„Was hörbar ist, erlebbar machen“
Für Olaf Hemker gehört der gute Ton zum Geschäft: Seit 1997 lässt der Medienpädagoge und Tonmeister in seinem Tonstudio klang:art auditive Inhalte für Ausstellungen, Museen und Inszenierungen erlebbar werden. Bei Sprachaufnahmen, wie Audioguides oder Hörspielen führt er selbst Regie – so wie seit rund zwei Jahren für die Junfermann-Audiobooks. Wir fragten, worauf es ihm dabei ankommt.
Wann ist ein:e Sprecher:in der/die Richtige für Sie?
Für mich ist insbesondere für die Produktion von Sach-und Fachhörbüchern wichtig, dass die Sprecher:innen Erfahrungen mit der zu produzierenden Materie haben. Ein weiteres Kriterium ist, dass bei einem Wechsel zwischen weiblichen und männlichen Sprechern die Stimmfarbe klanglich harmoniert.
Beide Punkte erfüllen Jule Vollmer und Thomas Krause. Mit ihnen arbeite ich schon sehr lange u. a. für Vertonungen von Texten für Ausstellungen und Museen zusammen. Weil sie einen Text verstehen und „leben“, wird er ihnen zu eigen. Der Text klingt damit nicht mehr „vorgelesen“, sondern „erzählt“. Und wenn man etwas „erzählt“ bekommt, was das Gegenüber wie etwas Eigenes erlebt zu haben scheint, trägt das zu einem großen Teil zum Verständnis des Textes bei.
Dann sind die „Erzähler“ unserer Audiobooks auch Schauspieler:innen?
Bisher haben alle Sprecher:innen, mit denen ich zusammengearbeitet habe, auch eine Schauspielausbildung genossen. Für mich ist dies auch besonders wichtig, da sie neben der sehr komplexen und anspruchsvollen Sprecherausbildung auch eine darüber hinausgehende emotionale Metaebene im Text umsetzen.
Meiner Meinung nach erhalten dadurch gerade Sachhörbücher und Hörstationen in Museen etc. einen speziellen emotionalen Charakter, der für das Verständnis des Inhalts beim Rezipienten besonders förderlich ist.
Könnte man dank technischem Equipment mittlerweile nicht ganz auf natürliche Sprecherstimmen verzichten?
Ja, die Möglichkeit gibt es wohl. Aber wie oben bereits erwähnt, gehört es für mich dazu, dass der Sprecher/die Sprecherin den Text „lebt“. Dazu gehören sowohl feine Nuancen in der Betonung, als auch das Gesamtverständnis des Textes. Und dieses „Leben“ fehlt den „Roboterprogrammen“. Sie mögen vielleicht von der Stimme her natürlich klingen, aber inhaltlich fehlt die „Seele“.
Was macht eine Stimme schön? Oder liegt das im „Ohr des Zuhörers“?
Das liegt meiner Meinung nach am „Ohr des Zuhörers“. Mir kann eine Stimme sehr sympathisch sein, einem anderen wiederum nicht. So ist es mir einmal bei einer Produktion für ein Touristikinformationszentrum ergangen: Ich war von der Stimme der Protagonistin absolut überzeugt – der Auftraggeber fand sie schrecklich. Zum Glück hat sie nur einen kleinen Satz sprechen müssen, so dass nicht nachgebessert werden musste 😉
Wie werden sich Hörbücher und Podcasts entwickeln?
Mich freut nicht nur aus beruflichen Gründen das gestiegene Interesse an Hörbüchern. Wenn man bedenkt, dass die Anfänge des Hörbuches wohl von der Deutschen Grammophon mit Faust I 1954 in der Gründgens-Inszenierung als Schallplatte eingeläutet wurden, haben sie ja gerade erst in den letzten Jahren einen regelrechten Boom erlebt.
Für mich stellen sie ein ebenbürtiges Pendant zum Buch dar. Was bei der Buchform das Layout und Schriftbild sind, stellen beim Hörbuch meiner Meinung nach der Sprecher bzw. die Sprecherin und deren empathische Intonation dar. Für mich sind Hörbücher also eine weitere Kunstform, da die schriftliche Vorlage und die akustische Fassung nicht mehr identisch sind.
Was gefällt Ihnen besonders an Ihrem Lieblingshörbuch?
Ich persönlich finde es richtig toll, wenn gute Sprecher Hörbücher einlesen, die nicht unbedingt als „Synchronstimme von …“ bekannt geworden sind. Hier mag ich besonders Achim Buch, der einen Teil der Harry Hole-Hörbücher von Jo Nesbø eingelesen hat. Bei seiner Stimme denke ich immer, Achim Buch sitzt neben mir und erzählt mir eine Geschichte. Da klingt nichts „nur vorgelesen“ 😉
Das Interview erschien erstmals im Magazin „Junfermann inside“ (2019, Junfermann).
Eine Auswahl unserer Audio-Downloads auf Junfermann.de:
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