Denn es war kein Raum in der Herberge

Von Fabienne Berg

Überall leuchten und blinken weiße und bunte Lichtlein. In den Innenstädten riecht es verlockend nach gebrannten Mandeln und Glühwein. Bepackt mit Tüten und Geschenkpapier schieben sich die Menschen von Geschäft zu Geschäft. Straßenmusikanten streiten um die besten Plätze. Der Handel hat Hochkonjunktur – die Taschendiebe auch. Unverkennbar: Es weihnachtet wieder. Wie schön!

Wir feiern Weihnachten in Gedenken an die Geburt Jesu Christi. Und dessen Geschichte beginnt mit einer schwangeren Frau, die sich zusammen mit ihrem Mann aufmacht auf eine gefährliche Reise mit ungewissem Ausgang.

Die Geschichte von Maria und Josef kennt hierzulande fast jedes Kind. Wir hören sie jedes Jahr um diese Zeit und der einen oder dem anderen von Ihnen klingen vielleicht bei dem Gedanken an die Weihnachtsgeschichte folgende Worte aus dem Lukasevangelium in den Ohren: „Es begab sich aber zu der Zeit, dass ein Gebot von dem Kaiser Augustus ausging, dass alle Welt geschätzt würde. Und diese Schätzung war die allererste und geschah zur Zeit, da Quirinius Statthalter in Syrien war. Und jedermann ging, dass er sich schätzen ließe, ein jeder in seine Stadt.“

Nun ist der IS in Syrien. Und ein jeder läuft. Aber nicht in seine Stadt, sondern um sein Leben. Tausende Frauen, Männer und Kinder sind auf der Flucht. Nicht selten sind unter den Frauen auch Schwangere, die – wie damals Maria – nicht wissen, ob sie und ihre ungeborenen Kinder die Reise gesund überstehen werden. Und trotzdem machen auch sie sich auf den Weg.

Maria und Josef brauchten damals dringend einen Platz zum Schlafen. Die Wehen hatten bei Maria bereits eingesetzt. Immer wieder fragten sie nach einem Quartier. Der Zimmermann und seine Frau. Arme Leute. Erschöpft und sorgenvoll. Die Antwort auf ihre Bitte war jedoch immer die gleiche: Nicht hier! Nicht bei uns! Wir haben keinen Platz!

Statt ersehnter Hilfe ernteten die beiden Argwohn und Ablehnung.

Auch das kommt uns irgendwie bekannt vor, wenn wir an unsere heutige Zeit denken. Die Angst vor dem Fremden scheint ein Ur-Programm in uns zu sein. Die Bereitschaft zur Aggression leider auch. Während die meisten von uns die Kerzen am Adventskranz anzünden, brennen in so manchen Köpfen Hass und Zerstörungswut. Häuser brennen nieder im Krieg – und so manche Flüchtlingsunterkunft bei uns auch.

Wie verzweifelt muss ein Mensch sein, wenn er alles verlässt, was ihm wichtig war? Hoffen wir, dass wir und unsere Kinder niemals in diese Lage kommen und vor allem, dass die Kriegsherde in unserer Welt irgendwann erlöschen.

Die Weihnachtsgeschichte, die wir alle so schön und besinnlich finden, ist aber – wie wir wissen – lediglich der Beginn einer Erzählung, die uns Hoffnung, Mitmenschlichkeit und Nächstenliebe lehren soll. Es ist nicht wirklich notwendig, an Jesus zu glauben, um das, wofür er steht, zu verstehen und vielleicht sogar ein Stück weit praktisch zu leben.

Ein nettes Wort für unseren Nächsten, ein offenes Ohr für die Nöte anderer, etwas gelebte Toleranz und ein mutiger Umgang mit unseren Ängsten und Vorbehalten – das kann schon ein Anfang sein.

Weihnachten endet nicht am 26. Dezember.

Weihnachten kann jeden Tag sein. In jedem Augenblick.

Ich weiß nicht mehr genau, wo ich folgenden Ausspruch gelesen habe, aber hier passt er hin:

„Heben wir uns unsere Prinzipien für die wenigen Momente im Leben auf, in denen es wirklich auf Prinzipien ankommt. Für den Rest genügt ein wenig Barmherzigkeit.“

 

In diesem Sinne wünsche ich dem gesamten Junfermann-Team, allen Leserinnen und Lesern und auch den anderen Autorinnen und Autoren fröhliche und friedliche Feiertage und alles Gute und Schöne für das neue Jahr!

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