverstand („Großmutters Ratschläge“). Das besondere Verdienst der Positiven Psychologie ist, dass sie wissenschaftlich erforscht, welche Faktoren Glück, Hoffnung, Dankbarkeit und Lebenszufriedenheit unterstützen, um nur einige der Forschungsgebiete der Positiven Psychologie zu nennen.

Wenn Sie heute eine Zeitung aufschlagen, werden sie über kurz oder lang über Burn-Out, Depression, Werteverlust und Sinnkrise lesen. Der Verbrauch von Antidepressiva hat sich in Deutschland in den letzten fünf Jahren verdoppelt. Wir arbeiten unter schwierigeren Bedingungen, höherem Zeitdruck und verschärften Anforderungen. Deshalb ist es allerhöchste Zeit, dass die Wissenschaft Antworten darauf liefert, was uns gesund erhält, stark macht und widerstandsfähig. In den letzten 15 Jahren hat sich die Anzahl der Forschungsarbeiten, die sich mit solch positiven Fragen beschäftigen, exponentiell vermehrt. Die Positive Psychologie kann wirksame Methoden bereitstellen. Das Schönste daran ist, dass diese Methoden leicht in den persönlichen Alltag integrierbar sind.

 

Was sagen Sie zu kritischen Stimmen? Beispielsweise erschien 2011 im Spiegel ein Artikel unter der Überschrift „Die Gefahren des Gute-Laune-Zwangs“, in dem auch die Positive Psychologie kritisiert wurde.

Positive Psychologie ist weit mehr als „Happiness“. Leider kommen viele amerikanische Bücher mit allzu griffigen Titeln daher. Seligmans vorletztes Buch hieß zum Beispiel „Authentic Happiness“. Das suggeriert, dass positive Psychologie in die gleiche Ecke gehört wie Positives Denken und dass man einfach nur lächeln braucht, dann wird schon alles gut. Seligmans letztes Buch dagegen trägt den Titel „Flourish – wie Menschen aufblühen“ und allein daran wird deutlich, dass es um weit mehr geht als nur um gute Gefühle. „Flourishing“ ist eines der zentralen Konzepte der Positiven Psychologie und damit knüpft sie an bekannte Vertreter der humanistischen Psychologie an, wie Maslow und Rogers, die bereits in den sechziger Jahren von optimaler menschlicher Entwicklung sprachen. Das ist eben gerade kein „Gute-Laune-Zwang“.

In der Positiven Psychologie geht es um Glück, und Glück ist mehr als gute Laune. Man kann Glück in zwei komplementäre Aspekte fassen: Einmal das Wohlfühl-Glück („Hedonic Happiness“), das positive Emotionen und das angenehme Leben umfasst. Das alleine genügt uns aber auf Dauer nicht. Für eine positive menschliche Entwicklung und wirkliche Zufriedenheit brauchen wir das sogenannte Werte-Glück („Eudaimonic Happiness“), bei dem es um Sinn, Erfüllung und Engagement geht. Wenn Menschen ihre Stärken wert- und sinnvoll einsetzen, um ihre Ziele und Visionen zu erreichen, dann wachsen sie. Deshalb ist positive Psychologie weder mit guter Laune noch mit Zwang gleichzusetzen, sondern vielmehr damit wie Menschen sich optimal entwickeln können. Und das sagte bereits Goethe: „Werde, der du bist!“

 

Zum Abschluss noch eine persönliche Frage: Sie haben ein Masterstudium Positive Psychologie in London absolviert, organisieren die drei o.g. Kongresse, haben den neuen Dachverband mitbegründet, arbeiten an einem Buch zur Positiven Psychologie … und machen bestimmt noch viele, viele andere Dinge. Woher nehmen Sie die Energie?

Die Methoden der Positiven Psychologie wirken! Ich arbeite seit über 20 Jahren mit lösungsorientiertem Coaching und mit NLP, doch seit ich mich mit Positiver Psychologie beschäftige, habe ich selbst persönliche Veränderungen erlebt, die ich so gar nicht erwartet hätte. Für mich ist diese Arbeit sehr, sehr sinnvoll und unglaublich bereichernd. Wenn ich höre, wie Teilnehmer nach nur wenigen Impulsen in einem Seminar beschreiben, wie sich ihr Leben verändert hat, dann ist das für mich eine ganz starke Motivation, die Konzepte und Methoden der Positiven Psychologie weiter bekannt zu machen. Es macht einfach auch unglaublich viel Freude und ist Flow! Deshalb habe ich mich auch in ein noch größeres Projekt gestürzt und promovierte nun im Feld der Positiven Psychologie. Das ist 20 Jahre nach Abschluss meines ersten Studiums ein durchaus ehrgeiziges Projekt!

Für mich ist sehr hilfreich, dass meine ganze Familie mich voll und ganz in dieser intensiven Phase unterstützt. Mein Mann, mit dem ich das Inntalinstitut seit über 20 Jahren leite, ist selbst Psychologe und unsere beiden Kinder studieren auch Psychologie. Ich finde es wunderbar, auch mal innerhalb der Familie „fachsimpeln“ zu können.

 

Hier finden Sie weitere Informationen zu den Kongressen zur Positiven Psychologie.

Hier geht es zum DACH-PP e.V.


Sabine Mühlisch im Interview

Am 21. Februar erscheint das neue Buch unserer Autorin Sabine Mühlisch. Mit ihren handlungs- und selbsterfahrungsorientierten Trainingsreihen und Seminaren gibt sie nun schon seit über 20 Jahren Einzelklienten und Gruppen (etwa in Firmen etc.) ungewöhnliche, aber effektive Ratschläge und Inspirationen für das persönliche Weiterkommen. In ihrem Buch „Das Prinzip KörperSprache im Unternehmen“ geht es um lebendige Arbeitsgestaltung und das Zusammenwirken von wirtschaftlichen und (zwischen-)menschlichen Interessen. Wir haben der Autorin einmal „auf den Zahn gefühlt“…

Liebe Frau Mühlisch,
haben Sie im neuen Jahr schon irgendetwas Verrücktes oder Ungewöhnliches – sprich: Inspirierendes getan?

„Ich habe das neue Jahr gleich sehr inspirierend begonnen! Menschen aus fünf Nationen mit vier Sprachen und entsprechenden Feier-Verhaltensweisen haben mich ins neue Jahr begleitet. Von Bauchtanz – Iranische Frauen! – bis Beatfox mit einem Senegalesen war viel Bemerkenswertes dabei. Wer Freude daran hatte, bewegte sich aus seinem Herzen heraus – ohne Vorgaben oder Normen. So waren Lachen und Herzlichkeit einfach bezaubernd. Das Essen war ebenso vielfältig und jenseits des mir bisher Bekannten. Haben Sie schon einmal frischen, rohen Spinat mit Granatäpfeln genossen? Köstlich – und so vital …“

Das klingt in der Tat sehr inspirierend und lebendig! Auch im Titel Ihres aktuellen Buches tauchen die Wörter „Inspiration“ und „lebendig“ auf – Begriffe, die vermutlich jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer gerne mit dem Job verbinden würde. Was macht für Sie „lebendige Arbeit“ aus?

„Ein langjähriger Kunden hat mir dazu gerade gestern am Telefon eine Frage gestellt: ‚Frau Mühlisch‘, sagte er, ‚Sie klingen immer fröhlich. – Wann erwische ich mal einen schlechten Tag bei Ihnen?‘ Meine Antwort: ‚Kenne ich nicht! Um ausgeglichen zu sein, gehören 20 Prozent ‚schlechte’ Tage ins Leben. Ich verteile dies auf ein paar Minuten am Tag – und die sind schnell um …‘ Für mich ist es ganz wichtig, dass ich das, was ich gerade tue, gerne mache und nichts machen ‚muss‘ oder mich dazu zwinge. Dann habe ich meist ein leichtes Grinsen im Gesicht – einfach so. Ich lebe/liebe dann meine Tätigkeit, und auch das Wort ‚Arbeit‘ ist fast aus meinem Wortschatz verschwunden. Ich lebe mich und meine Fähigkeiten, indem ich tue, was ich gerade tue. Als Selbstständige kann ich sicherlich meiner ‚(Lebens-)Freude‘ folgen und auch mal nachts aufstehen und ein Konzept für einen Kunden zu Papier bringen. Die üblichen, zeitlichen Vorgaben verhindern lebendiges Wirken und Tun. Wenn ich eine Inspiration, also einen geistigen Impuls, habe, dann folge ich ihm unabhängig von der Tageszeit – und erlebe lebendiges Tun.“

Das klingt nach der ganz großen Freiheit! Nun sind natürlich viele von uns nicht selbstständig, müssen sich also an konkrete (Zeit-)Vorgaben halten. Was raten Sie solchen Menschen, um sich trotz fester Strukturen freier zu fühlen?

„Zum ersten auf die eigene (Gedanken-)Sprache achten! Das Wort „müssen“ erzeugt physischen und psychischen Druck, der sich als Stress äußert. Jeder Mensch kann wählen, das, was er gerade tut, auch zu wollen, zu wünschen. ‚Ich möchte jetzt das Angebot erstellen, damit es in zwei Stunden fertig ist‘ hat eine andere Freiheit als ‚Ich muss das jetzt bis 14 Uhr schaffen‘. Außerdem hat jeder die Möglichkeit, in seinem Umfeld an Systemen zu arbeiten statt in ihnen. Die innere Haltung vom Opfer – der Umstände – zum Schöpfer seiner Gegebenheiten wechseln. Dazu habe ich im Buch auch einige praktikable Beispiele zusammengetragen.“

Sie haben inzwischen ja schon mit wirklich vielen Unternehmen zusammengearbeitet und als sogenannte Inspiratorin neue Wege aufgezeigt. Aus welchen Gründen werden Sie denn hauptsächlich kontaktiert? Mit welchen Problemen oder Widerständen wenden sich Ihre Kunden an Sie?

„Oh, das ist so vielfältig wie Menschen und deren Unternehmen! Vor einigen Jahren kamen Kunden, um besonders zum Jahresbeginn eine Kick-off-Veranstaltung anzubieten, die ‚mal was anderes‘ sein sollte. Neues halt, was noch keiner hatte. Dann kamen Unternehmer, die mit den bisherigen Management-Tools nicht so recht weiterkamen und aufgeschlossen für Neues waren.
Ich habe aber auch mit Unternehmen zu tun gehabt, die mir ‚eigentlich‘ beweisen wollten, dass es nicht geht, was ich Ihnen angeboten hatte, und dass sie so weitermachen sollten wie bisher … um dann zu erkennen, dass sich in ihnen nach der Inspiration etwas getan hatte und sich regte … eben erst einmal auf-geregt … öffnen und sich regen. Es gab aber auch Mitarbeiter, die eine innere Sehnsucht hatten, die ich mit meinen Themen ansprach, und die sich deshalb für Ihre ‚Jahresfortbildung‘ einen Tag mit mir als Inspiratorin gewünscht haben. Natürlich waren auch viele Kunden dabei, die meine Seminare und Coachings zum Thema KörperSprache kennen- und schätzen gelernt hatten und mir vertrauten: ‚Frau Mühlisch, erzählen Sie mal, was ist denn nun das Prinzip KörperSprache im Unternehmen?’“

Das greife ich gern auf: Frau Mühlisch, Was ist denn nun das Prinzip KörperSprache im Unternehmen? – Ganz kurz und prägnant auf den Punkt gebracht?

„So wie unser Geist durch unseren physischen Körper nach außen, mit anderen Menschen, und nach innen, zu uns selbst, spricht, so spricht auch ein UnternehmensKörper zu Kunden und Mitarbeitern. Wer diese Sprache, das biologische Prinzip darin, versteht, kann Störungen vorbeugen, Verhalten leichter ändern und lebt mit der innewohnenden Biologie statt gegen sie. Das Ergebnis: gesunde, langlebige, vitale und kreative UnternehmensKörper, die sinnstiftend erschaffen.“

Wenn Sie einmal „Mühlisch allmächtig“ spielen dürften – Welche drei Verbesserungen für deutsche Unternehmen bzw. das Arbeitsleben allgemein würden Sie gerne auf der Stelle umsetzen?

„Oh – Allmacht? Gutes Stichwort: Selbstermächtigung für jeden in einem Unternehmen beteiligten Menschen würde vieles hin zum biologischen UnternehmensKörper ordnen. Denn wo Macht – machen – abgegeben wird, leiden Kreativität, Handlungsfreude und Schaffenskraft. Dann würde ich gerne die Entscheidungsfindung mit Unterstützung des Herzens als sofortiges ‚Do‘ einführen – Entscheidungen würden allen Beteiligten nutzen – sowie eine Überprüfungspflicht, ob die innerbetrieblichen Abläufe mit ähnlichen biologischen Abläufen übereinstimmen. So würden wir immer auf der Lebensspur bleiben und viel Unheil sowie ‚try and error’’ vermeiden können.“

Können Sie einmal an einem konkreten Beispiel kurz erläutern, wie „Entscheidungsfindung mit Unterstützung des Herzens“ aussehen könnte? Und was steht dem in den Unternehmen entgegen?

„Ich nehme mal ein ganz einfaches Beispiel: Ein Angebot wurde mit einem definierten Zeitpunkt zur Umsetzung versendet. Der Kunde reagiert jedoch nicht. Es gibt nun drei Möglichkeiten aus dem Verstand: 1. Nichts mehr unternehmen 2. Mail schreiben 3. Anrufen und nachfragen. Welche Entscheidung ist die Herzentscheidung und damit die passende? Ich denke an den Kunden, verbinde mich mit ihm mental und stelle mir nacheinander die Fragen: Anrufen? Mail? Nichts unternehmen?, und fokussiere meine Wahrnehmung dabei auf mein physisches Herz. Dieses erzeugt ein körperlich spürbares Gefühl. Bei einem Ja wird die Region weit und das Gefühl geht nach oben in die Kopfregion. Bei einem Nein nach unten in die Bauchregion. Derzeit ist es für viele Menschen im Unternehmen noch unbekannt, dass sie Herzentscheidungen bewusst einsetzen können, und viele trauen ihrem Herzen noch nicht. Daher ja auch ein ganzes Kapitel mit Anleitung, Ermutigung und Erklärung im Buch.“

Welche tatsächliche Veränderung in einem der Unternehmen, in denen Sie tätig waren, hat Sie persönlich am meisten beeindruckt? Und warum?

„Krieg in Frieden umzuwandeln. Der Krieg bestand in dem Unternehmen seit Jahren zwischen Außen- und Innendienst. Die Facetten der ‚Kriegsführung‘ waren bereits in vielfältigste Formen ausgeartet: Von offenen Anschuldigungen (‚Wenn der Innendienst … gemacht hätte, hätten wir den Kunden auch bekommen …’/’Wenn der Außendienst uns nicht immer Unmögliches in kürzester Zeit abverlangen würden, dann …‘ etc.) bis hin zu Mobbing, Zurückhalten von Unterlagen und Informationen oder ähnliches war alles dabei. Die Idee, dass Außen- und Innendienst wie die beiden Hände des Unternehmens agieren und funktionieren, erzielte eine Pause im bisherigen Krieg und schaffte eine bewusste neue Perspektive. Ich habe dann Mitarbeiter beider Dienste sich zusammenfinden und ihre Hände miteinander verschränken lassen, neue, gemeinsame Formen gestalten lassen, und diese Bilder der (Körper-)Sprache sprachen für sich. Eine Hand konnte nur beschränkt vollbringen, was beide zusammen leicht und teilweise nur zusammen vollbringen konnten. So mussten sie sich z. B. gemeinsam einen Schuh zubinden – jeder hatte aber nur eine Hand. Lustig anzusehen, was da erst einmal für Kommunikations- und Motorik-Schwierigkeiten auftraten. Aber alle haben zum Schluss den Schuh gemeinsam zugebunden. Es gibt vielfältige Arten, dies zu tun – auch eine Erkenntnis!
Wir haben dann den bisherigen Krieg einfach beendet – ohne Klärung, wer Sieger ist oder Recht hatte – und eine neue Sprache vereinbart: ‚Die rechte Hand (Außendienst) braucht die linke Hand (Innendienst) um …‘ – und umgekehrt. Die Mitarbeiter haben sogar einen ‚Untertitel‘ in Form einer Hand an die Bürotüren angebracht. Die Kommunikation wurde sofort friedlich, kooperativ und effektiv. Ein analoges Körper-Bild, was erstaunliche Wirkungen hatte.“

Ein schönes Beispiel – und eine ganz ungewöhnliche Methode, um Konflikte zu lösen. Mal Hand aufs Herz: Wie viel Überredungskunst müssen Sie leisten, bevor die Betroffenen in den Unternehmen sich auf solche Übungen einlassen?

„In diesem Fall keine! Menschen, egal welchen Alters, spielen gerne, lassen sich auf lustige und bewegungsorientierte Situationen ein. Ich habe natürlich ein wenig provoziert, als ich die Aufgabe gestellt habe: ‚Ich bin sicher, Sie schaffen es nicht, sich einen Schuh zuzubinden …‘ Würden Sie dann nicht auch sofort das Gegenteil beweisen wollen?“

Woran hapert es Ihrer Meinung nach bei den Klienten, die bisher weniger Veränderungspotenzial gezeigt haben?

„Es hapert nicht nur, es ist eine unbewusste, meist diffuse, tiefgehende Angst. Angst vor der Veränderung ist immer Angst vor dem Unbekannten. Und so bleibt jeder Klient, ob Einzelmensch oder Unternehmen, gerne im Bekannten, solange es noch erträglich ist und die ‚Schmerzen‘ auszuhalten sind. Erst wenn das Verhältnis 49:51 umkippt und damit die Beschwerden, Schmerzen oder Einbußen steigen, wird Veränderung not-wendig. Nur: Wer schon in Not ist und dann noch über seinen Schatten springen und Neues wagen soll, der hat es doppelt schwer. Ein bewusster Zugang zu bereits ‚leichten‘ Auffälligkeiten mit dem Wissen um die Ängste vor Änderung kann einer Not und deren erzwungene Wendung vorbeugen. Veränderung als Lebensgrundlage zu erkennen – und das sogar täglich – ist auch eine Hinwendung zum biologischen Unternehmen und gesunden Körper. Wussten Sie, dass wir stündlich ca. 2.000 Zellen erneuern?! Das nenne ich lebendige, biologische Veränderung!“

Um noch einmal zu dem Mühlisch-allmächtig-Spiel zurückzukommen: Stellen Sie sich vor, Sie wären mit ausreichend Geld gesegnet und bekämen den Auftrag, ein eigenes Unternehmen aufzubauen? Wie könnten wir uns das vorstellen? Und welchen (Produkt-/Kunden-)Bereich würden Sie auswählen?

„Ich habe bereits zwei eigene Unternehmen, die ich seit Jahren führe. Das war übrigens nie eine Frage des Geldes, es zu starten. Ich verstehe Ihre Frage so, dass ich ein Unternehmen gründen könnte, das mit vielen Mitarbeitern und nicht – wie in meinem Fall – mit freien, selbstständigen Partner aufgebaut ist?“

Genau!

„Ich würde mich gerne im Lebensmittelbereich ‚einmischen‘, wenn ich den aktuellen Regeln und damit verbundenen (Geld-)Zwängen nicht unterworfen wäre. Ich würde gerade hier ein biologisches Unternehmen mit biologischen Produkten für vitale Menschen gestalten. Das würde mit den Bauten nach energetischen Gesichtspunkten beginnen, in denen Lebensmittel aus natürlicher Produktion angeboten werden, die regional gewonnen werden, nur aus saisonaler Ernte stammen und Verarbeitung auf natürlichem Wege gewährleisten … Es müssten also viele Standorte sein. Mit Mitunternehmern (Mitarbeitern), die leben, was sie anbieten, sich mit natürlicher Ernährung und Pflanzenwelt auskennen, vielleicht sogar Zubereitungen kennen, Rezepte empfehlen … Ich komme gerade ins Phantasieren, oder ist das schon wieder eine Inspiration ;-)? Danke für die Frage – solche führen meist zu solchen Vorgängen, sprich Antworten, die entstehen … Inspiration in Anwendung.“

Gerne! Dann hoffe ich, dass meine letzte Frage auch inspirierend wirkt: Einmal abgesehen vom Firmengründen – was wünschen Sie sich für das Jahr 2014?

„Ich persönlich wünsche mir nur noch selten etwas. Ich spüre ein Bedürfnis und suche nach einer Erfüllung/Realisierung. Begehren oder Verlangen habe ich höchstens mal nach … nein, das verrate ich jetzt nicht. 🙂 Ich weiß, dass ich der Schöpfer meiner Realität bin, und wenn da etwas nicht so ist, wie es sich für mich angenehm anfühlt, dann kann ich Veränderungen einleiten. Für die Welt wünsche ich mir BewusstSein, denn wer im Wissen ist, kann selbstbestimmt und frei wählen, seine Realität erschaffen und braucht keine Hoffnung und somit keine guten Wünsche auf eine bessere Zukunft – er erschafft sie.“

Vielen Dank für das Interview, Frau Mühlisch!

„Gern geschehen!“

Der ganz normale Verpackungswahnsinn

Ein Paketdienst bringt mir Belegexemplare aus der Druckerei. Das ist ein ganz normaler Vorgang, aber immer häufiger erlebe ich, dass in den Versandabteilungen mit Umverpackung nicht gespart wird. Der Verpackungsmittelindustrie scheint es gut zu gehen. Aber: Gab es da nicht mal so etwas wie Müllvermeidung (Stichwort: Verpackungsordnung)? Nun, wenn das vor 20 Jahren der Trend war, dann wurde er inzwischen gründlich umgekehrt.

Nehmen wir als Beispiel mein heutiges Päckchen: Der Karton ist vollständig in Folie eingeschweißt. In zusätzlichen Folientaschen befinden sich vorne und hinten noch Versandpapiere. Also rücke ich mit einer Schere der äußeren Folie zu Leibe, entnehme die Versandpapiere und öffne den Karton. Wer nun glaubt, dass sofort die erwarteten Bücher zu sehen sind, irrt (leider). Im Karton findet sich haufenweise Blasenfolie und darunter eine weitere Kartonage, auch diese in Folie verschweißt. Mit viel Mühe gelingt es mir, die Folie zu entfernen und ich hoffe, nun endlich die erwünschten Bücher in Händen zu halten. Und fast, aber auch nur fast, wird mir dieser Wunsch erfüllt. Mit Plastikhüllen und Kartonagen ist Schluss, nur noch eine Packpapierhülle trennt mich vom Verpackungsinhalt.

Bergeweise Verpackungsmaterial für drei Bücher

Nun weiß ich es zu schätzen, wenn Ware sorgfältig verpackt wird, denn auf dem Versandweg geht es ruppig zu: Pakete werden geschubst, geworfen und alles andere als sanft behandelt. Bestimmt gibt es immer wieder Transportschäden. Doch Bücher sind nicht ganz so zerbrechlich. Und da jedes Buch ab Druckerei ohnehin in Folie verschweißt ist, sind sie eigentlich schon ganz gut geschützt. Jedenfalls machen mich die im Verhältnis doch ziemlich großen Müllberge ratlos – und auch sauer. Ein Karton hätte gereicht, alles andere sind verschwendete Ressourcen. Was bei uns größtenteils im Müll landet, ist einmal hergestellt worden, hat Rohstoffe und Energie gekostet – und bestimmt auch Treibhausgase freigesetzt. Aber eines sage ich laut und deutlich: Wenn irgendwelche Klimaziele nicht erreicht werden, dann liegt es nicht daran, dass ich immer alles doppelt und dreifach verpackt haben will!