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Ghita Benaguid und Hiltrud Bierbaum-Luttermann über … klinische Hypnose und Hypnotherapie

Die Anwendung hypnotherapeutischer Methoden in therapeutischen und Beratungskontexten hat in den letzten Jahren stetig zugenommen. Verschiedene Therapierichtungen wie beispielsweise die Verhaltenstherapie nutzen hypnotherapeutische Methoden als Tools zur Intensivierung ihrer Vorgehensweisen. Als Konzept mit einer klient:innen- und entwicklungsorientierten Grundhaltung, die unter anderem von Milton Ericksons Ansatz der modernen Hypnose und Hypnotherapie geprägt ist, hat sich die Hypnotherapie jedoch auch als eigenständiger Ansatz bei der Behandlung verschiedenster psychischer und psychosomatischer Störungsbilder bewährt.

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Ausgangspunkt Selbstfürsorge

Nur wer gut für sich sorgt, der kann auch gut für andere sorgen …

Die Arbeit mit Menschen ist meist schlecht bezahlt und eng getaktet, die Gefahr der Überlastung und des Burnouts ist hoch. Wie kann die Freude an der Arbeit und am Leben erhalten werden angesichts äußerer Zwänge und emotionaler wie körperlicher Herausforderungen?

In ihrem neuen Buch Ausgangspunkt Selbstfürsorge: Strategien und Übungen für den psychosozialen Alltag zeigen Lydia Hantke und Hans-Joachim Görges, wie Psychohygiene während der Arbeit gelingen, wie ein spielerischer und kreativer Umgang mit Stress und Überforderung aussehen kann.

 

Liebe Frau Hantke, lieber Herr Görges, worum genau geht es in Ihrem Buch?

Lydia Hantke: Ganz einfach: Es geht darum, das hektische, überladene, hoch anforderungsreiche und allzu oft miserabel personell ausgestattete Leben im psychosozialen Alltag unbeschadet zu überstehen. Es geht um die Befähigung, Burnout zu vermeiden und sich jeden Tag neu zu entscheiden, wie man*frau wieder zu Kräften kommen will. Damit die Arbeit (weiter/wieder/endlich) Spaß macht – oder man eine bessere Entscheidungsgrundlage hat, den Job zu wechseln.

 

Für wen wird dieses Buch interessant sein?

Hans-Joachim Görges: Zielgruppe für unser neues Buch sind all jene, die mit anderen Menschen arbeiten, ob ehrenamtlich oder hauptberuflich, sporadisch oder 60 Stunden in der Woche – Letztere aber vielleicht ganz besonders. Es kann auch die Fachverkäufer*in für Herrenmode oder eine Frisör*in von unserem Buch profitieren, es richtet sich an Menschen im Kontakt mit Menschen. Oft findet der im psychosozialen Bereich statt. Dadurch ist der Titel motiviert und die Beispiele zeigen Menschen, deren Arbeitsalltag wir besser kennen: Menschen, die als Erzieher*in oder Leitungskraft im Jugendamt, Psychotherapeut*in oder Heilpädagog*in, Hebamme oder Sozialarbeiter*in oder in der Lehre … arbeiten.

Was enthält das Buch?

Lydia Hantke: Wer das Handbuch Traumakompetenz kennt, weiß, dass wir gerne grundsätzlich werden, ohne viel Theorie aufzufahren: Es geht um die Frage, warum es gerade im psychosozialen Bereich so wichtig und gleichzeitig so schwierig ist, auf sich zu achten. Es geht um Strukturen und die Entscheidung, etwas für sich zu tun, auch wenn man*frau dadurch noch belastungsfähiger zu werden droht. Und es geht um jede Menge Übungen, die man ohne viel Aufwand mal nebenher durchführen kann. Außerdem eignet sich das Buch hervorragend als Abstellplatz für Kaffeetassen, um auch die Kolleg*innen ganz subtil darauf hinzuweisen, dass Selbstfürsorge der Ausgangspunkt in ihrer Arbeit sein sollte.

Wie ist das Buch aufgebaut?

Hans-Joachim Görges: Zu Anfang gibt es ein paar kurze, ernst gemeinte, aber auch launige Kapitel zu den Themen Ausbeutung in der psychosozialen Arbeit, Work-Life-Balance und „Werkzeugkunde“, womit wir eine Einführung in die Verarbeitung von Belastungen meinen. Aus der Traumaverarbeitung haben wir gelernt, wie Dynamiken sich im Stress wiederholen – aber auch, wie man sie anders angehen kann. Zentraler Ansatzpunkt ist dann, wie wir die Spannung, die sich in uns aufbaut, wieder loswerden, sie regulieren können. Oder ein angemessenes Aktionsniveau erst aufbauen. Das untersuchen wir an den verschiedenen Abschnitten im Arbeitssetting: auf dem Weg, während und nach der Arbeit. Und wir erläutern an Beispielen und mit sehr vielen eingestreuten Übungen und Checklisten, wie man*frau es sich besser gehen lassen kann. Aber auch die inneren Schweinehunde und andere Hindernisse bei der Selbstfürsorge kommen zu Wort. Im Abschlusskapitel „Seele putzen und Körperpflege“ steht, dass weniger oft mehr ist und eigentlich alles mit dem Atmen anfängt – und das Buch hier aufhört. Ach nein, es gibt dann noch eine kleine, aber feine, rein subjektiv kommentierte Literaturliste.

Worauf ist zu achten?

Lydia Hantke: Wir haben ein Buch geschrieben, in dem es um die Selbstfürsorge während der Arbeit geht. Das klingt ein wenig widersprüchlich, und ist auch so gemeint. Es könnte durchaus auch unbequem werden, unsere Argumentationen nachzuvollziehen. Denn wir gehen davon aus, dass vieles nicht stimmt mit Personalschlüssel, Bezahlung und Verantwortungsstrukturen innerhalb der beschriebenen Arbeitsfelder. Aber wir sind auch der Ansicht, dass es effektiver ist, es sich auch unter solchen Umständen erst einmal besser gehen zu lassen. Und dann auf einer stabileren Grundlage zu entscheiden, ob man sich nicht vielleicht doch einen anderen Job suchen sollte. Wir verfechten hier also eine akzeptierende Form des Widerstands: Erst wenn wir Menschen dort stärken, wo sie sind, haben sie die Kraft, Struktur und System zu verändern – wenn sie sich denn dafür entscheiden. Das gilt für unser Klientel, aber eben auch für uns selbst.

Ihre Botschaft, die Sie den Leser*innen mit auf den Weg geben möchten

Hans-Joachim Görges: Wir im psychosozialen Bereich, aber auch alle, die an anderer Stelle mit Menschen arbeiten (im Callcenter, in der Bank, in der Mitarbeiter*innenführung …), haben nur uns selbst als „Arbeitsmittel“.

Lydia Hantke: Damit Körper und Geist uns auch nach der Arbeit noch zur Verfügung stehen, sollten wir sie in angemessener Weise nutzen und die Zusammenarbeit zwischen den beiden Bereichen fördern. Dann geht selbst die Arbeit angenehmer von der Hand.

 

Vielen Dank für das Gespräch!

 

Über die Autorin

Lydia Hantke, Dipl.-Psych., ist systemische und Hypnotherapeutin, Traumatherapeutin, Supervisorin. 2002 gründete sie das institut berlin. Sie entwickelte die Curricula Traumazentrierte Fachberatung/Traumapädagogik und Strukturierte Traumaintegration stib.

Über den Autor

Hans-Joachim Görges, Dipl.-Psych., ist systemischer und Hypnotherapeut, Traumatherapeut, Lehrtherapeut (SG) für systemische Therapie und Beratung. Seit 2005 arbeitet er freiberuflich im institut berlin.

 

Wenn die Lust zur Sucht wird

Verhaltenssucht ist eine mit hohen Kosten verbundene Bewältigungsstrategie

Nicht nur Drogen, sondern auch Verhaltensweisen können süchtig machen. Und diese sogenannten Verhaltenssüchte gehen auf Dauer mit verheerenden gesundheitlichen und sozialen Schäden einher. Mit dem Selbsthilfebuch Ausstieg aus Verhaltenssüchten von Julia Arnhold und Hannah Hoppe können Betroffene auf Grundlage des schematherapeutischen Ansatzes und mithilfe von Reflexions- und Entspannungsübungen lernen, ihre wahren Gefühle und Bedürfnisse wahrzunehmen. Sie erarbeiten sich Schritt für Schritt Strategien, mit den Herausforderungen des Lebens konstruktiv umzugehen, anstatt sie durch eine Flucht in die Verhaltenssucht zu kompensieren.

 

 Liebe Frau Arnhold, liebe Frau Hoppe, worum genau geht es in Ihrem Buch?

Julia Arnhold: Das Buch versteht Verhaltenssucht in den meisten Fällen als einen ursprünglich hilfreichen (unbewusst entwickelten) Versuch eines Menschen, unangenehme beziehungsweise schmerzhafte Gefühle zu betäuben oder sich von ihnen abzulenken, also als ehemals sinnvolle, heute aber mit hohen Kosten verbundene Bewältigungsstrategie. Das Ziel muss sein, die Betäubung oder Ablenkung schrittweise zu ersetzen durch bewusstes Hinwenden zu den eigenen Gefühlen, um die darunter liegenden Bedürfnisse angemessen zu befriedigen (was die Sucht niemals können wird). Hierfür bietet das Buch eine empathisch begleitende Anleitung.

Verhaltenssucht kann – schematherapeutisch betrachtet – auch noch einen anderen Hintergrund haben, dem im Buch ein eigenes Kapitel gewidmet ist: Menschen, die in ihrer frühen Entwicklung keine Gelegenheit hatten zu lernen, wie man Langeweile und Routinen gut aushält und Impulse reguliert, sind ebenfalls gefährdet, in suchtartiges Verhalten zu verfallen. Diesen Menschen erlaubt das Buch einfühlsam die notwendige Selbstreflexion und zeigt Möglichkeiten auf, Impulse zu kontrollieren und sich von unliebsamen Tätigkeiten im Alltag weniger schrecken zu lassen. Auch hier setzen wir auf das Prinzip der empathisch begleitenden Anleitung.

Hannah Hoppe: In erster Linie ist das Buch ein Leitfaden zur Selbsthilfe für Menschen, die sich als süchtig nach Internet, Gaming, Wetten, Sex, Sport, Shopping oder Arbeit einschätzen oder sich fragen, ob ihr Verhalten Suchtcharakter haben könnte. Es geht um Verhaltensweisen aus den genannten Bereichen, die zu viel Zeit in Anspruch nehmen, die von anderen wichtigen Aktivitäten oder sozialen Kontakten abhalten, die zu finanziellen Engpässen, gesundheitlichen oder sozialen Problemen führen oder die von dem unguten Gefühl begleitet sind, dass man es einfach nicht lassen kann.

Das Buch gibt wichtige Hintergrundinformationen und begleitet den Leser dabei, die eigenen Schwierigkeiten zu ergründen, einzuordnen und schließlich ganz aktiv konkrete Veränderungsschritte zu gehen. Die angeleiteten schematherapeutischen Methoden sind nachhaltig wirksam und effektiv. In der psychotherapeutischen Praxis finden sie  großen Anklang bei den Ratsuchenden. Unser Buch ist als Begleitung während einer Therapie geeignet, aber auch zur selbstständigen Anwendung.

Für wen wird dieses Buch interessant sein?

Julia Arnhold: Neben Betroffenen sind auch Angehörige, also Partner, Familienmitglieder und Freunde, angesprochen.

Hannah Hoppe: Darüber hinaus empfehlen wir als Lehrpraxeninhaberinnen und Ausbilderinnen das Buch auch Kolleg*innen in Ausbildung (Psychotherapie) oder Weiterbildung (Schematherapie).

Wie ist das Buch aufgebaut?

Hannah Hoppe: Nach einem einführenden Teil zu Definition und Hintergründen von Verhaltenssüchten sowie den Grundlagen zu Emotionen, Bedürfnissen und dem Modusmodell wird der Leser Schritt für Schritt dabei begleitet, die eigenen Schwierigkeiten (und Ressourcen!) zu ergründen und einzuordnen. Ein eigener Abschnitt widmet sich dem Umgang mit innerer Ambivalenz gegenüber Veränderung, die bei Sucht im Allgemeinen sehr häufig auftritt und sozusagen „dazugehört“.

Julia Arnhold: Das eigentliche Kernstück des Buches ist zum einen die Hinleitung dazu, eigene innere Anteile zu ergründen und ihr Zusammenspiel zu verstehen. Eine besondere Rolle dabei spielen schädliche innere Botschaften, die als eine Voraussetzung für die Überwindung der Verhaltenssucht verändert werden. Zum anderen werden konkrete Schritte zu eben dieser Überwindung dargestellt und angeleitet bzw. begleitet. Die abschließenden Kapitel widmen sich weiterführenden Hilfsmöglichkeiten, Umgang mit Rückfällen und der Rolle von Partnern, Familie und Freunden im Spannungsfeld zwischen Unterstützung und Co-Abhängigkeit.

Was enthält es noch?

Julia Arnhold: Neben einer fundierten Einführung in die Bedeutung menschlicher Emotionen und Grundbedürfnisse sowie in das schematherapeutische Modusmodell enthält das Buch eine Anleitung für den Leser, um sein eigenes Verhalten einzuordnen und in seinen größeren Zusammenhängen zu verstehen. Dies sowohl mit Bezug zur eigenen Biografie (Kindheit und Jugend) als auch zu den aktuellen Lebensumständen.

Hannah Hoppe: Mithilfe von Imaginationsübungen werden diese Zusammenhänge nicht nur kognitiv verstehbar, sondern auch emotional spürbar, was eine unerlässliche Voraussetzung für nachhaltige Veränderung ist. Diese Übungen können angeleitet mit einer dem Buch beigefügten Audio-CD durchgeführt werden.

Sogenannte Stuhldialoge als weitere aktive Übungen helfen dem Leser dabei, diese wichtigen Erkenntnisse zu vertiefen und in aktives Handeln umzusetzen. Darüber hinaus gibt es den Veränderungsprozess unterstützende Übungen, zum Beispiel aus dem Bereich Achtsamkeit.

Worauf ist zu achten?

Julia Arnhold: Wie alle Veränderungen brauchen auch die im Buch beschriebenen Wege den entschiedenen Einsatz von Zeit und Energie und das Commitment, die Wege auch tatsächlich zu gehen. Die von uns aufgezeigten Wege sind nicht einfach, aber sie sind gangbar und sicher.

Manchmal reicht aber auch der volle persönliche Einsatz nicht, weil womöglich zu viele Lebensbereiche bereits beeinträchtigt sind oder neben der Verhaltenssucht noch andere seelische Probleme vorliegen. Dann braucht es einen unmittelbaren Begleiter statt der mittelbaren Begleitung durch uns Autorinnen. Der Ratgeber unterstützt den Leser daher auch dabei festzustellen, ob er weitergehende, über Selbsthilfe hinausgehende Hilfe benötigt und wie er diese findet.

Ihre Botschaft, die Sie den Leser*innen mit auf den Weg geben möchten.

Julia Arnhold: Unsere Botschaft haben wir in einem Zitat von Christian Morgenstern so schön in Worte gefasst gefunden, dass wir diese Zeilen auch dem Buch vorangestellt haben: „Wir brauchen nicht so fortzuleben, wie wir gestern gelebt haben. Machen wir uns von dieser Anschauung los, und tausend Möglichkeiten laden uns zu neuem Leben ein.“

Hannah Hoppe: Veränderung ist möglich! Und sie ist vielversprechend!

Vielen Dank für das Gespräch!

 

Über die Autorinnen

Dr. Julia Arnhold ist Verhaltens- und Schematherapeutin in eigener Praxis in Berlin. Weitere Informationen erhalten Sie hier.

Hannah Hoppe ist Verhaltens- und Schematherapeutin in eigener Praxis in Köln und Leiterin des Schematherapie-Instituts Rhein-Ruhr sowie einer Lehrpraxis für Verhaltenstherapie in Köln.

Die Kraft von Imaginationen

Ein Workshop zum Thema: „Standhaft und beweglich wie ein Baum“

Von Antje Abram

Die Vorstellungskraft ist ein überaus wichtiges Hilfsmittel für Menschen, denn sie kreiert innere Bilder des nicht wirklich Realen. Das mag vielleicht erst einmal selbstverständlich klingen, ist es aber nicht! Die allermeisten Lebewesen nehmen mit ihren Sinnesorganen auf, was gerade in der Realität passiert. Der Mensch hingegen kann alles Mögliche imaginieren, von umfassenden Fantasiewelten bis hin zu komplexen Konstruktionen. Im Coaching und in der Therapie werden Imaginationen dazu genutzt, mental zu „trainieren“, sei es, um sich besser zu entspannen, mehr Sicherheit zu entwickeln, den Umgang mit Ängsten oder Trauer zu erlernen oder auch um Selbstheilungskräfte bei Krankheit zu fördern.

Nachfolgend finden Sie einen Bericht zu dem von mir geleiteten Workshop „Standhaft und beweglich wie ein Baum“ mit dem Schwerpunkt Stabilität und Flexibilität. Sie sind herzlich eingeladen, die Imaginationsübung selbst auszuprobieren!

***

Bäume sind für mich sehr faszinierend, denn sie vereinen in hohem Maße Stabilität und Flexibilität. Betrachten Sie doch einmal einen Baum bei starkem Wind, wie er sich wiegt und geschmeidig mit der Kraft des Windes „mitschwingt“, und wie gleichzeitig eine tiefe Verwurzelung mit der Erde existiert, mit einer sicheren Verbundenheit mit dem Boden. Es handelt sich für mich um den Idealzustand des Seins – für Bäume und Menschen!

Moni Baum 2

Dies hat mich zu dem Workshop „Standhaft und beweglich wie ein Baum“ inspiriert, eine Kombination von Körperübungen und Imaginationen.

Die Basis bildet die Standhaftigkeit, die Erdung, die Verwurzelung. In der Bioenergetik wird es „grounding“ genannt. Die Erde vermittelt Sicherheit, sie trägt uns. So verwende ich einige Zeit mit den Teilnehmern darauf, die eigenen Füße zu spüren: im Stand und in Bewegung. Welche Teile des Fußes sind direkt mit dem Boden verbunden? Welche Region des Fußes trägt das meiste Körpergewicht? Wie verändert sich meine Balance, wenn die Beine durchgedrückt sind oder, zum Vergleich, die Knie leicht gebeugt sind? Wie wirkt sich die gesamte Körperhaltung auf den Stand und die Füße aus?

Nachdem alle Teilnehmer einen guten Kontakt zu ihren Füßen und dem Boden gefunden haben, kann die Imaginationsübung im Stand beginnen:

„Spüre den Kontakt zum Boden mit deinen Füßen.

Deine Füße, die dich gut und kraftvoll tragen.

Stelle dir nun vor, aus deinen Füßen heraus wachsen Wurzeln in den Boden, genau wie ein Baum Wurzeln hat, die ihn fest und sicher in der Erde verankern.

Lasse die Wurzeln immer tiefer in den Boden hineinwachsen. Vielleicht wachsen deine Wurzeln auch mehr in die Breite. Wo die Wurzeln auch immer sein mögen, sie geben dir Stabilität und Sicherheit. Und sie versorgen den Baum mit Nährstoffen.

Fange nun an, dich sehr sanft zu wiegen, wie ein Baum im Wind. Nehme dabei deine Wurzeln wahr, deine Verbundenheit mit dem Boden.

Spüre die Sicherheit, die deine Wurzeln dir geben, und die Kraft, die du als Baum hast.

Wenn du dich gut verwurzelt fühlst, dann lasse deine Bewegungen größer werden. Stelle dir dabei vor, wie mehr Wind aufkommt und an deinen Ästen und Zweigen zieht. Nimm wahr, was du für ein Baum bist: groß oder klein, ein Laubbaum oder ein Nadelbaum, mit Knospen oder Früchten ausgestattet, vielleicht mit Tieren, die auf dir wohnen? Spüre dich als Baum in der Bewegung des Windes. Nimm gerne deine Arme hinzu, die die Äste und Zweige symbolisieren können.

Und vielleicht kommt noch mehr Wind auf, er zerrt regelrecht an dir. Du spürst die Wichtigkeit deiner Wurzeln, deine Standhaftigkeit.

Du spürst ebenso die Flexibilität des Holzes, die Fähigkeit, sich mit dem Wind zu biegen, deine Geschmeidigkeit. Es ist fast wie ein Fließen im Wind, eine Einheit mit den Elementen der Natur.

Und jetzt wird der Wind wieder weniger, deine Bewegungen beruhigen sich.

Wenn du magst, dann tritt innerlich aus dir selbst als Baum hinaus und gehe in deiner Vorstellung einige Schritte zurück. Du schaust dir diesen Baum genau an, so, als würdest du innerlich ein Foto davon machen. Dieses Foto zeigt aber nicht nur, was du sehen kannst, sondern auch, was du hörst. Vielleicht ein leises Knarren des Holzes oder das Rauschen der Blätter im Wind. Und auch Gerüche kommen in diesem Foto vor, dem Foto der Sinne. Wie riecht dieser Baum? Und jetzt nimmst du auch wahr, in welcher Umgebung du stehst, wie sieht es dort aus? Gibt es noch andere Bäume oder Pflanzen? Existieren irgendwelche besonderen Dinge um dich herum?

Und nun gehst du in deiner Vorstellung wieder zu deinem Baum zurück, zu dir zurück, und wirst wieder eins mit ihm. Du fühlst wieder deine verwurzelten Füße, du nimmst wieder wahr, wie es sich anfühlt, ein Baum zu sein.

Und wieder beobachtest du die Ausgewogenheit von Stabilität und Flexibilität in dir.

Mache nun freie Bewegungen als Baum, was immer du möchtest. Spüre tief hinein. Vielleicht möchtest du auch deinen Platz hier im Raum verändern, beispielsweise näher an andere Bäume heran, oder auch weiter weg. Folge ganz deinen Impulsen.

(Einige Minuten Zeit lassen)

Und pendele dich nun wieder in der Mitte ein, lass die Bewegungen ausklingen und spüre nach.

Wenn du gleich die Augen öffnest, werde ich dir Papier und Stifte geben, und du hast Gelegenheit deinen Baum zu malen. Wenn du mit dem Malen nicht so viel anfangen kannst, dann besteht auch die Möglichkeit, den Baum mit Worten zu beschreiben, vielleicht auch mit Geräuschen oder einer Melodie. Finde deine individuelle Ausdrucksmöglichkeit.“

***

Anschließend malen die Teilnehmer in Ruhe Ihre Bäume. Danach besprechen wir die Bilder. Bei allen ist innerlich einiges in Bewegung gekommen!

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Dreißig Imaginationsübungen sowie psychologisches und neurobiologisches Hintergrundwissen finden Sie in meinem Buch Imaginationen (2017).

abram_2_2008  Über die Autorin:

Antje Abram ist Diplom-Sportlehrerin für Behindertensport und Rehabilitation, Gestalttherapeutin und Systemische Familientherapeutin und arbeitet seit 1998 in eigener Praxis.

Weitere Informationen erhalten Sie hier.

Emotionales Gedächtnis: ausschlaggebend für Kreativität und Intelligenz

Unsere Einbildungskraft ist die bedeutsamste Eigenschaft in uns – nutzen wir sie!

Von Daniel Paasch

Stimmungsforscher bestätigen, dass sich Gefühle mit relativ einfachen Mitteln positiv steuern lassen und Emotionen einen bedeutsamen Einfluss auf die Kognitionsfähigkeit und das Handeln haben. Mit gezieltem und kindgerechtem Mentaltraining können wir diesen Umstand für das Wohlergehen und die Lernbereitschaft von Heranwachsenden nutzen.

 

Wann haben Sie das letzte Mal einen Roman oder eine Erzählung gelesen? Können Sie sich noch daran erinnern, wie Sie mit den Schilderungen oder den Erlebnissen der Protagonisten mitgegangen sind? Konnten Sie während des Lesens beispielsweise die Beschreibungen der Landschaften oder Orte nachvollziehen, und sehen Sie diese vielleicht gerade wieder vor Ihrem geistigen Auge?

Wenn Sie diese Fragen mit Ja beantworten und Ihnen Details des Gelesenen problemlos wieder einfallen, so haben Sie das höchstwahrscheinlich Ihren Emotionen zu verdanken, die Sie während des Lesens mehr oder weniger intensiv empfunden haben. Gefühle tragen nämlich wesentlich dazu bei, Informationen zu verarbeiten und abzuspeichern.

Der Faktor Zeit scheint dabei weitgehend unerheblich zu sein. Es ist schon erstaunlich: Wir Menschen sind in der Lage, uns an Ereignisse zu erinnern, die lange Jahre zurückliegen. Den Inhalt unseres Lieblingsbuches können wir selbst nach langer Zeit immer noch korrekt wiedergeben.

Erinnerungen schaffen Orientierung

Ungefähr mit Beginn des dritten Lebensjahres bildet sich bei den meisten Menschen ein dauerhaftes Erinnerungsvermögen aus, welches mit zunehmendem Alter immer ausgeprägter wird. Ab dieser Phase beginnen wir, unsere Welt über unsere Erfahrungen zu verstehen und in ihr zu navigieren. Unsere Erinnerungen sind uns dabei eine wertvolle Hilfe.

Der erste Kuss, der Urlaub mit Freunden, Sonnenuntergänge am Strand oder das Konzert unseres Lieblingskünstlers mögen solche Begebenheiten sein, an die wir uns mühelos erinnern können. Vergleichbar einer Perlenkette reihen sich die Episoden unseres Lebens aneinander und bilden unsere ganz persönliche Biografie. Jedoch wäre das alles ohne die zugehörigen Gefühle nicht möglich. Beim Abspeichern von Lerninhalten sind sie eine Art Transportmittel. Jede Information wird mit einem Gefühl gemarkert, über welches wir sie blitzschnell wieder abrufen können, wenn es erforderlich ist. Informationen, denen wir lediglich einen geringen emotionalen Stellenwert zuweisen, haben keine guten Chancen, dauerhaft in unserem Gedächtnis zu bleiben.

Wahrscheinlich haben Sie schon mal etwas von dem sogenannten emotionalen Gedächtnis gehört. Es sorgt dafür, dass alle über unsere fünf Sinne aufgenommenen Informationen mit Erlebnissen aus der Vergangenheit verglichen und bewertet werden. Je stärker das emotionale Empfinden ist, was so ziemlich auf alle Ereignisse zutrifft, die wir in unserer Kindheit oder Jugend erlebten, desto tiefer prägt sich die Erfahrung in unser Gedächtnis ein.[1] Das gilt für positive Erlebnisse ebenso wie für negative.

Aus Studien wissen wir, dass bei besonders emotionalen Ereignissen verschiedene Botenstoffe in unserem Gehirn ausgeschüttet werden, die die Stärkung oder auch die Neubildung von neuronalen Verbindungen fördern. Damit ist ein zentraler Vorgang der Gedächtnisbildung insgesamt aufgezeigt. In einer kurzen Formel zusammengefasst könnte man also sagen: Stark emotional aufgeladene Informationen werden länger und leichter erinnert.

Intrinsische Motivation für den schulischen Erfolg

Aus pädagogischer Sicht macht es Sinn, den Vorgang des (schulischen) Lernens einmal unter dem gerade dargestellten Gesichtspunkt (emotionales Gedächtnis) zu betrachten. In Vorträgen frage ich immer gerne, über wie viel Prozent des gesamten Schulwissens die anwesenden erwachsenen Zuhörer noch zu verfügen glauben. Die meisten Antworten fallen eher verhalten aus und liegen zwischen zehn und 20 Prozent. Wie schätzen Sie sich ein?

Tatsächlich gehen Lernverhaltensforscher davon aus, dass weitaus weniger als zehn Prozent des einmal Gelernten in unserem Gedächtnis abrufbar ist. Erkundige ich mich im Weiteren nach den ehemaligen Lieblingsfächern, erhalte ich ein völlig anderes Bild. Hier verfügen die meisten Menschen über umfangreichere Kenntnisse. Die Anwesenden staunen oft selbst darüber, welches Wissen noch vorhanden ist. Den Lieblingsfächern wurde eine größere Sympathie entgegengebracht. Sympathie ist aber nichts anderes als eine positive Emotion. Wie wäre es also, wenn es uns gelingen würde, unseren Kindern bzw. unseren Schülern mehr gute Gefühle in Bezug auf Schule und Lernen zu vermitteln?

Positive Emotionen aktivieren uns. Sie verschaffen uns den erforderlichen Antrieb, auf etwas hin zu arbeiten. Haben wir uns ein Ziel gesetzt, welches wir unbedingt erreichen wollen, so ist es das Gefühl der Vorfreude, das uns weitermachen lässt – trotz aller Widrigkeiten, mit denen wir eventuell konfrontiert werden. Im Fachjargon wird dieses Phänomen intrinsische Motivation genannt. Der Antrieb, etwas erreichen zu wollen, kommt aus uns selbst heraus und ist – im Gegensatz zur extrinsischen Motivation – frei von den Erwartungshaltungen Dritter.

An dieser Stelle möchte ich Ihre Aufmerksamkeit aber nochmals auf das Wort Vorfreude lenken. Offensichtlich sind wir in der Lage, uns auf ein Ereignis oder einen Zustand zu freuen, dessen Erreichen irgendwann in der Zukunft liegt. Aus der Gegenwart heraus, machen wir uns also ein Bild von etwas, von dem wir gar nicht wissen, ob es überhaupt in dieser oder jener Form geschehen wird. Rational betrachtet ist das schon ein wenig paradox. Haben wir doch seit der Aufklärung gelernt, dass wir uns am besten nur auf das verlassen, was greifbar oder zumindest rational erklärbar ist. Entscheidungsgrundlage im Geschäftsleben sind meist die harten Fakten. Emotionen haben da nichts zu suchen!

Frühzeitig und in gut gemeinter Absicht vermitteln wir diesen Grundsatz auch unseren Kindern. Analytisches Denken auf Grundlager rationaler Erkenntnisse bestimmt das Handeln und steht gemeinhin für Erfolg.

Um richtig verstanden zu werden: Rationales Denken ist in der Tat sinnvoll und gut. Wir benötigen faktisches Wissen, um zum Beispiel eine Entscheidungsgrundlage zu erhalten. Und dennoch brauchen wir gleichfalls die Vorstellungskraft. Sie erlaubt uns erst den Blick auf das, was es zu erreichen gilt. Und erst die guten Gefühle, die mit der Vorstellung verbunden sind, machen aus einem Ziel unser Ziel.

Aus gutem Grund haben wir uns also die Eigenschaft bewahrt, uns etwas vorstellen zu können, unseren Gedanken freien Lauf zu lassen – wenn wir es denn zulassen.

Die meisten Menschen schweifen während eines Tages gedanklich immer wieder einmal von ihrer eigentlichen Tätigkeit ab. Ihre Aufmerksamkeit richten sie dabei beispielsweise auf den nächsten Urlaub oder das romantische Abendessen, das am Abend mit dem Partner genossen werden soll. Dieser kleine Reset unseres Gehirns verschafft uns augenblicklich eine bessere Stimmung – vorausgesetzt, wir denken dabei an angenehme Dinge. Dabei spielt eine positive Grundhaltung natürlich eine wichtige Rolle. Überwiegend positiv gestimmte Menschen sind im Vergleich zu chronischen Grüblern gesünder. – Und hier setzt das Mentaltraining an. Es trainiert das Vorstellungsvermögen und versetzt uns in einen positiven Zustand. Neben den zahlreichen Vorteilen wie etwa der besseren Konzentration oder dem ausgeprägten Sozialverhalten sind Menschen mit einem guten Vorstellungsvermögen kreativer. Kreativität wiederum verhilft dazu, andere Lösungsansätze für Herausforderungen in Überlegungen mit einzubeziehen. Der berühmte Blick über den Tellerrand wird mittels Kreativität erst möglich. Eine positive Vorstellung von etwas weckt in uns das Verlangen, ein Objekt oder einen Zustand auch tatsächlich zu erhalten. Und hier ist sie wieder: die intrinsische Motivation.

Mentale Vitaminspritzen für den besten Start ins Leben

Kindern und Jugendlichen regelmäßig mentale Trainings angedeihen zu lassen, macht also durchaus Sinn. Umso mehr, weil die Durchführung denkbar einfach ist. Schon die regelmäßige und wahrheitsgemäße Aussage, dass Ihr Kind einzigartig ist und daher Ihr uneingeschränktes Vertrauen genießt, ist eine mentale Vitaminspritze. Probieren Sie es aus und beobachten Sie selbst, wie das Selbstvertrauen Ihres Kindes wächst.

Mentaltrainings in der Schule helfen dabei, Probleme in annehmbare Herausforderungen zu verwandeln. Das Lernen für ein ungeliebtes Fach mag dadurch nicht zwangsläufig zu einer Herzensangelegenheit werden. Doch es wird weniger belastend sein, und der Einstieg fällt dem Kind oder Jugendlichen leichter. Mit den ersten Erfolgen kommt es dann zu einer positiven Rückkopplung: Das gute Feedback wirkt sich selbstverstärkend aus, die Bemühungen haben sich gelohnt. Diese geistigen Referenzen sind es, die für eine kontinuierliche Fortsetzung des Lernens sorgen können. Das positive emotionale Feedback bleibt als Erfahrungswert in unserer Erinnerung beständig.

„Nicht unser Wille, sondern unsere Einbildungskraft, die Fähigkeit, sich etwas glauben zu machen, ist die bedeutsamste Eigenschaft in uns.“

Diese erstaunliche Aussage des französischen Apothekers, Autors und Begründer der modernen Autosuggestion Émile Coué, ruft gerne mal den Skeptiker in uns auf den Plan. Vertreten wir doch die Ansicht, vernunftbetonte und rational denkende Menschen zu sein.

Und so wird mir in Zusammenhang mit der positiven Wirkung von Mentaltrainings oft der Einwand entgegengebracht, dass man sich über den Tag verteilt ja alle möglichen Gedanken mache und zusätzlich noch über eine Vielzahl unterschiedlichster Emotionen verfüge. Daher könne man sich nicht vorstellen, dass Mentaltraining wirklich so effektiv funktioniere. Wie bei so vielen Dingen des Lebens stellt sich eben auch in dieser Hinsicht die Frage nach der Intensität und dem Willen, sich auf etwas einzulassen. In diesem Zusammenhang habe ich selbst auf einem wunderbaren Seminar eine Übung kennenlernen dürfen, die ich Ihnen hier vorstellen möchte. Sie belegt Coués Aussage auf verblüffende Weise:

  1. Um die Wirkung Ihrer eigenen Vorstellungskraft einfach nachvollziehen zu können, begeben Sie sich bitte in einen geschlossenen Raum. Vorteilhaft wäre es, wenn dieses Zimmer über eine weiße Wand verfügte. Besorgen Sie sich im Vorfeld etwas farbiges Klebeband, welches Sie im Anschluss an diese Übung wieder leicht und rückstandslos von der Wand entfernen können.
  2. Stellen Sie sich nun vor besagte Wand und richten Sie Ihren Blick geradeaus. Hilfreich ist es, wenn Sie dabei einen bestimmten Punkt fixieren, beispielsweise die Klinke einer Tür oder eben eine farbliche Markierung. Beide Füße sollten parallel und dicht nebeneinander stehen. Ihr gesamter Körper ist gerade und aufrecht. Merken Sie sich bitte auch exakt den Punkt, auf dem Sie nun stehen, damit wir ein gutes Vergleichsergebnis erhalten.
  3. Führen Sie nun beide Hände vor Ihrem Oberkörper zusammen, sodass sich die Handinnenflächen berühren. Die Arme sind dabei möglichst gerade. Idealerweise zeigen nun auch Ihre Arme auf den auf der Wand markierten oder gemerkten Punkt.

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  1. Drehen Sie nun Ihren Oberkörper in eine beliebige Richtung. Diese muss aber beibehalten werden. Dabei drehen sich natürlich auch Ihre Arme mit und verlassen den markierten Punkt. Achten Sie bitte darauf, dass die Bewegung lediglich den Oberkörper betrifft. Die Füße bleiben in der Ausgangsposition.
  2. Drehen Sie sich so weit um die eigene Achse, bis es nicht mehr geht. Markieren Sie den Punkt an der Wand, auf den nun Ihre Hände zeigen. Die zurückgelegte Distanz von einem zum anderen Punkt ist es, um die es uns nun geht.

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  1. Machen Sie es sich nun gemütlich. Setzen Sie sich auf einen Stuhl oder legen Sie sich hin – eben so, wie Sie es am liebsten mögen.
  2. Stellen Sie sich nun erneut die zurückliegende und ausgeführte Bewegung vor. Vielen Menschen gelingt das einfacher, wenn sie dabei die Augen schließen. Sehen Sie sich auf diese Weise nochmals die zurückgelegte Distanz an.
  3. Nun stellen Sie sich den gesamten Ablauf erneut vor, jedoch mit dem Unterschied, dass Sie die Bewegung etwas umfangreicher machen. Beginnen Sie in Ihrer Vorstellung mit dem Hinstellen und dem Ausrichten der Arme auf den Ausgangspunkt. Betrachten Sie sich selbst dabei, wie Sie nun die zurückgelegte Distanz zunächst für ein kleines Stück übertreffen. Achten Sie während dieser geistigen Übung auf Ihren Körper. Spüren Sie, wie sich Ihre Wirbelsäule ganz einfach noch ein wenig weiter in die gewählte Richtung drehen kann. Fühlen Sie dabei den Bewegungsapparat Ihres Körpers: die Beinmuskulatur, die Sehnen und Bänder im Hüftbereich, die Spannung des Oberkörpers. Bemerken Sie jeden einzelnen an der Bewegung beteiligten Muskel. Registrieren Sie, wie jede Faser Ihres Körpers die Bewegung unterstützt und es Ihnen leichter macht, sich ausgedehnter zu drehen. Schauen Sie sich selbst dabei zu, wie die Arme langsam über die bisherige Markierung an der Wand hinwegfahren und damit das alte Ziel übertreffen. Wie werden Sie atmen? Wie fühlt es sich für Sie an, wenn Sie die Distanz erweitern? Achten Sie, so gut es geht, auf Ihre Gefühle, während Sie sich – vergleichbar mit einem in Zeitlupe ablaufenden Film – bei der Bewegungsausführung betrachten und die bisherige Grenze Ihrer Drehung übertreffen.
  4. Wiederholen Sie Schritt 8 drei-, viermal hintereinander. Mit jeder Vorstellung erweitern Sie die zurückzulegende Distanz und damit die Drehung um die eigene Achse. Wie schon beschrieben, achten Sie so gut es geht auf jedes Detail, welches sich Ihrem inneren Bild hinzufügen mag. Schauen Sie in der Vorstellung durch Ihre eigenen Augen und sehen Sie bei jeder Durchführung, wie die zurückgelegte Strecke größer und größer wird.
  5. Öffnen Sie nun wieder die Augen und begeben sich auf die Ausgangsposition. Die Füße stehen exakt so, wie Sie sie unter Schritt 1 gestellt hatten. Führen Sie wieder die Arme vor Ihrem Körper zusammen. Drehen Sie sich nun erneut um Ihre Körperachse und führen Sie die gesamte Bewegung so weit aus, wie es geht.

Das Ergebnis ist immer wieder erstaunlich. Die meisten Menschen können die Drehung nun ein gutes Stück weiter als zuvor ausführen. Dabei haben sie ja gar nichts anderes gemacht. Körperstellung und -haltung, die nach vorne ausgerichteten Arme und die Drehung sind ja im Ablauf gleich geblieben. Und dennoch wird nach der mentalen Arbeit das alte Ziel übertroffen. Mit der Kraft der Einbildung kann man also Dinge vollbringen, die zuvor als undenkbar gewertet worden sind.

Wenn wir Menschen uns Grenzen setzen, dann ist auch das das Ergebnis einer mentalen Leistung. Ich gehöre nicht zu denjenigen, die behaupten, dass mit Mentaltrainings alles zu erreichen sei, was wir uns erlauben vorzustellen. Gedanklich zu trainieren, dass man eine Klassenarbeit mit Bestnote abschließt, ohne dafür überhaupt gelernt zu haben, ist schlichtweg fatal.

Ich bin aber der festen Überzeugung, dass wir mit Mentaltrainings ein Mehr an Lebensqualität für alle Beteiligten erreichen können, was sich sicherlich auch positiv auf die Leistungen der Kinder und Jugendlichen auswirkt. Und wie das Wort Training besagt, bedarf es einer gewissen Regelmäßigkeit, um nachhaltige Ziele erreichen zu können.

Einmal eingeführt, können Mentaltrainings zu einer lieb gewonnenen Routine werden, auf die weder die Heranwachsenden noch Eltern, Lehrer oder Erzieher verzichten möchten. Sie sind der ausgleichende Gegenpol zu den Anforderungen des Alltags, die so häufig als belastend und störend empfunden werden. Machen wir uns die beschriebenen Vorteile des Mentaltrainings zunutze, steigern wir die nachhaltige Wirkung und fördern wir positiv ausgerichtete Sicht- und Herangehensweisen junger Menschen.

Lassen Sie uns daher gemeinsam die Vorstellungskraft junger Menschen trainieren, sodass sie diese konstruktiv für ihr eigenes Leben einsetzen können.


[1] Es wird vermutet, dass der Grundstein aller emotionalen Bewertungen schon in einer sehr frühen embryonalen Phase gelegt wird. Da irgendwann einmal jedes Erlebnis eine neue Erfahrung darstellt, wird es auch dementsprechend emotional stark bewertet. Wir erinnern uns nur meist nicht mehr daran.

 

Paasch_6764a  Über den Autor

Daniel Paasch ist EMDR/EMI- und Hypnosecoach, NLP-zertifizierter Trainer und Coach, NSL®-Master sowie Trainer für angewandte Kommunikationstechniken und Veränderungsmodelle. Er gründete das Institut für Potenzialentfaltung (IPE) in Münster. Gerade ist sein Buch Potenziale entfalten – Begabungen fördern erschienen, in dem kindgerechtes Mentaltraining Schritt für Schritt beschrieben wird. Sowohl im familiären als auch im schulischen Kontext lässt es sich einfach umsetzen.

 

Auf Expedition zum authentischen Ich

Vertrauen Sie auf die Kraft, die in Ihnen liegt!

Von Sabine Prohaska

In unserem Leben geraten wir immer wieder in Situationen, in denen wir uns entscheiden und die Weichen teilweise neu stellen müssen. Und zwar so oft, dass wir nicht jedes Mal einen professionellen Coach als Unterstützer engagieren können. Also benötigen wir die Kompetenz, uns selbst zu coachen – damit wir unser Leben aktiv gestalten können.

Unsere Lebenssituation hat sich in den zurückliegenden Jahrzehnten stark verändert. Noch vor einer Generation war es der Normalfall, dass die Menschen an dem Ort aufwuchsen und zur Schule gingen, an dem sie geboren wurden. Zwar verließen einige ihn zwecks Ausbildung für gewisse Zeit, doch nach der Beendigung kehrten sie meist wieder zurück und arbeiteten in der Nähe ihres Elternhauses – häufig für ein und denselben Arbeitgeber bis zur Rente. Und dort gründeten sie auch eine Familie und bauten ein Haus, in dem sie bis zum Lebensende wohnten.

Ein solcher Lebensentwurf wirkt heute für viele junge Menschen antiquiert. Sie erachten es als ebenso selbstverständlich, im Verlauf ihres Lebens mehrfach umzuziehen, wie in einer Patchwork-Familie zu leben, in der die Kinder unterschiedliche Väter und Mütter haben. Und von Zeit zu Zeit den Arbeitgeber zu wechseln, gehört für sie ebenso zum normalen Lebenslauf wie eventuelle Umschulungen oder gar der Schritt in die Selbstständigkeit.

Das heißt, unser Leben ist heute mehr Veränderungen unterworfen als noch vor wenigen Jahrzehnten – nicht nur, weil wir mehr Optionen haben, sondern auch, weil sich die gesellschaftlichen Rahmen- und somit unsere Lebensbedingungen rascher ändern. Das kann anstrengend und mitunter sogar beängstigend sein. UND ZUGLEICH beinhaltet es auch eine Wahlfreiheit, von der frühere Generationen nicht einmal zu träumen wagten. Damit einher geht natürlich eine höhere Eigen- und Selbstverantwortung. Wir müssen unser Leben sozusagen selbst-bewusst gestalten. Das überfordert viele Menschen – in gewissen Lebensphasen und -situationen. Dies ist ein zentraler Grund, warum das sogenannte Coaching boomt.

Eine Brücke zum künftigen Leben bauen

Beim Coaching geht es vereinfacht darum, eine Brücke zwischen unserem aktuellen Leben und dem Leben, das wir führen möchten, zu schlagen. Und der Coach? Er unterstützt seine Klienten, auch Coachees genannt, beim Bewältigen der Herausforderungen, die sich hieraus ergeben – unter anderem, indem er bei ihnen einen Selbstreflexionsprozess bewirkt, der zu einem Erkennen der Problemursachen und möglicher Lösungswege führt.

Diesen Reflexionsprozess können Menschen auch ohne professionelle Unterstützung bei sich auslösen. Um unser Leben zu meistern, benötigen wir künftig sogar zunehmend diese Kompetenz. So zum Beispiel, wenn wir vor der Beantwortung folgender Fragen stehen:

  • Soll ich mich beruflich verändern?
  • Welche Form der Beziehung möchte ich mit meinem Partner haben?
  • Wie möchte ich im Alter leben?
  • Was ist mir bei der Erziehung meiner Kinder wichtig?

Auch ohne professionelle Unterstützung Antworten auf solche Fragen zu finden und den entsprechenden Lösungsweg zu beschreiten ist eine Herausforderung. Ein systematisches Vorgehen erleichtert dabei die Orientierung und gibt Halt.

Auf „stabile Zonen“ achten

Eine Voraussetzung für ein erfolgreiches Selbstcoaching ist, dass wir noch über die nötige Kraft und psychische Stabilität verfügen. Das setzt wiederum voraus, dass es in unserem Leben „stabile Zonen“ gibt. Also zum Beispiel soziale Beziehungen, die uns Kraft geben. Oder ein Beruf, der uns erfüllt. Oder Werte und (religiöse) Überzeugungen, die uns als innerer Kompass dienen. Solche stabilen Zonen sind für uns Menschen extrem wichtig, denn aus ihnen speist sich unsere Identität. Aus ihnen erwächst auch die Energie, unser Leben in die Hand zu nehmen und aktiv zu gestalten. Was sind Ihre stabilen Zonen? Welche festen Grundpfeiler verleihen Ihrem Leben eine sichere Basis? Nehmen Sie sich Zeit, diesen Aspekt zu erforschen, damit Sie wissen, was Sie in schwierigen Zeiten auffängt.

Eine weitere Voraussetzung für ein erfolgreiches Selbstcoaching ist: Wir müssen uns vom Irrglauben lösen, es gäbe den einen richtigen Weg, und wenn wir den fänden, wären wir glücklich bis ans Lebensende. Diesen einen richtigen Weg gibt es nicht! – Nicht nur, weil sich unsere Lebensumstände immer wieder ändern, sondern auch, weil wir uns selbst, nebst unseren Wünschen und Bedürfnissen, ändern. Deshalb müssen wir uns immer wieder die Fragen stellen:

  • Was ist mir wichtig?
  • Welches Leben will ich führen?

Und:

  • Wie kann ich es realisieren?

Entscheidend ist, dass wir uns auf den Weg machen und den nächsten Schritt in die angestrebte Richtung gehen. Denn jeder Schritt zieht weitere Schritte nach sich, die uns unserem Ziel näherbringen und vielleicht eine neue Lebensperspektive eröffnen.

Kernfrage: Wer bin ich und was will ich?

Beim Selbstcoaching sind wir unser eigener Coach. Und wir begeben uns sozusagen auf eine Expedition zum eigenen Ich. Dabei geht es nicht darum, möglichst schnell das Ziel zu erreichen. Vielmehr soll uns im Coachingprozess, Schritt für Schritt, immer klarer werden, was uns im Leben wirklich wichtig ist und was uns beim Erreichen unsere Ziele unterstützt.

Das setzt, wie jede Art des Coachings, eine gewisse Eigenaktivität voraus – ähnlich wie wenn wir beim Autofahren das Navigationsgerät als Hilfsmittel nutzen. Auch dann müssen wir zunächst das Ziel bestimmen und dieses in das Gerät eingeben. Und danach müssen wir der Wegbeschreibung folgen, also das Auto steuern – mit der von uns gewählten Geschwindigkeit.

Beim Selbstcoaching lauten die zwei großen Überschriften:

„Wer bin ich?“ und „Was will ich?“

Für die erforderlichen Reflexionsprozesse sollten Sie sich Zeit und Raum schaffen. Passende Übungen und tiefergehende Fragen helfen Ihnen, Klarheit zu bekommen. Manchmal drehen wir uns gedanklich im Kreis und tappen in die sogenannte Grübelfalle. Wir stecken fest, ähnlich wie ein Auto, dessen Räder im Morast steckenbleiben und sich immer tiefer eingraben, je mehr Gas wir geben. Beim Selbstcoaching bedarf es also auch einer gewissen Achtsamkeit. Wir müssen erkennen, wann wir mit unserem Latein am Ende sind und Hilfe brauchen. Zwei Vorannahmen des systemisch-lösungsorientierten Selbstcoachings können Sie zudem weiterbringen, ob Sie sich nun selbstständig auf den Weg machen oder von einem professionellen Coach unterstützt werden:

Das Konzept des systemisch-lösungsorientierten Selbstcoachings fußt auf Annahmen darüber, wie das Lernen und die Entwicklung von Menschen erfolgt.

  • Annahme 1: Jeder Mensch trägt die Lösung seiner Probleme in sich. Die meisten Menschen benötigen in Umbruch-Situationen nur einen kleinen Anstoß, um den roten Faden in ihrem Leben wieder zu finden und die eigenen Ressourcen zu aktivieren. Denn sie haben in ihrem Leben schon viele Herausforderungen gemeistert. Außerdem verfügen sie über die Fähigkeit, selbst zu erkennen, wann eine Herausforderung für sie neu oder zu groß ist, weshalb sie eine punktuelle Unterstützung durch andere Menschen brauchen. Also können sie eigenständig einen adäquaten Lösungsweg für sich finden und ihn mit selbstorganisierter Unterstützung beschreiten.
  • Annahme 2: Menschen wollen in der Regel ihre Probleme eigenverantwortlich und selbstständig lösen. Die meisten Menschen verfügen über die nötige psychische Stabilität, um bei Herausforderungen nicht in eine Problemtrance zu verfallen, bei der das Problem immer größer und unlösbarer erscheint, je länger sie sich damit beschäftigen. Sie sind dazu in der Lage, sich zielorientiert zu fragen:
    • Was wäre für mich eine attraktive Lösung?
    • Wie würde der Zielzustand konkret ausschauen?

Und dann passende Lösungen zu entwerfen.

Diesen Annahmen liegt ein konstruktivistischer Denkansatz zugrunde; also die Annahme, dass wir die Welt, so, wie wir sie erleben, weitgehend selbst erschaffen („konstruieren“) – durch die Art, wie wir Dinge sehen und bewerten. Das gilt auch für unsere Probleme. Ich möchte Ihnen das an einem Beispiel illustrieren: Angenommen, Sie hätten in den letzten Jahren bereits mehrfach Ihren Job gewechselt. Dann könnten Sie, bestärkt durch Bekannte, zu der Überzeugung gelangen: Ich habe ein Problem – nämlich einen Job durchzuziehen. Doch muss das so sein? Nein! Vielleicht gehört es zu Ihrem Konzept eines glücklichen und erfüllten Lebens, beruflich regelmäßig etwas Neues auszuprobieren? Wo ist dann das Problem? Sie sehen, wir konstruieren viele Probleme selbst, durch die Art, wie wir Situationen und Konstellationen bewerten. Das ist auch eine zentrale Ursache dafür, warum uns gewisse „reale“ Probleme unlösbar erscheinen. Das heißt, wenn wir lernen, diese Probleme neu zu sehen und zu bewerten, werden sie vielleicht lösbar.

Üben Sie sich in Geduld – es lohnt sich!

Doch was bedeutet (Neu- und Um-)Lernen. Neurologisch betrachtet, ist Lernen ein ganz handfester Prozess, bei dem sich in unserem Gehirn neue Nervenverbindungen bilden und diese durch entsprechende Impulse und Reize immer stärker werden. Am Anfang ist die neue Nervenbahn nur ein kaum sichtbarer Trampelpfad, aus dem nach einigen Wochen oder Monaten, weil wir das neue Verhalten regelmäßig zeigen, allmählich eine Landstraße und irgendwann vielleicht sogar eine Autobahn wird.

Bei diesem Erwerb neuer Kompetenzen und Verhaltensmuster müssen wir mit Rückfällen und Phasen des scheinbaren Stillstands rechnen – denn Lernprozesse verlaufen nicht linear. Sie verlaufen oft scheinbar sprunghaft. Auch hierzu ein Beispiel. Angenommen, Sie sind ein Tennisspieler und wollen einen neuen Schlag einstudieren. Also üben sie den ganzen Nachmittag, ohne große Fortschritte zu machen. Frustriert fahren Sie nach Hause. Doch eine Woche später stehen Sie erneut auf dem Platz und probieren nochmals den neuen Schlag, und plötzlich gelingt er auf Anhieb. Der Grund dafür ist: Sie haben zwar nicht bewusst geübt, doch Ihr Gehirn hat weitergearbeitet. Es hat neue neuronale Verbindungen geknüpft, die für den Schlag nötigen Bewegungsabläufe immer wieder durchgespielt und mit ähnlichen Bewegungsmustern in Verbindung gebracht, sodass Ihnen plötzlich, scheinbar aus dem Nichts, der Schlag gelingt.

Ähnliche Prozesse werden Sie auch beim Selbstcoaching registrieren – zum Beispiel, wenn Sie über ein Problem nachdenken und alles, was Ihnen dazu einfällt, auf ein Blatt Papier schreiben, das Sie regelmäßig zur Hand nehmen, um Ihre Notizen zu ergänzen. Dann passiert oft wochenlang (scheinbar) nichts, weshalb Ihnen das Problem zunehmend unlösbar erscheint. Doch plötzlich, wie aus heiterem Himmel, haben Sie die zündende Idee, den berühmten Geistesblitz. Das heißt, Sie haben die Problemlösung vor Augen. Denn während Sie mit anderen Dingen beschäftigt waren, blieb Ihr Gehirn am Ball. Es baute neue neuronale Verbindungen auf – und plötzlich kennen Sie die Lösung für Ihr Problem.

Beim Selbstcoaching erteilen wir unserem Gehirn sozusagen den Auftrag, eine neue Aufgabe zu lösen oder eine bekannte anders als bisher anzugehen. Zugleich versorgen wir unser Gehirn, indem wir die entsprechenden Fragen stellen und/oder adäquate Übungen durchführen, mit den erforderlichen Reizen, um neue neuronale Verbindungen aufzubauen – und zwar so lange, bis wir die Problemlösung kennen und das gewünschte Verhalten zeigen.

Stellen Sie sich die angestrebte Zukunft vor

Um dieses Ziel zu erreichen, ist es richtig, sich die angestrebte Lösung und das angestrebte Leben regelmäßig bildhaft vorzustellen – also die Zukunft gedanklich vorwegzunehmen. Spitzensportler kennen die Kraft der sogenannten Imagination. Sie wissen, dass sie ein sehr wirksames Instrument ist, um sich einem Ziel Schritt für Schritt zu nähern. Denn unser Gehirn strebt nach einem kohärenten Zustand, bei dem unsere Lebensrealität mit dem Zielbild übereinstimmt. Deshalb befähigt es uns irgendwann, die äußeren Umstände dem inneren Bild anzugleichen.

Henry Ford wird die Aussage zugeschrieben: „Egal, ob du glaubst, du kannst es, oder ob du glaubst, du kannst es nicht, du hast immer recht!“ Sie verweist auf den von der psychologischen Forschung belegten Sachverhalt, dass unsere innere Erwartungshaltung einen großen Einfluss auf das Ergebnis hat – in positiver wie negativer Hinsicht. Deshalb ist es wichtig, sich beim Selbstcoaching regelmäßig in den gewünschten Zielzustand zu versetzen.

Vielen Menschen fällt das schwer. Kaum haben sie ein positives Zielbild entworfen, schleicht sich das berühmte „Ja, aber …“ ein. Dann verlieren die Zielbilder ihre Energie. Sie funktionieren nur, wenn man die eigenen Wünsche zulässt und in eine (Noch-)Phantasiewelt eintaucht. Erlauben Sie sich also das Tagträumen, hören Sie genau auf die innere Stimme. Welche Sehnsüchte und Wünsche verrät sie Ihnen? Glauben Sie daran, diese Wünsche aus eigener Kraft Wirklichkeit werden zu lassen.

Sie denken, das sei zu simpel, um zu funktionieren? Wie stark unsere Gedanken unser Empfinden und Befinden beeinflussen, können Sie selbst ausprobieren. Stellen Sie sich bildhaft vor, Sie würden herzhaft in eine Zitrone beißen, und achten Sie darauf, wie Ihr Körper reagiert. Vermutlich verzieht sich Ihr Mund allein durch die Vorstellung des sauren Geschmacks einer Zitrone. Programmieren Sie Ihren Körper, Ihre Sinne, indem Sie sich regelmäßig Ihr künftiges (erwünschtes) Leben bildhaft vorstellen und davon träumen. Es gibt viele weitere – einfache, aber effektive – Übungen, die Sie selbstständig durchführen können und die Sie mit ihrer enormen Wirkung überraschen werden. Probieren Sie es doch einfach mal aus.

 

Prohaska_Sabine_Nov2015 Über die Autorin

Sabine Prohaska ist Inhaberin des Trainings- und Beratungsunternehmens seminar consult prohaska in Wien, das unter anderem Coachs ausbildet. 2013 erschien von ihr das Buch Coaching in der Praxis, das sich an professionelle Coaches und Berater wendet. Auf vielfachen Wunsch hat sie nun ein Buch über Selbstcoaching geschrieben: Lösungsorientiertes Selbstcoaching: Ihren Zielen näherkommen – Schritt für Schritt erscheint im März 2016 im Junfermann Verlag.