Engagierte Anwältin für Schwiegerkinder: Ruth Gall (1954-2018)
2007 hatte ich erstmals Kontakt mit Ruth Gall. Sie berate seit über zehn Jahren Frauen, die Probleme mit ihrer Schwiegermutter hätten. Und das seien viele. Sie nannte die beeindruckende Zahl von 90.000 Beratungsfällen. Für die meisten sei es gut, überhaupt einmal mit jemandem zu diesem so belastenden Thema telefonieren zu können. Außerdem habe sie ein gut besuchtes Forum für Betroffene eingerichtet.
Und natürlich ging es ihr um ein Buchprojekt, das wir 2008 unter dem Titel Wege aus der Schwiegermutter-Falle realisierten.
Ruth Gall war zunächst selbst Betroffene, bevor sie sich auf den Weg machte, anderen zu helfen. Schon früh suchte sie Kontakt mit Frauen, denen es genauso ging wie ihr, und machte die Erfahrung, wie wichtig Austausch und Vernetzung sind. Als aus der anfänglichen Selbsthilfe ein Hilfeangebot für andere wuchs, war ihr wichtig, das Thema „Probleme“ mit der Schwiegermutter“ aus der Tabuzone zu holen. Viele Betroffen – so ihre Erfahrung – schämen sich und schweigen deshalb. Auf der einen Seite gibt es das „Feindbild Schwiegermutter“, auf der anderen das „hilflose Opfer Schwiegertochter“. Ruth Gall war immer daran gelegen, pauschale Schuldzuweisungen zu vermeiden und genau aufzuzeigen, wo die Verantwortlichkeiten liegen. Künftige Generationen, so ihr Wunsch, sollten möglichst ohne die von ihr so oft beobachteten Störungen im Verhältnis Eltern-Kind aufwachsen. Um dann „bessere“ Schwiegereltern, aber auch „bessere“ Schwiegerkinder zu werden.
Aus der ganz aktiven Arbeit hatte sich Ruth Gall aus gesundheitlichen Gründen schon vor einigen Jahren zurückgezogen. Was bedauerlich war, denn gebraucht wurde sie mit ihrer großen Expertise an allen Ecken und Enden. Das merkten wir als Verlag, wenn uns Kontaktwünsche erreichten. Oft waren es auch Medienvertreter, die sie gerne als Expertin in einer Talkrunde gehabt hätten.
Von ihrem Mann erfuhren wir jetzt, dass sie im Dezember 2018 gestorben ist, an dem Ort, an dem es ihr gesundheitlich wenigstens einigermaßen gut ging, wie sie es mir einmal selbst am Telefon erzählt hatte.
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