In der kommenden Woche (ab dem 21.07.2014) erscheint bei uns ein Buch über Selbsthypnose für krebskranke Menschen: „Verborgene Kräfte wecken“. Die Autorin, Dr. Sigrun Kurz, hat dieses Buch nicht nur als Psychotherapeutin, sondern auch als Betroffene geschrieben. Im Interview berichtet sie uns von ihren Erfahrungen mit Hypnose und darüber, wie eine Krankheit den Blick auf die Welt verändert.
Liebe Frau Kurz, Sie sind Psychologische Psychotherapeutin in eigener Praxis. Zu Ihrem Arbeitsschwerpunkt gehört die Behandlung von Menschen mit schweren körperlichen oder chronischen Erkrankungen. Welche Erfahrungen haben Sie in diesem Kontext mit dem Einsatz von Hypnose gemacht?
Bei körperlichen oder chronischen Erkrankungen können wir auf sehr gute Weise von der Hypnose profitieren, denn diese Heilmethode wirkt nicht nur auf der seelischen Ebene sondern unterstützt stets auch den Körper. Eine Hypnose stärkt immer das Immunsystem und senkt die Stresshormone, also eine Förderung der Gesundheit. Hinzu kommt, dass eine Hypnosebehandlung für die Betroffenen sehr angenehm ist und als hilfreiche und fürsorgliche Zuwendung erlebt wird.
In Ihrem Buch „Verborgene Kräfte wecken“ richten Sie sich speziell an krebskranke Menschen, die mit Selbsthypnose den Heilungsverlauf unterstützen wollen. Was das Buch besonders persönlich macht, ist, dass Sie nicht nur als Psychologin, sondern auch als ehemals selbst Betroffene – gewissermaßen auf einer Augenhöhe – an Ihre Leser schreiben. Hat Ihre Erkrankung den Anstoß zu diesem Buch gegeben?
Ja, das war schon lange ein Wunsch von mir: all das hilfreiche Wissen und meine Erfahrungen weiterzugeben. Als dann Patientinnen mich um Hypnosetexte zur Anleitung baten, wurde dieser Wunsch konkret und ich begann, das Buch zu schreiben.
In einem Gespräch erwähnten Sie einmal, dass die Hypnoseanleitungen aus dem Buch letztendlich für jeden Menschen, auch für gesunde, eine Kraftquelle darstellen können. Welche Rolle spielt Hypnose für Sie persönlich heute, nach Ihrer Genesung, in Ihrem Alltag?
Eine ganze Reihe der Hypnosetexte aus meinem Buch kann tatsächlich für jeden Menschen hilfreich sein – auch für Gesunde. Stärkung der Lebenskraft, Ermutigung und Zuversicht können wir alle immer wieder gebrauchen. Ich selbst benutze Hypnose im Alltag sehr oft, manchmal für kleine oder größere Unpässlichkeiten, manchmal für die Erholung und oft einfach zur Stärkung.
Wenn Sie Ihre persönlichen und beruflichen Erfahrungen zusammennehmen: Was verändert sich durch eine Krebserkrankung?
Eine Krebserkrankung erinnert uns immer an die Begrenztheit unseres Lebens und unserer Möglichkeiten. Dadurch relativiert sich in unseren Werten so einiges. Die Bedeutungen verschieben sich. Was ist wirklich wichtig für mich, für mein Leben? Wir lernen, den Wert des Alltags und des Lebens selbst mehr zu schätzen. Durch eine schwere Erkrankung wie Krebs ist das vorher Selbstverständliche plötzlich wertvoll.
Im Buch gehen Sie absolut ehrlich, realistisch, aber auch Mut machend mit dem Thema Krebs um. Was sollen Ihre Leser vor allem mitnehmen? Was ist Ihnen wichtig zum Ausdruck zu bringen?
Das Wichtigste ist meiner Erfahrung nach zu lernen, auch mit schweren Dingen umzugehen, das Leben zu leben mit seinen Einschränkungen, aber auch all seinen Möglichkeiten. Auch wenn wir nicht wissen, was kommen wird. Aber: Wer weiß das schon? So wird der Augenblick, das Jetzt, das Heute, wichtiger. Erkrankungen sind oft mit einer Fixierung im Negativen verbunden. Mit meinem Buch möchte ich Wege zeigen, um aus dieser Problemtrance herauszukommen. Und es tut einfach gut, wenn wir merken, dass wir selbst mithilfe unserer Vorstellungskraft und unserer Phantasie etwas verändern können.
Krebs ist natürlich ein sehr persönliches und sicher auch Angst besetztes Thema, mit dem jeder anders umgeht. Aber was würden Sie sich für die öffentliche Diskussion/den öffentlichen Umgang damit wünschen?
Ich wünsche mir, dass das Thema Krebs in der Öffentlichkeit noch viel selbstverständlicher vorkommen dürfte, ohne Panik und ohne Sensationslust. Es wäre gut, wenn es noch weniger Tabus zu dieser Krankheit gäbe, einer Krankheit, die so viele Menschen bekommen. Dann würden sich viele Betroffene weniger einsam fühlen müssen.
Ich habe Sie während der Arbeit an diesem Buch als eine sehr selbstbewusste, energiegeladene und auch humorvolle Frau kennengelernt. Verraten Sie uns, wie Sie – einmal abgesehen von Hypnose – Ihre Batterien wieder auftanken und Zuversicht bewahren? Haben Sie eine Art Wohlfühlrezept?
Ich bemühe mich um eine möglichst ausgewogene Balance von Aktivität und Entspannung, passend zu meinen persönlichen Erfordernissen. Aber ich muss zugeben, dass mir das natürlich nicht immer gelingt. Besonders wichtig ist für mich, immer wieder meine Aufmerksamkeit auf das Positive, auf die Möglichkeiten zu lenken, statt über Einschränkungen und das Negative zu grübeln. Es gibt ein Sprichwort, das ich als Leitsatz sehr hilfreich finde: Wenn dir das Leben Zitronen schenkt, mach Limonade daraus. Also: Nutze das, was da ist, und lebe damit – so gut es nur geht.
Liebe Frau Kurz, vielen Dank für das Interview. Ich bin sicher, dass das Buch vielen Betroffenen eine Hilfe sein wird.