E-Books zu teuer?

Kräftig geraschelt hat es diese Woche in der deutschen Zeitungslandschaft. Alle großen, überregionalen Zeitungen beschäftigen sich mit dem Thema E-Books. Anlass ist die Vorstellung der jüngsten Marktstudie durch den Börsenverein des deutschen Buchhandels. In der Folge haben sich diverse Wirtschafts- und Feuilletonredakteure, so etwa der Süddeutschen und der FAZ, des Themas angenommen. Herausgefunden wurde dabei zum Beispiel, dass Amazon ein wichtiger und mächtiger Marktteilnehmer ist. Und dass man anlässlich des Themas trefflich auf die Buchbranche einprügeln kann, denn schließlich sei sie weitgehend taten- und ideenlos und laufe folglich Gefahr, bei der Digitalisierung des Buchmarkts all die Fehler zu reproduzieren, welche die Musikbranche schon vor ihr gemacht habe.

Ohne nun detailliert auf die Marktstudie und deren Aussagekraft eingehen zu wollen, erscheinen zwei Aspekte als erwähnenswert, auf die sich die Kommentatoren konzentrieren:

Erstens: Kunden wollen eine für sie technisch einfache und komfortable Lösung. Hier ist unbedingte Zustimmung am Platze. Dazu gehört auch ein Verzicht auf proprietäre Lösungen und hartes DRM. Wer einmal versucht hat, allein den Registrierungsprozess für DRM bei einem der führenden Anbieter zu absolvieren, weiß, dass dies keinem Kunden ernsthaft zuzumuten ist. Das Risiko, dass E-Book-Dateien privat zirkulieren, ist nicht auszuschließen und die Branche tut gut daran, das gar nicht erst zu versuchen. Wir bei Junfermann jedenfalls haben uns nach etlichen Tests und langen Diskussionen im vergangenen Jahr dazu entschlossen, unsere E-Books DRM-frei anzubieten. Wesentlicher Vorteil ist dabei, dass die Kunden, wenn sie eine E-Book-Datei bei uns erworben haben, diese wirklich besitzen und das heißt in keiner Weise in dem eingeschränkt werden, was sie damit tun. Das ist gut so und wir sind überzeugt davon, dass unsere Leserinnen und Leser dieses Angebot zu schätzen wissen.

Zweitens: Wichtiger scheint indes die überall gebetsmühlenartig wiederholte Meinung, E-Books seien zu teuer. In diesem Punkt widerspreche ich entschieden. Die naheliegende Begründung dieser Meinung lautet ja, die Verlage hätten nun schließlich keine Druck-, Papier- und Lagerkosten mehr; als Kronzeugin wird neuerdings die Autorin Juli Zeh angeführt, die in einem Streitgespräch mit ihrem Verleger behauptet hat, bei Lesern würde durch kriminelle Preise von über 20 Euro die kriminelle Energie erst geweckt, sich bei illegalen Tauschbörsen zu bedienen. Beide Positionen sind gleichermaßen falsch. Die Produktion einer Neuerscheinung ist durch das E-Book bislang deutlich teurer, nicht billiger geworden: Druck-, Papier- und Lagerkosten fallen wie ehedem an (da die Verkaufszahlen von E-Books bislang keinerlei nennenswerte Reduzierung der Auflage bei der Printversion rechtfertigen), hinzu kommen Kosten für Konvertierung, Qualitätskontrolle (beide nicht unerheblich, wenn man auf Qualität tatsächlich achtet und keine dubiosen Schattenarbeitsmärkte in Schwellenländern subventionieren will) sowie der Aufwand der Belieferung der zahllosen Plattformen, die als Distributionspartner bereitstehen und von denen eine jede ihre eigenen Spezifikationen hinsichtlich Dateiformaten, Dateinamen, Metadaten etc. hat. Erschwerend kommt hinzu, dass erheblich geringere Erlöse erzielt werden als beim Printprodukt. Warum? Nun, der Verkaufspreis liegt 15-20 Prozent unter demjenigen des gedruckten Buches, die Mehrwertsteuer beträgt nahezu das Dreifache; die Autoren bekommen mehr Honorar (ungefähr das Doppelte).

Bei einem funktionierenden E-Book-Markt also (für den freilich das Angebot an lieferbaren Titeln und kundenfreundlichen Technologien zugegebenermaßen noch ausgebaut werden muss) gewinnt jeder ein wenig: der Staat an der Steuer, die Autoren am Honorar, die Kunden am geringeren Preis und die Verlage und Händler (wenn der Markt denn einmal eine relevante Größe erreicht hat) an gesunkenen Kosten. Wie sich in dieser Konstellation, liebe Frau Zeh, irgendjemand „abgezockt“ fühlen soll, erschließt sich mir nicht.

Aber nehmen wir den Einwand noch einmal für einen Moment lang ernst: Was soll ein E-Book denn nun kosten? Eine gedruckte Neuerscheinung aus unserem Fachbuchprogramm kostet, sagen wir – € 24,90. Wie viel also soll das E-Book kosten, das parallel dazu angeboten wird? Den Verlagen wird dieser Tage häufig vorgehalten, die Musikindustrie habe doch die vermeidbaren Fehler alle schon einmal gemacht und mittlerweile ihre Lehren daraus gezogen. Sollten wir uns also an ihr orientieren? Machen wir die Probe und schauen uns eine nicht gerade entlegene Veröffentlichung an, von Madonna etwa. Deren aktuelles Album wird als physische CD von einem großen Versender für € 12,99 angeboten. Der Download des Albums beim Marktführer kostet EUR 10,99. Das sind, Moment, 15,4% weniger. Übertragen auf unser Buch würde das etwas über 21 Euro bedeuten. Kein guter Preis? Die Frage ist nicht rhetorisch: Was soll das E-Book kosten?

4 Kommentare
  1. Dietrich
    Dietrich sagte:

    Danke, lieber Herr Maul! Erfrischend einfach – größerer Komfort = höherer Wert = höherer Preis. Auch so kann man natürlich argumentieren. Das ist vermutlich (noch) eine Minderheitenmeinung, doch aus dem Munde eines Digital Native, Lesers und Autoren zugleich macht sie Hoffnung, dass es vielleicht doch nicht zwangsläufig zu einem Preiskampf auf Druck des Marktes kommen muss, der letztlich vor allem der Qualität der Produkte schaden wird. Hier sind die Verlage gefordert – wenn es ihnen gelingt, die elektronischen Bücher so komfortabel, hochwertig und, ahem, sexy zu machen, dass die Leserinnen und Leser sie wirklich haben wollen, wird der Verkaufspreis vielleicht gar keine so entscheidende Rolle mehr spielen.

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  2. Mathias Maul
    Mathias Maul sagte:

    Sie fragen: „Die Frage ist nicht rhetorisch: Was soll das E-Book kosten?“ — Für mich ist der Vorteil eines E-Books gegenüber der gedruckten Fassung so groß, dass ich dafür regelmäßig einen höheren Preis zahle als für die Papierversion.

    Wie groß war die Erleichterung, als ich im vergangenen Jahr mehrere Umzugskartons an Büchern an Reseller verkauft, den Rest verschenkt, und den Rest-Rest (also die, die nun wirklich niemand wollte) weggeworfen hatte! Jetzt habe ich alles wichtige digital, kann die Texte schnell durchsuchen, alles überall hin mitnehmen. Vielleicht schaffe ich es in diesem Jahr noch, das zweite Bücherregal zu verschrotten. Alles auf einem kleinen Speicherchip, wunderbar!

    Dass die Preise der meisten E-Books, die ich besitze (naja, genauer: deren Lizenz zum Lesen ich gekauft habe) meist *höher* sind als bei den gedruckten Fassungen, finde ich demnach gerechtfertigt; der Gewinn an Bequemlichkeit und Funktionsumfang zahlt sich für mich aus.

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  3. Dietrich
    Dietrich sagte:

    Vielen Dank für die Antwort! Mittlerweile sind wir so weit, dass alle Neuerscheinungen bei Junfermann parallel als gedrucktes Buch und als E-Book erscheinen (pdf und epub). Auch wichtige Teile unserer Backlist sind bereits verfügbar, monatlich kommen weitere Titel hinzu. Das aktuell knapp 50 Titel umfassende Angebot findet sich z.B. hier: https://junfermann.e-bookshelf.de/

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  4. M. Winter
    M. Winter sagte:

    Um die „nicht rhetorische Frage“ mal ganz subjektiv zu beantworten: Mit einem Preis, der 20 % unter dem für das gedruckte Buch liegt, greife ich gerne zum E-Book. Ich lasse mich aber wohl auch bei nur 15 % Ersparnis zum Kauf hinreißen, wenn es sich um ein Fachbuch handelt, das mich inhaltlich überzeugt und mir außerdem das „harte DRM“ erspart.

    Das führt mich gleich zu meiner – ebenfalls nicht rhetorischen – Frage: Wann darf ich mit mehr (bereits veröffentlichten) Junfermann-Büchern in Epub zu attraktiven Preisen rechnen?

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