„Haben Sie es auch originalverpackt?“ – Brauchen Bücher Plastikfolien?

Um meine oben gestellt Frage gleich selbst zu beantworten: Nein, Bücher brauchen keine Folie. Auch ohne Plastikumhüllung sind sie vollständig, kein bisschen Inhalt geht verloren, wenn ein Buch nicht eingeschweißt ist. Es bekommt vielleicht ein paar Macken, weist einige Gebrauchsspuren auf …

Und genau hier liegt der Hase wohl im Pfeffer: Wir sind es gewöhnt, makellose Waren vorzufinden: Äpfel ohne Flecken, gerade gewachsene Möhren und Bücher mit unversehrtem Schutzumschlag. Moment – was für ein Umschlag? Ja, der Schutzumschlag war ursprünglich dafür gedacht, den empfindlichen Einband zu schützen. Er war meistens ganz schlicht, also mehr eine Art prähistorische Plastikfolie und gar nicht so sehr Bestandteil des Buches.

Doch wann hat man eigentlich angefangen, einen Schutz um den Schutzumschlag zu legen? Hier kenne ich kein genaues Datum, vermute aber mal, dass in den 1970er-Jahren passiert sein muss, mit der zunehmenden Verbreitung von Plastikverpackungen. Seit dieser Zeit kaufe ich selbst aktiv Bücher und kenne von Anfang an die Folien.

In den 1980er-Jahren wurden viele Menschen umweltbewusster. Für Bücher ohne Folie hat es aber nicht gereicht. Ich arbeitete damals als Buchhändlerin und alle Kunden wollten Plastik. „Haben Sie dieses Buch auch originalverpackt?“ lautete eine Frage, die mich durch meinen Arbeitstag begleitete. Ich erinnere mich aber auch, dass es damals bereits Verlage gab, die dem Plastikwahn den Kampf ansagten und auf die Folie verzichteten. Da hatten sie die Rechnung aber ohne die Kunden gemacht, die eisern nach eingeschweißten Büchern verlangten. Die „nackten“ Bücher entwickelten sich zu Ladenhütern, ebenso wie ihre im Laden selbst ausgepackten Brüder und Schwestern. Und was tut man als Buchhandlung, um es König Kunde rechtzumachen? Richtig, man legt sich ein Einschweißgerät zu …

In den 1990er-Jahren kam dann die Verpackungsverordnung, die für mehr Recycling und geringere Müllmengen sorgen sollte. Wie die Geschichte ausgegangen ist, wissen wir alle, oder? Die Menge der Verpackungen wurde keineswegs verringert, gelbe Säcke aus Deutschland waren bald in aller Welt zu finden und auf den Ozeanen wurden erste künstliche Inseln gesichtet.

Dass es nicht so weitergehen kann, haben inzwischen hoffentlich viele Menschen begriffen, wird doch immer deutlicher, wohin unser unkritischer Plastikkonsum führen wird. Schon jetzt belastet Mikroplastik unser Wasser und auch unsere Luft. Und da sich Kunststoffe kaum zersetzen, sind andere Langzeitfolgen vorprogrammiert.

Im Moment gibt es tatsächlich etwas wie eine Anti-Plastik-Stimmung. Erstmals sind Verlage, die ihre Bücher nicht in Folie einschweißen, keine belächelten Sonderlinge mehr. Liest man die Meldungen in der Branchenpresse, dann ist Nicht-Einschweißen auf dem besten Weg, zum Mainstream zu werden. Und weil man nicht grundsätzlich gegen jeden Strom schwimmen muss, verzichtet auch Junfermann ab sofort bei allen neu gedruckten Büchern auf die Folie. Mit Büchern, die kleine Macken haben, können wir wohl ganz gut leben. Mit von Plastik verseuchten Meeren wohl eher nicht.

Buchhandlung Linnemann

Der Paderborner Lokalpresse ist heute zu entnehmen, dass die traditionsreiche Buchhandlung Linnemann in der Paderborner Fußgängerzone im Januar schließen wird. Der Handel mit Büchern wird zwar am Nebenstandort am Paderborner Stadtrand fortgesetzt, doch dass nach über 40 Jahren das Hauptgeschäft in der Westernstraße geschlossen wird, ist ein dramatischer Einschnitt. Wir verlieren damit einen guten, hoch geschätzten und verlässlichen lokalen Partner in der Buchbranche. Und alle Verlage, aber auch die Paderderborner Leserinnen und Leser, verlieren wieder einen weiteren Ort, an dem Bücher sichtbar und mit Sachverstand verkauft werden. Das macht uns traurig.

Wir danken der Familie Linnemann und ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für die tolle Zusammenarbeit und wünschen allen, dieser betrüblichen Nachricht zum Trotz, ein friedliches Weihnachtsfest und alles Gute für 2019. Verbinden möchten wir dies mit einem solidarischen Gruß an alle Buchhändlerinnen und Buchhändler – in Form des hier abgebildeten Dokuments, das uns kürzlich aus dem Handel erreicht hat.

Damit Meetings nicht zum Zeitdieb werden

Mehr Zielorientierung und Motivation in Besprechungen

Von Stefanie Hecker

Endlosdiskussionen, die zu keinem Ergebnis führen, Entscheidungen, die wieder und wieder vertagt werden, Kollegen, die sich am liebsten selber reden hören … – Diese Aufzählung können Sie wahrscheinlich um eigene frustrierende Meeting-Erfahrungen ergänzen, oder?

Ich selbst habe am Anfang meines Berufslebens als Referentin Protokolle über diese Art von Sitzungen schreiben müssen. Als Berufsanfängerin der totale Horror. Und schon damals fragte ich mich, ob es nicht zielgerichteter zugehen könnte.

Eine Studie aus dem Jahr 2016 (nach Groll 2016) belegt, dass Mitarbeiter im Durchschnitt pro Woche (!) mindestens einen halben Tag in unproduktiven Meetings verbringen, Führungskräfte sogar einen ganzen Tag.

Nachdem mich Teilnehmende in meinen Zeitmanagement-Seminaren immer wieder auf genau dieses Problem ansprachen und um Lösungen baten, fasste ich den Entschluss, dem „Meeting-Problem“ systematisch auf die Schliche zu kommen, zu klären, warum Meetings eigentlich so unbeliebt geworden sind, und was man dagegen tun kann. Herausgekommen ist mein Buch Meetings und Besprechungen lebendig gestalten.

Eine meiner ernüchterndsten Erkenntnisse, die ich aufgrund meiner Recherchen für dieses Buch erwarb, war, dass sich in Meetings noch immer die Beteiligten durchsetzen, die die dominanteste Körpersprache haben, und nicht die mit den besten Argumenten. Kein Unternehmen, keine Institution kann so jemals besser werden!

 

 

 

 

 

Um es kurz zu machen: Es gibt Wege aus der Besprechungsfalle! Folgende vier Faktoren bilden den Kern einer lebendigen und effektiven Meetingkultur:

  1. Beteiligung,
  2. Ergebnisse,
  3. Dramaturgie und
  4. Abschluss.

Sie sind der Schlüssel zu fruchtbarem – das heißt: zielorientiertem – Austausch.

Die „Hauptrolle“ kommt dabei dem Faktor Beteiligung zu. Denn damit geht die Misere oft schon los: Wer sollte überhaupt anwesend sein? Braucht ein Meeting Zuhörer? Ich meine: Nein! Es sollten nur MitarbeiterInnen eingeladen werden, die auch einen Beitrag zum Thema und der Zielerreichung leisten können. Teilnehmende müssen sich aktiv am Geschehen beteiligen können. Wer nur stillschweigend dabeisitzt, weil sein oder ihr Fachgebiet nur gestreift wird, kann seine Zeit wirklich besser nutzen! Ein Protokoll im Anschluss der Sitzung reicht dann allemal.

Aber wie holt man die introvertierten KollegInnen geschickt ab, die aus dem Ring steigen, sobald die „Alphas“ ihren Auftritt haben? Für die Stillen unter uns gibt es nichts Schlimmeres, als unvorbereitet mit der Frage „Herr Müller, was sagen Sie denn dazu?“ überrumpelt zu werden.

Verschiedene Moderationstechniken wie etwa die Blitzlichtfrage können da Abhilfe schaffen: Es handelt sich beim Blitzlicht um eine allgemeine (offene) Frage, die die Besprechungsleitung zu Beginn, im Verlauf oder zum Ende eines Meetings allen Teilnehmenden stellt. Beispiele für solche Fragen sind etwa:

  • „Das heutige Meeting möchte ich mit einer Frage an Sie beginnen: Wie schätzen Sie die aktuelle Lage bezüglich XY ein?“
  • „Welche Themen beschäftigen Sie im Moment?“
  • „Wie ist Ihre Meinung zum Thema XY?“

Gewartet wird, bis alle geantwortet haben. So werden auch die introvertierten MitarbeiterInnen einbezogen, und zwar ganz ohne „Vorführeffekt“. Und nebenbei werden die Wortführer in ihrer Raum einnehmenden Präsenz in Zaum gehalten.

Gerade darüber habe ich mir viele Gedanken gemacht: Wie geht man eigentlich mit Alpha-Tieren im Meeting um? Es wäre unklug, sie vor versammelter Mannschaft in ihre Schranken zu weisen. Aber sie beständig wieder einzufangen, das ist – aus meiner Erfahrung – eine weitere notwendige Aufgabe der Besprechungsleitung. Manchmal hilft auch ein wertschätzendes, aber deutliches Vier-Augen-Gespräch, in dem ihre Energie kanalisiert wird. Glauben Sie mir: Ihre MeetingteilnehmerInnen werden es Ihnen danken!

Die primäre Aufgabe der Besprechungsleitung ist es also, dafür zu sorgen, dass alle Beteiligten ihre Expertise einbringen können, Ergebnisse erarbeiten und an einer gemeinsamen Zielerreichung mitwirken können und wollen. Denn im Kontext einer komplexer werdenden Arbeitswelt wird das Zulassen vielschichtiger Meinungen unverzichtbar und kann zum entscheidenden Wettbewerbsvorteil werden. Auch steigt so die Motivation zur Beteiligung an einer Besprechung mühelos.

Doch nicht immer hat man das Geschehen in einer Besprechung selbst in der Hand, werden Sie einwenden. Als Eingeladener ist man manchmal ja der Besprechungsleitung ausgeliefert. Ist das wirklich so? Ich kann Ihnen versichern, es gibt immer eine Möglichkeit, aktiv mitzugestalten. In meinem Buch habe ich am Ende jedes Kapitels die wichtigsten Tipps und Vorgehensweisen aus beiden Perspektiven zusammengestellt:

  1. Was kann ich in der Rolle der Besprechungsleitung tun?
  2. Wie kann ich als betroffener Teilnehmer/betroffene Teilnehmerin eine ziellose Sitzung aktiv lenken?

Wenn Sie, hoffentlich inspiriert von den Tipps und Tricks aus dem Buch, Ihre Besprechungen auf den Prüfstand stellen, werden Sie feststellen, dass gut strukturierte Meetings, in denen alle TeilnehmerInnen eingebunden sind, schneller zu fundierten Resultaten führen. Der höhere Aufwand für die Vorbereitung zahlt sich doppelt aus: Langfristig werden Sie weniger Meetings haben, zu denen die Teilnehmenden motivierter erscheinen. Die vier von mir vorgestellten Erfolgsfaktoren dienen also einem höheren Zweck: Bessere Resultate – weniger Meetings! Mehr Zeit für die (noch) schöneren Dinge im Leben!

 

 

Über die Autorin:

Stefanie Hecker ist Diplom-Geographin und Personalentwicklerin. Zunächst war sie als Referentin in der internationalen Wirtschaftsförderung tätig, später erfolgte die akademische Weiterbildung zur Personalentwicklerin. Seit 2000 arbeitet sie als Trainerin für Kommunikation, Konfliktmanagement und Moderation von Besprechungen. Ihr Spezialgebiet sind Zeitmanagement und Selbstorganisation. Weitere Informationen erhalten Sie hier.

 

Quelle:

Groll, T. (2016): „Meetings: Überflüssige Arbeitstreffen kosten einen halben Arbeitstag pro Woche“. Zeit online vom 21.12. Einzusehen unter https://www.zeit.de/karriere/2016-12/meetings-arbeitszeit-verlust-studie

„Mach mal Achtsamkeit!“

Achtsamkeit und Meditation sind in aller Munde. Was einst belächelt und eher in die Esoterik- oder Hippie-Ecke geschoben wurde, ist inzwischen fester Bestandteil zahlreicher psychologischer Ansätze. Und die Wissenschaft bestätigt die günstigen Auswirkungen auf das menschliche Gehirn. Mittels Hirn-Scans wurde nachgewiesen, dass Meditation sogar bestimmte Bereiche im Gehirn wachsen lässt.

Auf dem Meditationskongress, der am 19. Oktober an der Frankfurter Universität abgehalten wurde, konnten weitere vielversprechende Studien vorgestellt werden. Doch zu Recht, wie wir meinen, wurde dort auch die Frage laut, ob und wie die positiven Vorerwartungen der Forschenden berücksichtigt worden seien.

Wir wollten selbst Feldforschung betreiben und drückten einer „Testperson“ unseren Titel Mindfulness – Gelebte Achtsamkeit von Edel Maex in die Hand mit den Worten: „Mach mal!“

Was dabei herausgekommen ist? Lest selbst:

 

Für die Oasen-Momente

Von Lena Drexler

Als meine Bekannte aus dem Junfermann Verlag an mich herantrat und mich bat, das Buch von Edel Maex einmal „praktisch auszuprobieren“, ging mir spontan eine Menge durch den Kopf. Meine Reaktionen reichten von Skepsis („Wieso ausgerechnet ich? Ist das ein Wink mit dem Zaunpfahl nach dem Motto: Komm mal runter!“?) über Freude („Hey, ich bekomme ein Buch geschenkt!“), Neugier („Achtsamkeit? Hmm…“) und auch ein wenig Frust („Ich hab gar keine Zeit dafür!“). Der Verlag meinte, ich gehöre eben zur Zielgruppe und wäre daher wunderbar geeignet. Außerdem könne mir das ja nicht schaden, ich sei ohnehin öfter mal gestresst und „ein wenig verpeilt“ von Zeit zu Zeit. (Unter Freunden darf man sich so etwas sagen. Trotzdem: Über diesen Punkt sprechen wir noch mal!) Da wäre Achtsamkeit doch genau das Richtige.

Lange Rede, kurzer Sinn: Von meinen Anfangsreaktionen siegte die Neugier. Schließlich ist Achtsamkeit schon lange überall im Gespräch und Meditieren ist irgendwie „in“ zurzeit. Also, warum nicht mal selbst testen?!

„Betrachten Sie es als ein Experiment, das Sie mit sich selbst durchführen“ heißt es im Buch. Auf dem Plan stand also – grob zusammengefasst: Acht Wochen lang jeden Tag 25 Minuten meditieren. (Okay, laut Edel Maex sollen es 45 Minuten täglich sein, aber man muss ja nicht gleich übertreiben.)

 

Es ist nicht gelogen und ich möchte mich beim Verlag auch nicht anbiedern, wenn ich schreibe, dass der erste Tag super war. Zumindest die ersten zehn Minuten. Ich war stolz auf mich, dass ich nicht wie sonst den Bürostuhl gleich gegen das heimische Sofa tauschte und mich den Rest des Abends vom Fernseher berieseln ließ. Ich tat etwas für mich! Und wenn man den Studien Glauben schenkt, passieren ganz viele tolle Dinge im Gehirn, wenn man regelmäßig dabeibleibt. (Welche Dinge das genau sind, kann ich nicht im Einzelnen wiedergeben. Ich bin ja keine Neurologin. Jedenfalls klingen die Ergebnisse der Studien immer toll.)

Nach den ersten zehn Minuten machte sich dann so langsam eine immer fieser werdende Unruhe in mir breit. Ich rutschte auf meinem Meditationskissen hin und her, in meinem Rücken piekste es und meine Knie wollten vom harten Boden, auf dem ich sie gebettet hatte, weg. Kurz: Ich wurde unleidlich. Und ich war froh, als die 25 Minuten vorbei waren.

Die Erfahrungen, die ich an den Folgetagen machte, kann ich kurz zusammenfassen: Es war eine Katastrophe! Ich versuchte mich derart verkrampft auf das Atmen zu konzentrieren, dass das Ein- und Ausströmen der Luft bald unnatürlich gedehnt oder – wahrscheinlich als Folge davon – gekürzt geschah. Am dritten Tag fühlte ich mich nach der Übung wie ein aufgeblasener Luftballon.

Zudem war es mir unmöglich, meine Gedanken – oder besser: meine Geistesblitze – zu kontrollieren. Mir war gar nicht klar gewesen, wie durcheinander es in meinem Kopf zuging …

Ich rief im Verlag an und erkundigte mich nach Risiken und Nebenwirkungen des Meditierens. Im Buch steht darüber nichts, aber vielleicht gibt es ja Typen, für die ist das Meditieren kontraproduktiv oder gar gefährlich? Man sagte mir, das gehöre zum Prozess. Ich sei auf einem guten Weg und solle einfach weitermachen.

Seltsamerweise fühlte ich mich – trotz der anfänglichen Schwierigkeiten – nach den Meditationen nicht schlecht. Wenn mir mein Handy nach 25 Minuten durch ein Signal zu verstehen gab, dass die Übung vorbei war, und ich mich wieder anderen Dingen zuwandte, hatte ich den Eindruck, mich diesen mit größerer Ruhe und Konzentration widmen zu können. Und in meinem Kopf, der sich während des Meditierens wie eine außer Kontrolle geratene Kreativitätsmaschine (gibt es so was?) gebärdete, fühlte es sich irgendwie „stiller“ und „weiter“ an. Anders kann ich es nicht ausdrücken. Ich weiß, es klingt ein wenig spooky. Tat aber gut.

Nach etwa einer Woche merkte ich kleine Veränderungen in meinem Alltag. Da ich mich gedanklich – und natürlich auch rein praktisch – so sehr mit dem „Projekt Mindfulness“ beschäftigte, übertrugen sich Prinzipien davon auf mein Tun im Allgemeinen. Bei einem unschönen Aufeinandertreffen mit meinem Nachbarn, der meinte, mich über das korrekte Mülltrennen belehren zu müssen, fiel mir dieser Effekt zum ersten Mal auf. (Nebenbei bemerkt: Mein Nachbar war von der Sache her im Recht. Aber da ich es nicht ausstehen kann, wenn man mich auf diese Weise maßregelt und blöd dastehen lässt, war ich in wenigen Millisekunden auf 180.) Die Sache, also das korrekte Mülltrennen, war mir egal. Ich wollte mich nicht so behandeln lassen und hatte große Lust, zum Angriff überzugehen. Zum verbalen Angriff, versteht sich. Dann, während mein Nachbar noch dabei war, mir anhand des Inhalts der Mülltonnen das Recyclen zu erklären, erinnerte ich mich plötzlich an den Kern der Achtsamkeitspraxis: wahrnehmen, nur wahrnehmen. Und das tat ich dann auch. Ich nahm meine innere Wut wahr, meine Empörung, aber auch ein wenig Scham wegen meines Mülltrennungsverhaltens (schließlich liegt mir selbst auch viel an der Umwelt). Ich verstand, dass ein verbaler Gegenangriff zu nichts führen würde – außer dazu, dass beim nächsten Nachbarschaftsfest einer von uns beiden nicht anwesend sein würde. Und ich fragte mich, welchen Ausgang ich mir selbst eigentlich wünschte. Dann atmete ich einmal tief durch und – gab dem Nachbarn recht. (Der war noch überraschter als ich über meine Reaktion und konnte erst einmal gar nichts mehr sagen.) Ich erklärte ihm, dass es nun mal einmal hatte schnell gehen müssen, dass ich aber grundsätzlich seine Einstellung zur Mülltrennung teile, ihn nur bitten würde, seinen Tonfall zu überdenken. Man könne ja vernünftig über alles reden. Mein Nachbar entschuldigte sich bei mir. Wir gingen friedlich auseinander. Ich war begeistert.

Ein anderes Beispiel: Joggen. Bei einer meiner letzten Joggingrunden, ich konzentrierte mich auf meinen Atem, um keine Seitenstiche zu bekommen, was offenbar ein Trigger für Achtsamkeit geworden war, spürte ich automatisch in mich hinein. Ich nahm wahr, was für ein perfektes Team da am Werk war: der Rumpf, der mir Stabilität gab, die Beine, die mich mit Muskelkraft vorwärtstrugen, die Lungen, die die Luft aufnahmen. Ich spürte den kalten Wind auf meinen Wangen und auf der Zunge und bemerkte, wie meine Hände durch die Anstrengung besser durchblutet und wärmer wurden. Ich war – zufrieden.

(…)

Um nun zu einem Fazit zu kommen: Die Hälfte der Zeit, die mir für mein Achtsamkeitsexperiment zur Verfügung gestellt wurde, ist vorbei. Ich habe bisher jeden Tag meditiert. An manchen Tagen, wenn die Zeit es zuließ, habe ich mich sogar zweimal 25 Minuten auf mein Kissen gesetzt. (Diesmal aber mit einer Decke als Unterlage, damit meine Knie nicht wieder protestierten.) Es gab Momente sehr angenehmer Ruhe und Momente, die einfach nicht enden wollten. (Wie lange habe ich schon nicht mehr gedacht: Die Zeit wird mir zu lang? Dass es das in unserer hektischen Gegenwart überhaupt noch gibt, ist ja auch schon bemerkenswert.)

Durch Achtsamkeit und Meditation werde ich vermutlich nicht zu einem anderen oder besseren Menschen. Ich glaube auch nicht, dass ich nach den acht Wochen erleuchtet bin oder mein Gehirn Salto schlagen kann (- aber das bleibt natürlich noch abzuwarten). Und Seitenstiche bekomme ich beim Joggen manchmal immer noch.

Aber ich bin aufrichtig dankbar für die kleinen Oasen-Momente, wie ich sie nenne, wo alles klar, ruhig und hell ist. Diese werden durch das Programm von Edel Maex zahlreicher, ich nehme sie bewusster wahr, initiiere sie vielleicht sogar selbst. Und ich bin dankbar für die winzigen Veränderungen in mir, meinem Verhalten, meinem Denken und Fühlen (siehe Beispiel Nachbar). Diese kleinen Veränderungen haben eine erstaunlich große Wirkung.

„Die achte Woche dauert den Rest Ihres Lebens“, behauptet Edel Maex in seinem Buch. Ich könnte mich damit anfreunden.

Auf dem nächsten Nachbarschaftsfest werde ich meinem recycelnden Nachbarn das Du anbieten. Und wenn er wieder einmal das Bedürfnis hat, mich oder andere Nachbarn lautstark über korrekte Mülltrennung zu belehren, dann schenke ich ihm einfach das Buch „Mindfulness – Gelebte Achtsamkeit“. So als Wink mit dem Zaunpfahl.

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Welche Erfahrungen habt ihr mit Achtsamkeit und Meditation gemacht? Sendet uns eure Geschichten und gewinnt eins von fünf Exemplaren Mindfulness – Gelebte Achtsamkeit von Edel Maex.

 

Job-Coaching – aus der Praxis für die Praxis

Sich coachen zu lassen ist meist teuer. Schnell können dafür ein paar hundert Euro anfallen. Wer arbeitslos oder von Arbeitslosigkeit bedroht ist, kann bei seiner Arbeitsagentur einen Gutschein für ein berufliches Coaching bekommen. Job-Coaching soll helfen, Arbeitslose in den ersten Arbeitsmarkt zu integrieren. Das klingt erst einmal gut und vernünftig. Doch im Unterschied zum klassischen Karriere-Coaching treffen Coachs in den geförderten Maßnahmen oft auf ungeahnte Hindernisse. Sie begegnen Klienten, die unter Umständen mehr oder weniger unfreiwillig vor ihnen sitzen. Oft fühlen sie sich „geschickt“ und sind mitunter wenig motiviert, frustriert und hoffnungslos. Das Job-Coaching birgt viele besondere Herausforderungen. Und denen fühlen sich viele Job-Coachs nicht gewachsen, denn momentan arbeiten sie häufig nach der Devise „learning by doing“, zumal viele Job-Coachs Quereinsteiger sind und über keine einschlägige Qualifizierung in diesem Bereich verfügen.

Job-CoachingDas Buch Job-Coaching: Arbeitssuchende für den Arbeitsmarkt fit machen von Karin Kiesele und Andrea Schlösser will hier Abhilfe schaffen, indem es einen strukturierten Leitfaden bietet, angefangen von der Auftragsgestaltung über Besonderheiten und Hürden dieses Coaching-Settings bis hin zu einer Vielzahl praxiserprobter Methoden.

  

 

 

 

 

 

 

Leinen los für das Job-Coaching

Von Karin Kiesele und Andrea Schlösser

Die Arbeit als Job-Coach muss besonderen Anforderungen gerecht werden. Ob Business oder Life-Coaching – Die persönlichen Anlässe, ein Coaching in Anspruch zu nehmen, sind vielfältig. Bezahlt das Job-Center oder die Arbeitsagentur das Coaching, steht das Ziel bereits fest: Job-Coaching als geförderte Maßnahme soll Arbeitslose im Idealfall wieder auf den ersten Arbeitsmarkt eingliedern – die Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung ist gewünscht.

Das bringt für den Job-Coach einige Herausforderungen mit sich: Nicht nur die „unfreiwillige Freiwilligkeit“ beeinflusst den Beziehungsaufbau zum Klienten. Suchtprobleme, belastende Lebensumstände, schwierige Lebensbiografien oder traumatische Ereignisse haben in der Regel großen Einfluss auf die aktuelle Situation der Klienten. In klassischen Coaching-Ausbildungen wird auf die Zielgruppe „Arbeitslose“ und die geförderten Maßnahmen nicht eingegangen.

Zum Berufsbild des Job-Coachs gehören zum einen Haltung und Methoden des klassischen Coachings, zum anderen werden auch Fachkenntnisse über den aktuellen Arbeitsmarkt sowie Erfahrungen im Bewerbermanagement gefordert. Das Wissen über Ausbildungs-, Weiterbildungs- und Qualifizierungsmöglichkeiten ist in diesem Beruf ebenfalls von Vorteil. Im Bereich Job-Coaching arbeiten viele Quereinsteiger, wie zum Beispiel Sachbearbeiter, Verwaltungsfachangestellte, Betriebswirte, Arbeitspsychologen, Schauspieler, Lehrer und Journalisten. Jede dieser Berufsgruppen bringt spezielle Fachkenntnisse mit, die sich zusätzlich zu eine fundierten Qualifizierung im Bereich Coaching gut einbringen lassen. Wer jedoch ohne eine Coaching-Ausbildung als „Job-Coach“ arbeitet, hat vermutlich keinen einschlägigen Methodenkoffer im Gepäck. Er arbeitet als Coach und ist wahrscheinlich mit den wichtigsten Coaching-Grundsätzen nicht vertraut. Und oft genug stehen sie im Arbeitsalltag ohne große Unterstützung da.

Wir arbeiten beide im Bereich Job-Coaching als Ausbilderinnen und blicken auf rund 4000 Stunden Coaching-Erfahrung in diesem Bereich zurück. Von angehenden Job-Coachs wurden wir immer nach Literaturempfehlungen zum Thema gefragt. Trotz langer Recherchen sind wir nicht fündig geworden. Das war für uns der Impuls, all unsere Erfahrungen, Hilfreiches und Herausforderndes für andere Job-Coachs zusammenzutragen und aufzuschreiben. Es war und ist unser Ziel, Job-Coaches einen Leitfaden an die Hand zu geben, mit dem sie arbeiten können.

Dieses Buch bietet konkrete Hilfestellungen. Die einzelnen Etappen werden Schritt für Schritt beschrieben und wir gehen auf Besonderheiten und Herausforderungen ein. Wir geben Antworten auf die Fragen:

  •  Wie gehe ich damit um, wenn der Klient sich geschickt fühlt?
  • Wie kann ich dem Klienten gegenüber Vertraulichkeit zusichern, wenn ich Gegenüber dem Arbeitsamt oder Job-Center Bericht erstatten soll?
  • Wie spreche ich heikle Situationen an?
  • Wie wahre ich einen professionellen Abstand?
  • Wie schreibe ich eine gute Bewerbung mit meinem Klienten?

 

6 Gründe für dieses Buch:

  1. Theorie und Praxis vereint: Zum einen beinhaltet das Buch einen theoretischen Teil mit vielen Denk- und Arbeitsmodellen, zum anderen einen Methodenteil mit zahlreichen praxiserprobten Tools.
  2. Konzentriertes Know-how: Wir haben uns auf Wesentliches beschränkt, um das Buch als Nachschlagewerk attraktiv zu machen.
  3. Klare Umsetzungsanleitungen: Alle vorgestellten Methoden sind Schritt für Schritt erklärt.
  4. Sofort anwendbar: Die meisten Methoden brauchen keine besonderen Hilfsmittel. Mit der Umsetzung im Job-Coaching kann also gleich begonnen werden.
  5. Kostenlose Downloads: Ausgewählte Arbeitsmaterialien, wie beispielsweise die Werteliste oder der VAKOG-Test, befinden sich auf der Junfermann-Webseite zum kostenfreien Download – ganz ohne Anmeldung.
  6. Das Seminar zum Buch: Unser dreitägiges Seminar „Job-Coaching kompakt“ bietet neben der Vertiefung einzelner Inhalte ebenfalls die Möglichkeit für Fragen und den kollegialen Austausch.

 

Über die Autorinnen

Karin Kiesele ist als zertifizierter Personal- und Businesscoach (Coach QRC) und Kommunikationstrainerin im gesamten Bundesgebiet freiberuflich aktiv.

Nach ihrem Studium der Kommunikationswissenschaften und Hispanistik an der Freien Universität Berlin arbeitete sie über 25 Jahre als Fernsehjournalistin. Rund 15 Jahre war sie als Führungskraft bei nationalen und internationalen Liveshows für den Inhalt der Sendungen verantwortlich. Als Senior Producerin gestaltete sie den Aufbau und die inhaltlichen Abläufe der Produktionen und war eine zentrale Schnittstelle für nationale Künstler, internationale Stars, redaktionelle Gäste sowie interne Ansprechpartnerin für die Mitarbeiter der Sendungen.

Weitere Informationen über die Autorin und ihr Angebot erhalten Sie hier.

 

Andrea Schlösser ist als geborene Hauptstädterin in Berlin verwurzelt. Nach ihrer Ausbildung zur Einzelhandelskauffrau, war sie zehn Jahre als Führungskraft mit Personalverantwortung bei der mobilcom debitel AG beschäftigt. Gleichzeitig absolvierte sie ein Fernstudium zur Handelfachswirtin sowie eine NLP- und Trainerausbildung. Im Anschluss folgte eine Mediations- und Coachingausbildung, dann die NLP Masterausbildung. Zuletzt ließ sie sich umfassend zur zertifizierten Supervisorin DGSv ausbilden. Seit 2011 ist Andrea Schlösser selbständig und arbeitet als freiberufliche Trainerin, Coach und Mediatorin für Firmen, Bildungseinrichtungen und Privatpersonen.

Weitere Informationen über die Autorin und ihr Angebot finden Sie hier.

 

Beide Autorinnen bieten gemeinsam Seminare, Workshops und Weiterbildungen in den Bereichen Coaching und Mediation an. Das Seminar „Job-Coaching kompakt“ ist passgenau auf die Bedürfnisse und Anforderungen für Job-Coachs zugeschnitten. Weitere Informationen zu den Angeboten finden Sie hier.

 

Malwand und Toilettenspiegel: Die Frankfurter Buchmesse 2018

„Wo ist denn das Buch vom Firmenklo?“ So oder so ähnlich wurden wir in diesem Jahr auf der Frankfurter Buchmesse immer wieder angesprochen. Die Fragenden gaben auf diese Weise eines preis: Sie waren gerade auf einer der Toiletten in Halle 3.1 gewesen und hatten beim Händewaschen dieses Bild vorgefunden:

Uns zeigt das: Werbung kann sehr wirksam sein, vor allem dann, wenn die Platzierung so stimmig ist. Konstanze Wortmanns Buch „Letzte Zuflucht Firmenklo?“ fand auf diesem Weg jedenfalls große Aufmerksamkeit. BuchMarkt-Kolumnist Matthias Mayer berichtete im „Messe-Mayer“ darüber, in den sozialen Medien fanden sich Selfies vorm Toilettenspiegel und die Neue Westfälische titelte: „Paderborn auf dem Klo“.

Eine andere Besonderheit fand sich am Messestand selbst. Passend zu unserer Neuerscheinung „You Are Here“ von Jenny Lawson hatten wir eine große Malwand anbringen lassen, mit einem Motiv aus dem Buch und viel Freiraum zum Selbstmalen. Kreide lag bereit und nach und nach füllte sich die Fläche, mit Zeichnungen und Kommentaren, wie: „Immer wieder schön hier.“ – Wenn das so ist, dann müssen wir wohl im nächsten Jahr wiederkommen!

Austausch und was Süßes: Wir besuchen den Kamphausen-Verlag

Alles begann bei einem Regionaltreffen des Börsenvereins, das im Juni in unseren Räumen in Paderborn stattfand. Zu den Gästen gehörten auch Mitarbeiter/innen des Bielefelder Kamphausen-Verlages. Und im Laufe des Abends entstand der Eindruck: Junfermann und Kamphausen haben doch einiges gemeinsam. Vielleicht sollte man diesen Kontakt vertiefen und zu einem längeren Austausch zusammenkommen?

Gesagt, getan. Irgendwann fand sich tatsächlich ein Termin, und so begab es sich dann, dass das Junfermann-Team sich am 25. September auf den Weg von Paderborn nach Bielefeld machte: „Coching fürs Leben“ (Junfermann) trifft „Bücher zum Sein“ (Kamphausen). In einer schönen Stadtvilla hat Kamphausen Media seine Räume, durch die wir als erstes geführt wurden. Zum eigentlichen Austausch fanden wir uns dann im Besprechungsraum, einem Wintergarten zusammen.

Beide Verlage würden schon in demselben Themenspektrum arbeiten, wobei Kamphausen etwas spiritueller ausgerichtet sei als Junfermann, so Verleger Joachim Kamphausen. Aber auch in der Verlagsgeschichte zeigen sich Unterschiede. So ist Junfermann, 1659 gegründet, einer der ältesten Verlage Deutschlands. Seit 2011 befindet er sich unter dem Dach der Klett-Gruppe. Die Ursprünge von Kamphausen Media gehen auf die 1980er-Jahre zurück, als Joachim Kamphausen mit zwei Freunden einen Verlag gründete. Zu den ersten Produkten gehörten Reflexzonen-Karten in Scheckkartengröße; sie sind bis heute im Programm. Mit den Jahren wuchs der Verlag, u.a. auch durch Übernahmen anderer Verlage aus dem spirituellen Bereich, wie Aurum, Lüchow oder Theseus. Diese Imprints haben eigene Themen und Zugänge, aber im Lauf der Zeit ändert sich hier auch mal was. So finden sich beispielsweise im eigentlich klar buddhistisch ausgerichteten Theseus-Programm jetzt auch Yoga-Bücher.

Nach vielen Informationen (Kopfnahrung) gab es einen Imbiss (Bauchnahrung), der gekrönt wurde von schön anzusehenden und köstlichen Kuchenteilchen.

Unser Fazit: Das Treffen war geprägt von großer Offenheit. Wir sehen uns nicht so sehr als Konkurrenten, sondern schauen eher, was wir voneinander lernen können. Der Austausch soll weitergehen.

Was bedeutet – für Sie persönlich – ein gelungenes Leben?

Raum für Neues

Alle Menschen wünschen sich ein Leben, das ihrer Persönlichkeit, ihren Bedürfnissen und Interessen entspricht. Ein gelungenes Leben also. Was „gelungen“ aber genau bedeutet, entscheidet jeder selbst. Und da beginnt die Herausforderung. Unsere Freiheit beglückt und verunsichert uns zugleich. Immer mehr Menschen haben das Gefühl, in einer Sackgasse zu stecken. Unzufriedenheit erfüllt sie, obwohl sie doch scheinbar alles haben, um glücklich zu sein.

Das neue Buch von Andrea Landschof Das bin ich!? richtet sich an Menschen, die Lust auf Veränderung haben und ihre verborgenen Talente entdecken möchten. Es hilft dabei, Lebensgeschichten (und -lügen) zu überprüfen und den Blick zu weiten auf noch nicht genutzte Chancen und Potenziale. Mit Methoden der Transaktionsanalyse gelingt es, unsere Persönlichkeit und unsere Beziehungen zu uns selbst und anderen zu reflektieren, zu verstehen sowie Veränderungen zu initiieren.

 

Lust auf einen ersten (Lese-)Eindruck? Na, dann los …

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Einleitung

Liebe Leserinnen und Leser,

gehören auch Sie zu den Menschen, die ihren persönlichen und/oder beruflichen Weg aus den Augen verloren haben? Haben Sie das Gefühl, in einer Sackgasse zu stecken? Vielleicht sind Sie unzufrieden und drehen sich im Kreis; wissen nicht, ob Sie gehen oder bleiben sollen und ob die Entscheidung, zu der Sie tendieren, tatsächlich die richtige ist. Sie empfinden Leidensdruck aufgrund der aktuellen Situation und haben dennoch Angst vor einer Veränderung? Sie können nicht genau sagen, was Ihnen fehlt oder woher Ihre Unzufriedenheit rührt? Sie sind unsicher und wissen nicht, was Sie wollen – oder gar können – und wie Sie eine Veränderung initiieren sollen? – Dann begeben Sie sich mithilfe dieses Buches auf eine ganz persönliche Zeitreise und lassen Sie sich überraschen, was in Ihnen steckt!

Den meisten Menschen ist gar nicht bewusst, über welche Möglichkeiten sie verfügen. Unsere frühen Prägungen haben oftmals unsere Potenziale untergraben. Sie wurden verdrängt oder abgespalten, weil sie nicht gefragt, nicht erlaubt oder nicht erwünscht waren. „Kinder mit einem Willen kriegen was auf die Brillen!“, „Ein Indianer kennt keinen Schmerz!“ oder „Sei sittsam und bescheiden, das ist die schönste Zier, dann kann dich jeder leiden, und dieses wünsch ich dir“ sind möglicherweise früh übernommene Glaubenssätze, die uns noch heute beeinflussen und boykottieren können. Wir wissen nicht mehr, was wir wollen, weil wir den Kontakt zu den eigenen Bedürfnissen und Impulsen verloren haben. Wir zeigen keine Gefühle, weil diese uns selbst fremd geworden sind, und verhalten uns anspruchslos und angepasst. So bewegen wir uns jedoch mit angezogener Handbremse durchs Leben. Unsere in uns schlummernden Talente liegen brach. Dabei geht es im Leben doch darum, Veränderungen kraftvoll und selbstbestimmt zu gestalten, gute Entscheidungen zu treffen und neue Pfade zu gehen, zu sich zu stehen, mit Rückschlägen konstruktiv umzugehen, mit unliebsamen Gewohnheiten zu brechen oder gesetzte Ziele zu verfolgen.

Es muss also etwas anders werden, damit sich die Unzufriedenheit in Zufriedenheit und innere Ruhe verwandelt.

Seit über drei Jahrzehnten beschäftige ich mich mit persönlicher und beruflicher Entwicklung. In meiner Arbeit als Beraterin und Ausbilderin begegnen mir viele Menschen, die in Sackgassen feststecken und wieder Vertrauen in ihre eigene Selbstwirksamkeit gewinnen möchten, die sich fragen: „Wer bin ich eigentlich?“ und „Wohin möchte ich mich verändern?“. Sie wünschen sich Gewissheit, all ihre Potenziale und Talente im Leben auszuschöpfen.

Talent meint im Volksmund in der Regel eine besondere Begabung mit hervorstechenden Merkmalen, die nicht selten geldwerte Vorteile bringt. Es herrscht dabei heute noch der Mythos eines begnadeten Genies vor, dem alles ohne Mühen zufliegt. Wenn ich in diesem Buch von Talenten spreche, verbinde ich damit allerdings keine außerordentliche Begabung oder besondere Leistungsvoraussetzung einer Person auf einem bestimmten Gebiet. Es geht nicht um Talente, die sich mit genetischer und sozialisationsbedingter Unterstützung als überdurchschnittliche Fähigkeiten zeigen, die dann durch Übung weiter gefördert werden. So möchte ich Talente an dieser Stelle nicht verstanden wissen, sondern vielmehr als generelle Anlage und die Befähigung eines Menschen, sein Leben mit all seinen Herausforderungen zu meistern und dabei seine Fähigkeit zu denken, zu fühlen und zu handeln zu nutzen, um stimmige Lösungen zu kreieren.

Ich gehe davon aus, dass in jedem von uns von Geburt an ein unverwechselbares Wesensmuster angelegt ist. Wir reifen heran zu dem, was den Kern unserer Identität ausmacht, sofern uns die Gelegenheiten dazu gegeben sind und wir die Chancen nutzen, die uns das Leben bietet. Wir sind nicht nur ein von außen determiniertes Wesen, und wir sind nicht nur abhängig von Genetik und soziokulturellen Faktoren. Wir haben die Wahl, den Spuren unseres Wesens und unserer Talente zu folgen. Dabei muss unsere Talententwicklung nicht zu etwas Spektakulärem führen, wie etwa zu bahnbrechenden physikalischen Erkenntnissen im Ausmaß der Relativitätstheorie oder zu grandiosen Kompositionen wie die von Mozart. Talente auszuleben und sich zu etwas berufen zu fühlen kann auch bedeuten, dass Sie Ihren kreativen oder mathematischen Begabungen nachgeben, dass Sie verantwortungsvoll für Ihre Großmutter sorgen oder eine Familie gründen. Vielleicht entspricht es Ihrem Wesensmuster, eine bestimmte Lebensart zu pflegen oder einem bestimmten Hobby nachzugehen. Um seelisch und körperlich gesund zu bleiben, gilt es, unser Wesen zu respektieren und mit uns in Einklang zu bringen. Manche Prägungen drängen uns jedoch von diesem Kurs ab. Und damit geraten auch unsere Talente aus dem Fokus. Und werden zu sogenannten latenten Talenten. Unter latenten Talenten verstehe ich verdeckte, verhüllte, schlummernde, unbewusste, ungenutzte und im Verborgenen liegende Befähigungen, Anlagen und Potenziale des Denkens, Fühlens und Handelns. Um unsere Authentizität zu wahren, gilt es, unsere in uns schlummernden Talente zu entdecken, zu entwickeln und auszuschöpfen.

Die meisten Menschen tragen eine Sehnsucht in sich, ihr Leben so zu verändern, dass sie das Gefühl haben, „heil“ zu sein, wie es einmal eine Klientin ausdrückte. Dieses Buch ist ein Leitfaden und Arbeitsbuch für Menschen, die ihre eingefahrenen Sackgassen überprüfen und die ihre Blicke auf (nicht genutzte) Chancen und (nicht gelebte) Potenziale richten möchten; Menschen, die Lust auf Veränderung haben; die ihr Leben wieder in Passung mit ihrem Wesenskern bringen und es in Verbindung mit ihren äußeren Umständen gestalten wollen.

Sie werden zu einer persönlichen Zeitreise eingeladen, Ihr Leben im Heute zu reflektieren, mit Erfahrungen von gestern umzugehen und Visionen für morgen zu entwickeln. Und dabei soll die Wahrnehmung des bereits Gelungenen nicht außer Acht gelassen werden. Entdecken Sie Ihre verborgenen Talente, um mit deren Hilfe gute Entscheidungen zu treffen, Ihre persönlichen und beruflichen Herausforderungen zu meistern und stimmige und aktuelle Lösungen für unterschiedliche Problemlagen zu kreieren. Dazu spüren Sie aktuelle Störfaktoren auf und prüfen, was für Sie und Ihre Veränderungsprozesse jeglicher Art hilfreich sein könnte: die Komfortzone verlassen, sich von alten Sehnsüchten verabschieden und unsere Potenziale in den Erinnerungen entdecken. Sie entdecken den roten Faden in Ihrem Leben, der sich als Grundmuster Ihrer Persönlichkeit durch Ihre Biografie zieht und der nicht mehr passende und einschränkende Glaubenssätze zum Vorschein bringt. Sie entlarven Ihre Selbstsabotageaktionen. Das heißt, Sie werfen einen Blick auf Ihre unbewusst und selbst entwickelten „Stolpersteine“, mit denen Sie sich bisher in unterschiedlichen Lebenslagen ein Bein gestellt haben, zum Beispiel, indem Sie immer wieder an den „falschen“ Partner oder in den „falschen“ Job geraten sind. Und Sie erhalten Ideen zur Auflösung dieser Glaubenssätze. Mithilfe dieses Buches finden Sie heraus, warum Sie in bestimmten Situationen immer gleich reagieren, obwohl Sie es eigentlich anders wollen, und welche psychologischen Spiele Sie dabei immer wieder unbewusst spielen. Sie entkräften die Antreiber, die Sie im Alltag stressen, und lernen, was Sie brauchen, um stimmige persönliche und berufliche Entscheidungen treffen zu können. Zum Abschluss erfahren Sie, wie Sie sicher durch Zeiten des Umbruchs und der Veränderung kommen. Für die Übergangsphase werde ich Ihnen zur Unterstützung sechs konkrete Handlungsschritte zur inneren und äußeren Neuentscheidung zur Verfügung stellen, die Sie individuell für Ihren Prozess gestalten können.

Sie werden in diesem Buch immer wieder Ausführungen zur Transaktionsanalyse (TA) finden:

Die TA wurde von dem US-amerikanischen Psychiater und Psychotherapeuten Eric Berne (1919–1970) auf der Basis tiefenpsychologischer und verhaltenstheoretischer Ansätze entwickelt. Die TA fördert die Wahrnehmung des eigenen Erlebens, Denkens und der Emotionen und lädt zur Realitätsüberprüfung ein: Stammt mein Fühlen, Denken und Handeln aus dem Gestern oder ist es stimmig mit mir als Person und mit meiner heutigen Lebenswelt? In einfachen Worten umschrieben, bietet die TA Erklärungen für komplexe Sachverhalte in Ihrem Leben. Sie schärft den Blick für das Wesentliche.

Wenn Transaktionsanalytiker auf soziale Interaktionen oder einzelne Personen schauen, leitet sie die Überzeugung, dass Menschen von ihrem Wesen her in Ordnung sind und jeder die Fähigkeit hat zu denken. Transaktionsanalytiker gehen davon aus, dass es jedem Menschen möglich ist, durch das Nutzen seiner ihm innewohnenden Ressourcen autonome Entscheidungen für sich und andere zu fällen und die Verantwortung für diese Entscheidungen zu tragen. Damit verbunden, leitet sich die Lern- und Veränderungsfähigkeit eines jeden Menschen ab. Die Transaktionsanalyse hat das Ziel, Menschen darin zu unterstützen, ein selbst gestaltetes, selbst verantwortetes und autonomes Leben in Verbundenheit mit anderen Menschen und der Welt zu führen. Dazu benutzen wir unsere Fähigkeit zur Bewusstmachung der momentanen Gegebenheiten und unsere Fähigkeit, aus einer Bandbreite verschiedener energetischer Zustände auszuwählen. Diese als Spontaneität bezeichnete Fähigkeit beinhaltet eine Flexibilität, mit der wir in der Lage sind, Alternativen im Fühlen, Denken und Verhalten zu kreieren und im Hier und Jetzt zu handeln. Wir können frei auswählen und entsprechende unterschiedliche Reaktionsmuster einsetzen, ohne auf festgefahrene Erlebens- und Verhaltensmuster zurückzugreifen. Dabei sind wir bereit, uns auf einen echten emotionalen Kontakt mit anderen Menschen einzulassen. Diese Form von Intimität erlaubt es uns, Beziehungen und Begegnungen mit anderen zu gestalten, die frei von Spielen und Manipulationen sind. Wir können Nähe und Zuwendung geben und annehmen. Autonomie wird als „bezogene Autonomie“, die den Menschen in seiner Verantwortung als Teil der Welt darstellt, angesehen. Die TA bietet Instrumente zur Analyse und stellt Strategien zur Veränderung von inneren und äußeren Prozessen zur Verfügung.

Im Folgenden werden Sie die grundlegenden Konzepte der TA kennenlernen sowie Fallbeispiele, Erfolgsgeschichten, Tests und Anregungen zur Selbstreflexion erhalten, mit deren Hilfe Sie Ihre Verhaltensmuster untersuchen, verstehen und verändern können.

Ebenso kann dieses Buch auch von Beratern und Coaches in der Beratungspraxis eingesetzt und zum Thema persönliche und berufliche (Neu-)Orientierung und Entwicklung genutzt werden.

Je nachdem, an welchem Punkt Sie sich gerade befinden, können Sie das Buch chronologisch oder auch abschnittsweise lesen.

Aus Gründen der Lesefreundlichkeit verwende ich die männliche Form, wenn männliche wie weibliche Personen gemeint sind.

Zum persönlichen Schutz der Klienten sind alle Namen von Personen und Daten, die in diesem Buch als Anwendungsbeispiele verwendet werden, von mir geändert worden.

 

1. Alter Trott oder neue Wege? Wie Veränderung gelingt

 

1.1 Die Komfortzone verlassen

Denken Sie gerade intensiv über Ihre aktuelle private und berufliche Lebenssituation nach? Haben Sie Lust, die Ziele, die Sie verfolgen, zu überprüfen? Glauben Sie, dass in Ihnen noch verdeckt liegende Potenziale schlummern, und möchten Sie Ihren latenten Talenten auf die Spur kommen? Dann sind Sie in guter Gesellschaft! Das Bedürfnis nach Sinnerfüllung in Beruf und Privatleben entspricht inzwischen dem Zeitgeist. Das an sich ist völlig legitim und nachvollziehbar. Im Zeitalter des „Anything goes“ haben wir jedoch fast unendlich viele Wahlmöglichkeiten und stehen vor ganz individuellen Entscheidungen, wie wir unser privates und berufliches Leben gestalten wollen. In unserer mobilen Gesellschaft sind die unterschiedlichsten Lebens- und Arbeitsformen erlaubt. Lebensläufe sind nicht mehr vorgegeben, und entscheidende Veränderungen sind in jedem Lebensalter möglich. Identitäten können frei gewählt werden und laden Menschen zu stetigen Anpassungsleistungen ein. Was ein gelungenes Leben bedeutet, steht jedem frei, selbst zu entscheiden.

In meiner Arbeit erlebe ich die Freude vieler Frauen und Männer über ihre unterschiedlichen Entwicklungsmöglichkeiten und gleichzeitig ihre damit verbundene Verunsicherung. Die große Auswahl an Lebensentwürfen bietet uns eine bisweilen verwirrende Vielfalt. Viele scheinen erschöpft zu sein ob des stetigen Entscheidungsdrucks und des empfundenen Zwangs, dauerhaft ihr Wohlgefühl zu maximieren.

Um der Dynamik um uns herum gewachsen zu sein und ihr standzuhalten, ist es hilfreich, sich mit der eigenen Identität auseinanderzusetzen und das Leben so zu gestalten, dass wir im Einklang mit uns selbst und der Umwelt leben. Trotz oder gerade wegen der rasanten Veränderungen im Außen ist es wichtig, eine innere Stabilität zu wahren. Sonst werden wir zum Spielball der äußeren Verhältnisse. Psychische Widerstandsfähigkeit, die sogenannte Resilienz, erlangen wir unter anderem, indem wir uns mit der eigenen Biografie aussöhnen und unsere Potenziale ausschöpfen.

(…)

Das klingt zunächst recht simpel. Wie oft haben Sie schon gehört, dass Sie „einfach nur“ Sie selbst sein sollen und auf sich hören müssen, um ein authentisches Leben führen zu können? Aber so einfach ist es für viele Menschen eben nicht, da ihnen das Entscheidende fehlt: Die Erkenntnis, wer sie sind. Sie kennen ihre Potenziale nicht, und auch ihre inneren Motive sind ihnen fremd.

Um das subjektiv „Beste“ in uns zu entdecken, lohnt es sich, unsere Komfortzonen zu verlassen. Und es lohnt sich, unsere Persönlichkeit infrage zu stellen und lieb gewonnene Gewohnheiten abzulegen. Um Platz machen zu können für das Neue in uns.

Wir können auch als Erwachsene unsere Resilienzfaktoren fördern, wenn wir sie als Kind nicht erworben haben. Beispielsweise können Sie in diesem Buch herausfinden, wie die Muster, mit denen Sie die Welt erfassen, Ihre Reaktionen auf Stress- und Entscheidungssituationen prägen. Ganz im Sinne von Aaron Antonovsky (1997), einem israelisch-amerikanische Medizinsoziologen, geht es darum, Ihr Kohärenzgefühl zu stärken. Das Kohärenzgefühl ist eine Orientierung, die ausdrückt, in welchem Ausmaß Sie ein Gefühl des Vertrauens darauf haben, dass Ereignisse und Dinge, die sich im Lauf Ihres Lebens aus der inneren und äußeren Umgebung ergeben, strukturiert, vorhersehbar und erklärbar sind (Verstehbarkeit), Ihnen Ressourcen zur Verfügung stehen, um den Anforderungen dieser Ereignisse und Dinge zu begegnen (Bewältigbarkeit), und dass diese Anforderungen allesamt Herausforderungen sind, die Ihre Anstrengung und Ihr Engagement wert sind (Sinnhaftigkeit).

Im Zusammenhang mit Persönlichkeits- und Potenzialentwicklung ist auch die Frage interessant, ob unsere Persönlichkeit eigentlich festgelegt ist – oder in welchen Bereichen und in welchem Ausmaß wir uns oder unsere Charaktereigenschaften verändern können. Damit verbunden sehe ich auch die Frage, auf welche Weise wir Menschen an unsere Potenziale herankommen. Können wir überhaupt etwas entwickeln, das nicht da ist? Und wenn es vorhanden ist – als im Verborgenen liegende Ressource angelegt –, wie kommen wir dann an die Potenziale heran und können sie „ent-wickeln“?

Unterschiedliche Erklärungsansätze gehen heutzutage davon aus, dass unsere Persönlichkeit teilweise genetisch verwurzelt und teilweise durch Sozialisation geprägt ist. Ruhen Sie sich bitte nicht darauf aus, dass Sie dieses oder jenes vererbt bekommen haben oder dass Sie unwiderruflich durch Ihre Familie geprägt wurden. Diese Sichtweise würde uns jeglicher Freiheit berauben und uns zu Sklaven unserer Gene und Sozialisation machen. Unsere Persönlichkeit und damit auch unsere Lebensweise wären in diesem Fall durch innere (genetische) und äußere (sozialisierte) Vorgaben (vor-)bestimmt und eingeschränkt. Manche Persönlichkeitsanteile werden sicherlich immer unverändert bleiben. Sie werden als leiser Mensch nicht von heute auf morgen zu einem lauten Menschen werden. Aus einem extravertierten Menschen wird kein introvertierter Mensch. Wir haben aber die Gabe, bestimmte Persönlichkeitseigenschaften flexibel und zeitlich begrenzt einzusetzen, auch wenn sie unserer Natur wiedersprechen. So mussten Sie vielleicht auch schon einmal vor einer größeren Ansammlung von Menschen eine Rede halten, obwohl Sie solche Auftritte nicht sonderlich mögen. Mir geht es jedoch nicht um solche strategisch konstruierten und zeitlich begrenzten Aktionen, die wider unsere Natur sind. Es geht darum, dass Sie sich Ihren bisherigen Prägungen entgegenstellen und diese hinterfragen. Es ist möglich, über die beiden Einflussfaktoren Gene und Umwelt hinaus unsere individuellen Denk-, Fühl- und Verhaltensmuster zu verändern und die darin liegenden Potenziale ans Tageslicht zu bringen.

Lassen Sie uns mit einer Übung zur Potenzialentwicklung beginnen, und spüren Sie nach, ob Ihre Komfortzone dadurch berührt wird.

Bei der folgenden und allen anderen praktischen Übungen in diesem Buch sind Sie eingeladen, in Ihrem eigenen Tempo zu arbeiten und diesem entsprechend Pausen einzulegen, bevor Sie weiterlesen. Manche Fragestellungen und Anregungen benötigen vielleicht ein wenig mehr Zeit, damit das Gelesene und von Ihnen Geschriebene „sacken“ kann. Unterbrechen Sie dann gern die Aufgaben, gehen Sie spazieren oder unterhalten Sie sich mit einem lieben Menschen über Ihre Gedanken. Die Antworten auf die Fragen zur Selbstreflexion und zum Selbstanalysebogen werden Sie zu einer sehr persönlichen Zeitreise einladen. Sie identifizieren Ihre Schwachstellen und neuralgischen Punkte als auch Ihre Stärken und Ressourcen. Gehen Sie bitte nachsichtig und milde mit sich um. Alles, was Sie bisher entwickelt haben, hatte seinen Sinn und Zweck und seine Berechtigung zu seiner Zeit. Ich finde, es verdient eine Würdigung, dass Sie Ihr Leben auf Ihre eigene Art und Weise bis hierhin und heute gestaltet haben.

Die erste Anregung zur Selbstreflexion finde ich sehr wirksam, wenn es darum geht, unsere persönlichen Komfortzonen zu verlassen. Hinterfragen Sie Dinge, von denen Sie glauben, sie nicht zu können, oder von denen Sie glauben, sie tun zu müssen.

 

Anregung zur Selbstreflexion 1:  „Ich kann nicht“ und „Ich muss“

Schauen Sie auf Ihre derzeitige Lebenssituation und auf all das, was Sie meinen, nicht zu können. Typische Antworten wären zum Beispiel: „Ich kann diese Ungerechtigkeiten von X nicht mehr ertragen“ oder „Ich kann nicht Klavier spielen“. Lassen Sie sich Zeit und schreiben Sie so viele Sätze, wie Sie mögen, zu diesem Satzanfang auf.

Ich kann nicht …

Denken Sie nun an Dinge, von denen Sie glauben, dass Sie sie tun müssen. Zum Beispiel: „Ich muss jeden Morgen um sechs Uhr aufstehen und zur Arbeit gehen“ oder „Ich muss nachgiebiger werden“. Schreiben Sie einfach alles das auf, was Ihnen spontan aus Ihrem privaten und beruflichen Bereich einfällt:

Ich muss …

 

„Ich will nicht“

Wiederholen Sie nun bitte Ihre Ich-kann-nicht-Sätze und ändern Sie sie um in Ich-will-nicht-Sätze (z. B. „Ich will diese Ungerechtigkeiten von X nicht mehr ertragen“).

„Ich entscheide mich“

Wiederholen Sie nun Ihre Ich-muss-Sätze und ändern Sie sie um in Ich-entscheide-mich-Sätze (z. B. „Ich endscheide mich, jeden Morgen um sechs Uhr aufzustehen“).

Welche Auswirkungen hat das Ersetzen der Formulierung „Ich muss …“ durch „Ich entscheide mich …“ für Sie? Was verändert sich dadurch für Sie? Warum ergeben die Änderungen für Sie einen Sinn und warum nicht?

Haben Sie gemerkt, welchen Unterscheid der Austausch von „Ich kann nicht“ durch „Ich will nicht“ macht?

Einige Sätze bleiben natürlich in ihrer Wirkung bestehen und lassen sich durch die neuen Satzanfänge kaum umwandeln (zum Beispiel: „Wir müssen alle sterben“). In meinen Seminaren kommt daher zu Recht immer wieder die Frage auf, ob es nicht auch Muss-Sätze gibt, die bleiben, weil wir keine Wahl haben. Es gibt tatsächlich einige Sätze, bei denen ein „Ich entscheide mich“ infrage zu stellen wäre. So wie in dem angegebenen Beispiel. Doch wir haben trotz aller Bedingtheit immer die Wahl. Auch in größter Eingeschränktheit können wir bis zuletzt entscheiden, wie wir den jeweiligen Situationen begegnen. Beim Thema Sterben wäre es interessant, darüber nachzudenken, wie viel leichter wir „gehen“ könnten, wenn wir uns bewusst dazu entscheiden würden.

Als ich die obige Übung vor vielen Jahren in einem Seminar das erste Mal anbot, formulierte eine Teilnehmerin, die selbst als Trainerin arbeitete, den Satz: „Ich kann nicht vor großen Menschenmengen reden.“ Daraus wurde dann: „Ich will nicht vor großen Menschenmengen reden.“ Ihr fiel ein Stein vom Herzen, weil sie damit eine bewusste Willensäußerung machte, dann eine Entscheidung traf und es somit nicht mehr um ein Defizit ging: Ich will nicht und ich entscheide mich, nicht vor großen Massen von Menschen zu reden, weil es nicht meinem Wesen entspricht. (Eine alternative Formulierung könnte lauten: Ich entscheide mich, wann, wie häufig und wo ich es tue, weil es zu meinem Beruf gehört.)

Ende der 90er-Jahre begannen viele Trainerinnen eine Ausbildung zum „Speaker“ und stürmten auf die großen Bühnen. Dadurch entstand bei vielen Kolleginnen und Kollegen ein großer Erfolgsdruck, es ihnen gleichzutun. So auch bei meiner Teilnehmerin. Wie eine innere Erlaubnis, es auf ihre eigene Art zu tun oder zu lassen, wurde daher die Aussage „Ich will nicht“ empfunden. Sie macht selbstbestimmter. Dieses selbstbestimmte „Ich will nicht“ lag zuvor im Verborgenen und war ein latentes Talent, bevor es zum Vorschein und zum Einsatz kam und dadurch sichtbar wurde. Eine Fähigkeit also, die bis dahin nicht genutzt wurde.

Durch die vorausgegangene Übung wird unsere Komfortzone „irritiert“, und wir werden auf die Macht der Worte aufmerksam gemacht. Durch den Austausch von nur einem Verb können Sie Haltung und Gefühl zu einer Situation oder einer Begebenheit verändern! Und damit auch Ihr Verhalten. Sie bringen sich in Kontakt mit Ihren Potenzialen. In den Sätzen, die mit „Ich will nicht“ und „Ich entscheide mich“ beginnen, zeigt sich Ihre Fähigkeit, bewusst und selbstbestimmt durchs Leben zu gehen. Etwas nicht zu wollen entspringt einer anderen Haltung, als etwas nicht zu können. Etwas tun zu müssen beinhaltet eine andere Haltung, als sich für etwas zu entscheiden. Haben Sie bemerkt, dass die Verantwortung und die Entscheidung dafür bei Ihnen liegen? Natürlich ziehen Entscheidungen immer Folgen und Konsequenzen nach sich. Damit dürfen wir umgehen und daraus lernen. Und darum geht es!

(…)

***

Das Buch ist ab dem 21. September im Handel erhältlich.

 

Über die Autorin

Andrea Landschof ist Transaktionsanalytikerin, Lehrsupervisorin und Lehrcoach. Als Inhaberin des Beraterwerkes Hamburg, einem Institut für Fort- und Weiterbildung von Berater*innen und Transaktionsanalytiker*innen, begleitet sie seit über 25 Jahren Menschen bei der beruflichen Orientierung.

Herz und Verstand. Zum Tod von Steve Andreas

„My feelings for Steve have always been love, appreciation, respect and gratitude. He positively touched the lives of many people in this world, including mine.” – Robert Dilts

 

Steve Andreas ist am 7. September 2018 im Alter von 82 Jahren gestorben. Als wichtiger Wegbereiter des NLP hat er, meistens zusammen mit seiner Frau Connirae Andreas, zahlreiche Bücher verfasst, von denen die meisten in deutscher Übersetzung bei Junfermann erschienen sind. Doch er war nicht nur Autor, sondern auch Verleger. 1967 gründete er den Verlag „Real People Press“, weil er ein Buch seiner Mutter Barry Stevens herausbringen wollte, das diese gemeinsam mit Carl Rogers geschrieben hatte: „Von Mensch zu Mensch“.

Steve Andreas hatte ursprünglich Chemie studiert und auch als Chemiker gearbeitet. Danach absolvierte er ein Psychologiestudium und war als Dozent an einem College tätig. Er lernte Fritz Perls kennen, widmete sich der Gestalttherapie und brachte Bücher von Perls heraus.

In den 1970er-Jahren beschäftige er sich zunehmend mit NLP und gründete mit seiner Frau Connirae „NLP Comprehensive“, eines der ganz wichtigen Weiterbildungsinstitute auf diesem Gebiet. Auch verlegerisch förderte er seither das NLP. Bei Real People Press erschienen Bücher von Bandler und Grinder, aber auch eigene Werke. Mit Charles Faulkner gab er in den 1990er-Jahren den Band „NLP – The New Technology of Achievement“ heraus, deutsch: „Praxiskurs NLP“.

Neben Richard Bandler, John Grinder und Robert Dilts kann man Steve Andreas mit Recht zu den „Großen“ im NLP rechnen. Sein langjähriger Freund und Weggefährte Robert Dilts schrieb, sie seien sich auf fachlicher Ebene nicht immer einig gewesen, aber aufgrund ihrer tiefen Freundschaft hätten sie immer offen damit umgehen können.

 

You are here!

Kunsttherapie, treuer Begleiter, Humor und Malbuch in einem

Die bekannte US-amerikanische Bloggerin Jenny Lawson hat ein einzigartiges Buch geschrieben: YOU ARE HERE ist ein Kompendium des empathischen Umgangs mit sich selbst, das Kreativität und Meditation fördert. Die Idee für dieses Buch kam ihr auf einer Lesereise. Mithilfe der Zeichnungen und Texte konnte sich Jenny Lawson, die selbst unter Ängsten und Depressionen leidet, über Momente der Verzweiflung hinweghelfen. Das Ergebnis – zunächst publik gemacht über ihren Blog – stieß in kürzester Zeit auf ungeheure Resonanz. Ihre Leser*innen fühlten sich abgeholt, getröstet, verstanden. YOU ARE HERE bündelt nun all diese motivierenden Bilder und Zeilen auf perforierten Seiten, die nach Lust und Laune ausgemalt, übermalt, herausgerissen, aufgehängt oder verschenkt werden können. So nimmt das Buch die Leser mit auf eine Reise, die bei ihnen selbst beginnt. Egal ob es um Angstzustände, Depression oder ganz einfach das Gefühl geht, in bestimmten Situationen fehl am Platz zu sein – in den kurzen, mal einfühlsamen, mal witzigen, mal zornigen, stets aber authentischen Texten und den sie begleitenden Zeichnungen findet jeder ein Ventil für die dunklen, verzweifelten Momente im Leben.

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In unserem Interview spricht Jenny Lawson über die besondere Gestaltung des Buches, seine Botschaft – und über ihre Vorliebe für deutsches Essen …

 

  Über die Autorin

Jenny Lawson ist Autorin und Kolumnistin und vor allem für ihren offenen, humorvollen Umgang mit ihrer psychischen Erkrankung bekannt. Ihre beiden autobiografischen Bücher schafften es auf Platz 1 der New York Times-Bestsellerliste, ihr Blog wird von Hunderttausenden Leserinnen und Lesern monatlich besucht. Lawson lebt mit Mann und Tochter in Texas.

www.thebloggess.com

Ihr Buch YOU ARE HERE erscheint am 19. September bei Junfermann.