Was Shakespeare, Sherlock Holmes und ein Paketbote mit Gewaltfreier Kommunikation zu tun haben
Seit Januar 2021 gibt es das Online-Seminar „Grundlagen der Gewaltfreien Kommunikation“, kurz: GFK, mit dessen Hilfe wir lernen können, empathisch, klar und überzeugend zu kommunizieren. Entwickelt hat es der Trainer, Autor und Kommunikationsprofi Al Weckert, der mit seiner Firma Empatrain auf mehr als 1000 Seminare zum Thema zurückblickt. Wir wollten wissen, wie das geht:
Bin ich nach zwei Stunden Online-Kurs fit in Sachen GFK?
Weckert: Ob Sie anschließend fit in GFK sind, hängt von Ihrer Übungsbereitschaft ab. Sie erhalten 33 Videos mit über zwei Stunden Anleitung und fast jeder Film enthält eine Übung. Wenn Sie die Übungen im Begleitheft ausfüllen, lernen Sie dabei viel mehr als die Theorie. Sie trainieren eine neue Fähigkeit. Nach dem Kurs können Sie die vier Schritte der GFK anwenden und anderen erklären, wie es funktioniert.
Welche Vorkenntnisse sind nötig?
Weckert: Für das GFK-Online-Training brauchen Sie keine Vorkenntnisse. Sie brauchen einen Drucker, denn ich habe viele Übungsmaterialien in das Begleitheft gepackt, um das Lernen zu erleichtern. Es gibt zum Beispiel Listen mit Gefühlen und Bedürfnissen, einen Tagesplaner mit eingebauten GFK-Übungen und die GFK-Easysteps, die man auf den Boden auslegen kann, um ein Thema (zum Beispiel einen Konflikt oder eine schwierige Gesprächssituation) für sich zu klären. Vorkenntnisse sind also nicht nötig. Sie schaden aber auch nicht, denn ich habe neue und ziemlich unterhaltsame Übungen eingebaut.
Was muss ich persönlich mitbringen, damit das Seminar für mich auch Sinn macht?
Weckert: Sie benötigen eigene Fallbeispiele, um die Aufgaben zu lösen. Damit meine ich eigene Erlebnisse, z. B. wenn Sie sich mit jemanden gestritten haben oder mit einem Gespräch unzufrieden waren. Wie Sie solche Beispiele finden können, erkläre ich Ihnen in den ersten Videos des Online-Trainings. In den Übungen zeige ich, wie Sie diese Konflikte ansprechen oder den Grund für Ihre Unzufriedenheit klarer zu fassen kriegen. Mit eigenen Beispielen können Sie besser miterleben, wie das funktioniert. Außerdem haben Sie dann einen „Sofortgewinn“. Sie können das Thema anderen gegenüber direkt ansprechen.
In der Gewaltfreien Kommunikation nach Marshall Rosenberg kommen ein Wolf und eine Giraffe vor? Warum eigentlich?
Weckert: Eines Tages sagte eine Frau zu Marshall Rosenberg: „Mein Mann spricht mit mir wie ein Wolf“. Rosenberg antwortete mit seinem typischen trockenen Humor: „Dann üben wir heute Wölfe zu zähmen“. Die Frau schenkte Rosenberg am nächsten Tag zum Dank eine Wolfspuppe, die er fortan im Koffer mit sich herum trug. Irgendwann kam eine Giraffe dazu, denn die Giraffe hat von allen Landtieren das größte Herz. Der Wolf steht für eine Sprache der Dominanz, die Giraffe für eine Sprache der Einfühlsamkeit.
Im Online-Seminar zeigen Sie keine Giraffen und Wölfe. Stattdessen treten Sherlock Holmes und Shakespeare auf, deren Hüte Sie sich aufgesetzt haben. Sollte man ab und an einen anderen Hut aufsetzen?
Weckert: Schon die Indianer wussten, dass man einen Monat in den Mokassins seines Gegenübers laufen muss, um ihn zu verstehen. Wobei: Die Wörter „sollte“ und „muss“ sind Wolfssprache, denn sie sind an Zwang und Druck geknüpft. Zwang und Druck führen in der Regel zu einer Verschlechterung der zwischenmenschlichen Beziehung. Weil es aber gerade um Verbindung geht, erklärte ich die Geschichte mit den Hüten lieber so: Perspektivwechsel erzeugt Verständnis, Verständnis erzeugt Vertrauen, durch Vertrauen entsteht Veränderungsbereitschaft. Das der Buchstabe V so oft vorkommt ist kein Zufall, sondern Absicht. V wie „voll gut den Hut zu wechseln“.
Wie hätte dieser Online-Kurs dem Mann aus der Geschichte mit dem Hammer von Paul Watzlawick helfen können?
Weckert: Der Mann, der so dringend einen Hammer brauchte, hätte von dem Online-Seminar definitiv profitiert. Er hätte beim Nachbarn geklingelt und eine der vielen Bitten geäußert, die wir im Kurs trainieren. Er hätte mit jeder Antwort gut leben können. Bei einem „ja“ hätte er sich gefreut. Bei einem „nein“ hätte er sich nicht geärgert. Er hätte gewusst, dass der Nachbar einen Grund für sein nein hat. Er hätte sein Ziel auf einem anderen Weg erreicht.
Im Online-Seminar erzähle ich ja die Geschichte von dem Paketboten, der mir Benachrichtigungen in den Briefkasten schmeißt, obwohl ich zuhause bin. Da muss ich – genau wie der Mann in Watzlawicks Geschichte – aufpassen, dass ich mich nicht in irgendeine schräge Wut hineinsteigere. Wenn unsere Gefühle von den Handlungen anderer abhängen, leben wir in einer emotionalen Sklaverei.
Inwiefern sind Mimik und Gestik Teil der GFK?
Weckert: Sind sie das? Ich kenne GFK-Trainer, die das nicht in ihren Ausbildungen behandeln. In meinen Trainings spielen Mimik und Gestik allerdings eine große Rolle. Sie ermöglichen mir eine ganz andere Ebene der Wahrnehmung. Jenseits von Verstand und Sprache sehe ich meinem Gegenüber an, wie er sich fühlt. Charlie Chaplin hat gesagt: „Wir denken zu viel und fühlen zu wenig.“ Mir erleichtert die Wahrnehmung der Körpersprache das Fühlen.
Gibt es Tipps & kleine GFK-Kniffe, die ich jetzt gleich sofort in meinem Alltag mal ausprobieren kann?
Weckert: Genau diese kleinen Tipps und Kniffe erklären die Trainerkolleginnen Ulrike Michalski und Silvia Richter-Kaupp in den beiden Videos zu Selbstempathie und Aktivem Zuhören. Da will ich jetzt nicht spoilern. Sonst verderbe ich ja die Überraschung!
Wie kann ich weiter üben?
Weckert: Im letzten Teil des Online-Kurses leite ich die Teilnehmer*innen in mehreren Videos dazu an, wie sie weiterüben können. Als Teilnehmer*in bekommen SIe zum Beispiel einen Tagesplaner, mit dem Sie täglich eine GFK-Übung durchführen können.
Am nachhaltigsten lernen die meisten Menschen natürlich immer noch beim gemeinsamen Üben mit anderen. Deshalb biete ich in der Akademie im Park (Wiesloch) drei Kurse an, die exakt an diesen Online-Kurs anknüpfen: „Grundlagen der Gewaltfreien Kommunikation“, „Der Tanz auf dem Vulkan“ (Umgang mit starken Gefühlen und Schuldzuweisungen) und „Mimikresonanz“ (Körpersprache-Training). In diesen Kursen wird geübt, vertieft und weiter aufgebaut. Du triffst andere, die auch das Online-Seminar abgeschlossen haben und kannst alle Deine Fragen stellen.
Ergänzend empfehle ich auch das Audiobook zum Online-Training. Damit kannst Du Dir die Schlüsselunterscheidungen der GFK wunderbar einprägen.
Hast Du ein Lebens(abschnitts-)motto?
Weckert: Das habe ich tatsächlich. Es lautet: „In good we trust!“ Das habe ich bei einer Techno-Party in Berlin mitten auf der Tanzfläche auf einem T-Shirt gelesen. Ich habe mir am nächsten Tag von diesem Spruch einen Türvorleger designen lassen. Seitdem betrete ich meine Wohnung ziemlich oft mit einem entspannten Lächeln im Gesicht.
Das Gespräch führte Saskia Thiele, Digitale Produkte, Junfermann Verlag.
Al Weckert ist Volkswirt, Mediator, Trainer für Gewaltfreie Kommunikation und Organisationsentwickler. Er ist Experte für das Training von Empathiefähigkeit. Gemeinsam mit Unternehmen und Organisationen entwickelt er Modelle nachhaltiger Konfliktbearbeitung und Trainingskonzepte für mehr Achtsamkeit und gegenseitige Wertschätzung in der alltäglichen Kommunikation am Arbeitsplatz. https://www.empathie.com/
Sein Online-Seminar „Grundlagen der Gewaltfreien Kommunikation“ erschien Ende 2020 auf www.junfermann-live.de
Nur noch bis (einschließlich) Mai: Seminarbetreuung durch Al Weckert als Kommentator