Beiträge

Podcast-Folge 45: Apropos … wingwave!

Häufig steht einem guten, leichteren Leben etwas im Weg. Solche Blockaden aufzuspüren und möglichst rasch aufzulösen ist das Ziel von wingwave-Coaching. Was es mit dieser Methode auf sich hat, darüber sprechen Cora Besser-Siegmund, Lola Siegmund und Frank Weiland in der neuesten Folge von „Apropos Psychologie!“.

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Podcast-Folge 44: Apropos … People Pleasing!

Es allen recht machen, immer schön ja und Amen sagen, bis nichts mehr geht. – Wer Tag für Tag bemüht darum ist, dass es anderen gut geht, verliert den Kontakt zu den eigenen Bedürfnissen.  Das hat Miriam Thalheimer, die zu Gast in unserer neuesten Podcast-Folge ist, erlebt. Sie hat sich als Trainerin und Coach auf das People Pleasing spezialisiert – mit Erfahrungen aus allererster Hand.

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Podcast-Folge 35: Apropos … Veränderung!

„Es muss sich was ändern!“ – Diese Feststellung kann uns schlagartig klar werden: wir wollen etwas ändern. Beruflich oder privat. Am besten heute. Wohl dem, der sofort weiß, an welchen Schräubchen zu drehen ist. Viel häufiger kommt es vor, dass in uns ein vages, ungutes Gefühl aufkommt: etwas stimmt nicht in unserem Leben, passt nicht mehr, raubt mehr Energie als wir daraus ziehen können. Bloß was? Und wie darangehen?

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Berufliche (Neu-)Orientierung in Krisenzeiten – Teil 1: Der (Un-)Zufriedenheit auf die Spur kommen

Von Andrea Landschof

Den meisten Menschen fällt es in der Regel leichter zu sagen, was sie derzeit stört und was sie nicht mehr mögen, als konkrete Wünsche für die Zukunft zu formulieren. Sind die inneren und/oder äußeren Störfaktoren identifiziert, finden sich leichter Antworten darauf, wie sich die aktuelle Situation verbessern lässt. Was sich als Quelle der Unzufriedenheit herausgestellt, entscheidet mit darüber, in welche Richtung jemand zukünftig gehen wird und welche Lösungswege die passenden sind. Was lässt mich aktuell unzufrieden sein? Warum steht die Veränderung gerade jetzt an? Was hat die Pandemie zum Vorschein gebracht? Was ist derzeit nicht mehr gut genug? Kann ich es ändern und was habe ich schon unternommen, um die Unzufriedenheit in Zufriedenheit zu wandeln? Bevor wir Veränderungen initiieren und ins Handeln kommen, braucht es die Einsicht, dass tatsächlich ein Problem existiert und welche Bedeutung das Problem für mich und andere hat. Im nächsten Schritt folgt die Erkenntnis, dass es generell und individuell lösbar ist. In ungewissen Zeiten, so wie aktuell in der Pandemie, ist es vorteilhaft, sich selbst einen Rahmen zu setzen und sich auf eine berufliche Herausforderung zu konzentrieren und in Kontakt mit den eigenen Ressourcen zu kommen, um handlungsfähig zu bleiben!  

 

Welche Faktoren tragen zu Deiner Unzufriedenheit bei?

Die innere und äußere Standortbestimmung ist wichtig, um den Hebel der Veränderung an der richtigen Stelle und mit passenden Mitteln anzusetzen. Faktoren, die zu Unzufriedenheit führen können, sind vielfältig. Passen die äußeren Umstände noch zu Deiner persönlichen inneren Entwicklung? Passen die Menschen oder die Beziehungen aus Deinem beruflichen Umfeld noch gut zu Dir? Ist es das Arbeitsumfeld, das Dir nicht mehr behagt? Oder liegen die Gründe eher in Deiner Person und ist in Deinem eigenen Verhalten begründet? Vielleicht sind es auch die Arbeitsinhalte und bestimmte Arbeitsbedingungen, die Dir zu schaffen machen? Welche Gründe gibt es für Dich, zu bleiben und welche, zu gehen, trotz der Krise?

 

Anregung zur Selbstreflexion

Spüre die störenden Faktoren auf, die Du verändern möchtest. Schreibe zunächst alles auf, was Dir einfällt. Nutze dabei gerne folgende Satzanfänge:

  • „Ich mag nicht mehr …“
  • „Ich will nicht mehr …“
  • „Mich stört, dass …“
  • „Ich fühle …“

Nehmen wir an, als die Störfaktoren haben sich „die Arbeit selbst“, „fehlende Sinnhaftigkeit“ und „Inhalte der Arbeit“ herausgestellt. Wenn das Herzstück der Arbeit betroffen und auch die Sinnhaftigkeit verloren gegangen ist, können uns in der Regel auch die positiven Rahmenbedingungen nicht mehr an unserem Arbeitsplatz halten. Wenn sich jemand unterfordert fühlt, weil er sich im Laufe der Zeit fachlich und persönlich weiterentwickelt hat, ist für ihn vielleicht ein „Upgrade“ bzw. Wechsel der Funktion oder des Tätigkeitsfeldes innerhalb der Firma angebracht (sofern diese Möglichkeit im Unternehmen besteht).

 

Innere und äußere Standortbestimmung

In einem Coaching erzählte mir ein Klient, dass er von seinem Chef gestresst ist. Er wollte nun endlich seinen Traumjob in Angriff nehmen und einen Cateringservice gründen. Dann stellte sich jedoch heraus, dass es der Klient in seinem damaligen Job als Biologe und als Berufsanfänger mit einem cholerischen Chef zu tun hatte. Dieser trug ihm fast täglich Botengänge auf und ließ ihn Hilfsarbeiten im Hintergrund erledigen. Im falschen Job war der Mann nicht. Im Coaching lernte er, sich gegen die unangemessenen Aufträge des Chefs abzugrenzen und sich seiner eigenen Stärken bewusst zu werden: Der Klient erkannte die Quelle und Bedeutung des Problems und entwickelte für sich Lösungen, die ihm ermöglichten an seinem Arbeitsplatz zu bleiben.

Teil 2 der Blogbeitragsreihe „Berufliche (Neu-)Orientierung in Krisenzeiten“ erscheint am Freitag, den 28. Mai.

 

Mehr zum Thema „Der (Un-)Zufriedenheit auf die Spur kommen“ in: Landschof, Andrea. (2018). Das bin ich!? Verborgene Talente entdecken und Veränderungen gestalten. Paderborn: Junfermann; S. 27-50.


Andrea Landschof, Lehrende Transaktionsanalytikerin, Autorin, Dipl.- Pädagogin, Coach für berufliche (Neu-) Orientierung, Inhaberin vom Beraterwerk Hamburg begleitet seit mehr als 25 Jahren Menschen und Organisationen sicher durch Zeiten von Umbruch und Veränderung.

Wie berufliche (Neu-)Orientierung auch in Krisenzeiten gelingen kann

Eine Blogbeitragsreihe von Andrea Landschof

Wir leben in Zeiten von Ungewissheit. Die Pandemie bringt Organisationen dazu, Arbeitsabläufe umzustellen und neue Geschäftsfelder aufzutun. Sie zwingt Branchen in die Knie und Menschen dazu, sich beruflich neu zu orientieren und sich mit einem Plan B zu beschäftigen. Doch nicht wenige wollen in dieser Krise neue berufliche Wege gehen, ohne es zu müssen. Sie sind schon lange unzufrieden und nutzen die Zeit, sich aus Zwängen und ungeliebten Jobs zu verabschieden. Für manche Menschen ist es der erlaubte Ausstieg aus dem Hamsterrad. Die Krise ist wie ein Scheinwerfer, der nicht gelebte Werte, bisher versteckte Wünsche und verborgene Sehnsüchte ausleuchtet und weckt. Viele merken, dass zwischen der inneren und der äußeren Welt die Passung nicht mehr stimmt. Doch die durch die Krise ausgelöste Entschleunigung im Außen führt uns ebenfalls unsere innere Rastlosigkeit und Erschöpfung vor Augen. Selbst diejenigen unter uns, die Innovation und Pfadwechsel predigen, tun sich im Augenblick mit Änderungen schwer. Hartmut Rosa, Soziologe und Politikwissenschaftler, spricht von einem kollektiven „Energieverlust [der Menschen], eine[r] psychische[n] und soziale[n] Lähmung“ (Unfried 2021), die durch Corona entstanden ist.

 

Es ist eine Zeit für grundsätzliche Neuorientierung

Ob gewollt oder gezwungenermaßen: Die Pandemie bietet Chancen und regt Menschen zur kritischen beruflichen und privaten Innenschau an. Ist das, was ich mache, noch erfüllend? Was ist mir im Job tatsächlich wichtig? Wo möchte ich beruflich hin? Das mögen sich im Augenblick nicht wenige von uns fragen.

Laut einer Befragung vom Jobportal StepStone (StepStone.de 2021) stehen aktuell bei jedem vierten von uns berufliche Veränderungen und ein Jobwechsel an.

Zwar spielen nicht erst seit der Pandemie viele mit dem Gedanken, den Job zu wechseln und sich beruflich zu verändern. Doch die Motive für eine berufliche (Neu-) Orientierung haben sich deutlich verschoben. In den Coachingprozessen, die ich begleite, zeigen sich häufiger die Wünsche der Menschen nach Sicherheit und nach einer Verlässlichkeit im Job. Die Risikobereitschaft, sich auf unbekanntes und finanziell unsicheres Terrain zu begeben, ist gesunken. Spannend und irgendwie paradox erscheint es, dass sich gleichzeitig die Bereitschaft, die eigene Komfortzone zu verlassen, um eine sinnhafte und für sich stimmige Berufsauswahl zu treffen, erhöht hat. Die Toleranzschwelle, sich mit miesepetrigen Kolleg*innen oder cholerischen Vorgesetzten zu umgeben, ist geringer geworden.

Die Ausgangslagen für eine berufliche Neuorientierung sind vielfältig. Die Menschen, die etwas Neues wagen wollen und das Gefühl in sich tragen, es müsste sich etwas ändern, kommen aus den Generationen X, Y und aus der als freiheitsliebend geltenden Generation Z. Sie sind Baby Boomer oder Best Ager, Berufseinsteigerinnen, -Umsteiger, -Aussteigerinnen oder Berufsmüde. Egal, von wo aus jemand sich auf den Weg der beruflichen Neuorientierung begibt – er oder sie sollte sich in jedem Fall auf einen persönlichen Entwicklungsprozess einlassen.

 

Eine berufliche Neuorientierung fordert den ganzen Menschen

Unser Beruf macht einen wesentlichen Teil unserer Identität aus. Als eine von vier Lebenssäulen prägt er unser Selbstverständnis, unser soziales Umfeld, unseren Status bis hin zu unseren Freundschaften.

Wenn wir unseren Beruf wechseln, also nicht nur die Stunden reduzieren oder die Abteilung tauschen, bringt eine berufliche Um- und Neuorientierung oftmals eine Veränderung der beruflichen Identität und ein neues Selbstverständnis mit sich. Wir öffnen uns für neue Möglichkeiten und integrieren Neues in unsere Lebensgeschichte. In Ablösungsprozessen, wenn jemand sich von einem bestimmten Ziel im Leben verabschieden muss, können auch starke Gefühle auftreten: beispielsweise, wenn die Gesundheit eine berufliche Veränderung notwendig macht und die Arbeit unsere körperlichen Kräfte übersteigt.

 

Was ist bei persönlicher Veränderung zu beachten?

Wenn Veränderungsprozesse anstehen, bewegen wir uns in einer schwebenden Zeitzone zwischen „Nicht-mehr“ und „Noch-nicht.“

Vertrautes passt nicht mehr und das Neue ist noch nicht greifbar. Wir sind dabei, eine alte Ordnung aufzulösen und Dinge auszuprobieren, von denen wir nicht wissen, wie sie ausgehen. Bei einer beruflichen (Neu-)Orientierung gilt es mit Ambivalenzen umzugehen. Sich zu trauen, Selbstverständlichkeiten in Frage zu stellen, bedeutet Unsicherheiten auszuhalten. In der Pandemie, die selbst schon eine Krise darstellt, werden solche Prozesse verstärkt. Zusätzlich werden wir in unseren Fähigkeiten zur Selbstorganisation, Verantwortungsübernahme, zum Beziehungsmanagement und zur Eigenwahrnehmung gefordert. Durch Corona erfolgte Restriktionen bei der Arbeit oder in der Ausbildung und das eingeschränkte Sozialleben, verstärken unser Stresslevel. Menschen neigen in Stresszeiten dazu, auf bewährte Selbstbilder und einschränkende Muster des Denkens, Fühlens und Handelns zurückzugreifen. So lässt sich Unklares und Unvorhersehbares besser aushalten und bewältigen. Gerade jetzt, wo eine große Unsicherheit herrscht und sich Gegebenheiten täglich ändern, ist ein innerer Kompass die Basis für eine gelingende berufliche Neuorientierung!

 

In dieser fünfteiligen Blogbeitragsreihe gebe ich als Coach für berufliche Neuorientierung Tipps und Anregungen, wie berufliche Neuorientierung auch in Krisenzeiten wie der Corona-Pandemie gelingt. Du bist als Leser*in eingeladen, dem eigenen Kompass zu folgen. In fünf Schritten bearbeitest Du sowohl die äußere Handlungsebene „Was ist jetzt zu tun?“ als auch die innere Selbstkonzeptebene: „Mit welchen persönlichen Themen muss ich mich jetzt auseinandersetzen?“

Der erste Teil erscheint schon diesen Freitag und trägt den Titel: „Der (Un-)Zufriedenheit auf die Spur kommen“.

 

Quellen:
StepStone.de. (2021, April 26). Sinneswandel: Menschen stellen ihren Job auf den Prüfstand. stepstone.de. Abgerufen am 06.05.2021 über https://www.stepstone.de/ueber-stepstone/press/sinneswandel/.
Unfried, P. (2021, April 24). Hartmut Rosa im Gespräch: „Die Umwege fehlen jetzt“. taz.de. Abgerufen am 06.05.2021 über https://taz.de/Soziologe-Hartmut-Rosa-im-Gespraech/!5763329/.


Andrea Landschof, Lehrende Transaktionsanalytikerin, Autorin, Dipl.- Pädagogin, Coach für berufliche (Neu-) Orientierung, Inhaberin vom Beraterwerk Hamburg begleitet seit mehr als 25 Jahren Menschen und Organisationen sicher durch Zeiten von Umbruch und Veränderung.

Was bedeutet – für Sie persönlich – ein gelungenes Leben?

Raum für Neues

Alle Menschen wünschen sich ein Leben, das ihrer Persönlichkeit, ihren Bedürfnissen und Interessen entspricht. Ein gelungenes Leben also. Was „gelungen“ aber genau bedeutet, entscheidet jeder selbst. Und da beginnt die Herausforderung. Unsere Freiheit beglückt und verunsichert uns zugleich. Immer mehr Menschen haben das Gefühl, in einer Sackgasse zu stecken. Unzufriedenheit erfüllt sie, obwohl sie doch scheinbar alles haben, um glücklich zu sein.

Das neue Buch von Andrea Landschof Das bin ich!? richtet sich an Menschen, die Lust auf Veränderung haben und ihre verborgenen Talente entdecken möchten. Es hilft dabei, Lebensgeschichten (und -lügen) zu überprüfen und den Blick zu weiten auf noch nicht genutzte Chancen und Potenziale. Mit Methoden der Transaktionsanalyse gelingt es, unsere Persönlichkeit und unsere Beziehungen zu uns selbst und anderen zu reflektieren, zu verstehen sowie Veränderungen zu initiieren.

 

Lust auf einen ersten (Lese-)Eindruck? Na, dann los …

***

Einleitung

Liebe Leserinnen und Leser,

gehören auch Sie zu den Menschen, die ihren persönlichen und/oder beruflichen Weg aus den Augen verloren haben? Haben Sie das Gefühl, in einer Sackgasse zu stecken? Vielleicht sind Sie unzufrieden und drehen sich im Kreis; wissen nicht, ob Sie gehen oder bleiben sollen und ob die Entscheidung, zu der Sie tendieren, tatsächlich die richtige ist. Sie empfinden Leidensdruck aufgrund der aktuellen Situation und haben dennoch Angst vor einer Veränderung? Sie können nicht genau sagen, was Ihnen fehlt oder woher Ihre Unzufriedenheit rührt? Sie sind unsicher und wissen nicht, was Sie wollen – oder gar können – und wie Sie eine Veränderung initiieren sollen? – Dann begeben Sie sich mithilfe dieses Buches auf eine ganz persönliche Zeitreise und lassen Sie sich überraschen, was in Ihnen steckt!

Den meisten Menschen ist gar nicht bewusst, über welche Möglichkeiten sie verfügen. Unsere frühen Prägungen haben oftmals unsere Potenziale untergraben. Sie wurden verdrängt oder abgespalten, weil sie nicht gefragt, nicht erlaubt oder nicht erwünscht waren. „Kinder mit einem Willen kriegen was auf die Brillen!“, „Ein Indianer kennt keinen Schmerz!“ oder „Sei sittsam und bescheiden, das ist die schönste Zier, dann kann dich jeder leiden, und dieses wünsch ich dir“ sind möglicherweise früh übernommene Glaubenssätze, die uns noch heute beeinflussen und boykottieren können. Wir wissen nicht mehr, was wir wollen, weil wir den Kontakt zu den eigenen Bedürfnissen und Impulsen verloren haben. Wir zeigen keine Gefühle, weil diese uns selbst fremd geworden sind, und verhalten uns anspruchslos und angepasst. So bewegen wir uns jedoch mit angezogener Handbremse durchs Leben. Unsere in uns schlummernden Talente liegen brach. Dabei geht es im Leben doch darum, Veränderungen kraftvoll und selbstbestimmt zu gestalten, gute Entscheidungen zu treffen und neue Pfade zu gehen, zu sich zu stehen, mit Rückschlägen konstruktiv umzugehen, mit unliebsamen Gewohnheiten zu brechen oder gesetzte Ziele zu verfolgen.

Es muss also etwas anders werden, damit sich die Unzufriedenheit in Zufriedenheit und innere Ruhe verwandelt.

Seit über drei Jahrzehnten beschäftige ich mich mit persönlicher und beruflicher Entwicklung. In meiner Arbeit als Beraterin und Ausbilderin begegnen mir viele Menschen, die in Sackgassen feststecken und wieder Vertrauen in ihre eigene Selbstwirksamkeit gewinnen möchten, die sich fragen: „Wer bin ich eigentlich?“ und „Wohin möchte ich mich verändern?“. Sie wünschen sich Gewissheit, all ihre Potenziale und Talente im Leben auszuschöpfen.

Talent meint im Volksmund in der Regel eine besondere Begabung mit hervorstechenden Merkmalen, die nicht selten geldwerte Vorteile bringt. Es herrscht dabei heute noch der Mythos eines begnadeten Genies vor, dem alles ohne Mühen zufliegt. Wenn ich in diesem Buch von Talenten spreche, verbinde ich damit allerdings keine außerordentliche Begabung oder besondere Leistungsvoraussetzung einer Person auf einem bestimmten Gebiet. Es geht nicht um Talente, die sich mit genetischer und sozialisationsbedingter Unterstützung als überdurchschnittliche Fähigkeiten zeigen, die dann durch Übung weiter gefördert werden. So möchte ich Talente an dieser Stelle nicht verstanden wissen, sondern vielmehr als generelle Anlage und die Befähigung eines Menschen, sein Leben mit all seinen Herausforderungen zu meistern und dabei seine Fähigkeit zu denken, zu fühlen und zu handeln zu nutzen, um stimmige Lösungen zu kreieren.

Ich gehe davon aus, dass in jedem von uns von Geburt an ein unverwechselbares Wesensmuster angelegt ist. Wir reifen heran zu dem, was den Kern unserer Identität ausmacht, sofern uns die Gelegenheiten dazu gegeben sind und wir die Chancen nutzen, die uns das Leben bietet. Wir sind nicht nur ein von außen determiniertes Wesen, und wir sind nicht nur abhängig von Genetik und soziokulturellen Faktoren. Wir haben die Wahl, den Spuren unseres Wesens und unserer Talente zu folgen. Dabei muss unsere Talententwicklung nicht zu etwas Spektakulärem führen, wie etwa zu bahnbrechenden physikalischen Erkenntnissen im Ausmaß der Relativitätstheorie oder zu grandiosen Kompositionen wie die von Mozart. Talente auszuleben und sich zu etwas berufen zu fühlen kann auch bedeuten, dass Sie Ihren kreativen oder mathematischen Begabungen nachgeben, dass Sie verantwortungsvoll für Ihre Großmutter sorgen oder eine Familie gründen. Vielleicht entspricht es Ihrem Wesensmuster, eine bestimmte Lebensart zu pflegen oder einem bestimmten Hobby nachzugehen. Um seelisch und körperlich gesund zu bleiben, gilt es, unser Wesen zu respektieren und mit uns in Einklang zu bringen. Manche Prägungen drängen uns jedoch von diesem Kurs ab. Und damit geraten auch unsere Talente aus dem Fokus. Und werden zu sogenannten latenten Talenten. Unter latenten Talenten verstehe ich verdeckte, verhüllte, schlummernde, unbewusste, ungenutzte und im Verborgenen liegende Befähigungen, Anlagen und Potenziale des Denkens, Fühlens und Handelns. Um unsere Authentizität zu wahren, gilt es, unsere in uns schlummernden Talente zu entdecken, zu entwickeln und auszuschöpfen.

Die meisten Menschen tragen eine Sehnsucht in sich, ihr Leben so zu verändern, dass sie das Gefühl haben, „heil“ zu sein, wie es einmal eine Klientin ausdrückte. Dieses Buch ist ein Leitfaden und Arbeitsbuch für Menschen, die ihre eingefahrenen Sackgassen überprüfen und die ihre Blicke auf (nicht genutzte) Chancen und (nicht gelebte) Potenziale richten möchten; Menschen, die Lust auf Veränderung haben; die ihr Leben wieder in Passung mit ihrem Wesenskern bringen und es in Verbindung mit ihren äußeren Umständen gestalten wollen.

Sie werden zu einer persönlichen Zeitreise eingeladen, Ihr Leben im Heute zu reflektieren, mit Erfahrungen von gestern umzugehen und Visionen für morgen zu entwickeln. Und dabei soll die Wahrnehmung des bereits Gelungenen nicht außer Acht gelassen werden. Entdecken Sie Ihre verborgenen Talente, um mit deren Hilfe gute Entscheidungen zu treffen, Ihre persönlichen und beruflichen Herausforderungen zu meistern und stimmige und aktuelle Lösungen für unterschiedliche Problemlagen zu kreieren. Dazu spüren Sie aktuelle Störfaktoren auf und prüfen, was für Sie und Ihre Veränderungsprozesse jeglicher Art hilfreich sein könnte: die Komfortzone verlassen, sich von alten Sehnsüchten verabschieden und unsere Potenziale in den Erinnerungen entdecken. Sie entdecken den roten Faden in Ihrem Leben, der sich als Grundmuster Ihrer Persönlichkeit durch Ihre Biografie zieht und der nicht mehr passende und einschränkende Glaubenssätze zum Vorschein bringt. Sie entlarven Ihre Selbstsabotageaktionen. Das heißt, Sie werfen einen Blick auf Ihre unbewusst und selbst entwickelten „Stolpersteine“, mit denen Sie sich bisher in unterschiedlichen Lebenslagen ein Bein gestellt haben, zum Beispiel, indem Sie immer wieder an den „falschen“ Partner oder in den „falschen“ Job geraten sind. Und Sie erhalten Ideen zur Auflösung dieser Glaubenssätze. Mithilfe dieses Buches finden Sie heraus, warum Sie in bestimmten Situationen immer gleich reagieren, obwohl Sie es eigentlich anders wollen, und welche psychologischen Spiele Sie dabei immer wieder unbewusst spielen. Sie entkräften die Antreiber, die Sie im Alltag stressen, und lernen, was Sie brauchen, um stimmige persönliche und berufliche Entscheidungen treffen zu können. Zum Abschluss erfahren Sie, wie Sie sicher durch Zeiten des Umbruchs und der Veränderung kommen. Für die Übergangsphase werde ich Ihnen zur Unterstützung sechs konkrete Handlungsschritte zur inneren und äußeren Neuentscheidung zur Verfügung stellen, die Sie individuell für Ihren Prozess gestalten können.

Sie werden in diesem Buch immer wieder Ausführungen zur Transaktionsanalyse (TA) finden:

Die TA wurde von dem US-amerikanischen Psychiater und Psychotherapeuten Eric Berne (1919–1970) auf der Basis tiefenpsychologischer und verhaltenstheoretischer Ansätze entwickelt. Die TA fördert die Wahrnehmung des eigenen Erlebens, Denkens und der Emotionen und lädt zur Realitätsüberprüfung ein: Stammt mein Fühlen, Denken und Handeln aus dem Gestern oder ist es stimmig mit mir als Person und mit meiner heutigen Lebenswelt? In einfachen Worten umschrieben, bietet die TA Erklärungen für komplexe Sachverhalte in Ihrem Leben. Sie schärft den Blick für das Wesentliche.

Wenn Transaktionsanalytiker auf soziale Interaktionen oder einzelne Personen schauen, leitet sie die Überzeugung, dass Menschen von ihrem Wesen her in Ordnung sind und jeder die Fähigkeit hat zu denken. Transaktionsanalytiker gehen davon aus, dass es jedem Menschen möglich ist, durch das Nutzen seiner ihm innewohnenden Ressourcen autonome Entscheidungen für sich und andere zu fällen und die Verantwortung für diese Entscheidungen zu tragen. Damit verbunden, leitet sich die Lern- und Veränderungsfähigkeit eines jeden Menschen ab. Die Transaktionsanalyse hat das Ziel, Menschen darin zu unterstützen, ein selbst gestaltetes, selbst verantwortetes und autonomes Leben in Verbundenheit mit anderen Menschen und der Welt zu führen. Dazu benutzen wir unsere Fähigkeit zur Bewusstmachung der momentanen Gegebenheiten und unsere Fähigkeit, aus einer Bandbreite verschiedener energetischer Zustände auszuwählen. Diese als Spontaneität bezeichnete Fähigkeit beinhaltet eine Flexibilität, mit der wir in der Lage sind, Alternativen im Fühlen, Denken und Verhalten zu kreieren und im Hier und Jetzt zu handeln. Wir können frei auswählen und entsprechende unterschiedliche Reaktionsmuster einsetzen, ohne auf festgefahrene Erlebens- und Verhaltensmuster zurückzugreifen. Dabei sind wir bereit, uns auf einen echten emotionalen Kontakt mit anderen Menschen einzulassen. Diese Form von Intimität erlaubt es uns, Beziehungen und Begegnungen mit anderen zu gestalten, die frei von Spielen und Manipulationen sind. Wir können Nähe und Zuwendung geben und annehmen. Autonomie wird als „bezogene Autonomie“, die den Menschen in seiner Verantwortung als Teil der Welt darstellt, angesehen. Die TA bietet Instrumente zur Analyse und stellt Strategien zur Veränderung von inneren und äußeren Prozessen zur Verfügung.

Im Folgenden werden Sie die grundlegenden Konzepte der TA kennenlernen sowie Fallbeispiele, Erfolgsgeschichten, Tests und Anregungen zur Selbstreflexion erhalten, mit deren Hilfe Sie Ihre Verhaltensmuster untersuchen, verstehen und verändern können.

Ebenso kann dieses Buch auch von Beratern und Coaches in der Beratungspraxis eingesetzt und zum Thema persönliche und berufliche (Neu-)Orientierung und Entwicklung genutzt werden.

Je nachdem, an welchem Punkt Sie sich gerade befinden, können Sie das Buch chronologisch oder auch abschnittsweise lesen.

Aus Gründen der Lesefreundlichkeit verwende ich die männliche Form, wenn männliche wie weibliche Personen gemeint sind.

Zum persönlichen Schutz der Klienten sind alle Namen von Personen und Daten, die in diesem Buch als Anwendungsbeispiele verwendet werden, von mir geändert worden.

 

1. Alter Trott oder neue Wege? Wie Veränderung gelingt

 

1.1 Die Komfortzone verlassen

Denken Sie gerade intensiv über Ihre aktuelle private und berufliche Lebenssituation nach? Haben Sie Lust, die Ziele, die Sie verfolgen, zu überprüfen? Glauben Sie, dass in Ihnen noch verdeckt liegende Potenziale schlummern, und möchten Sie Ihren latenten Talenten auf die Spur kommen? Dann sind Sie in guter Gesellschaft! Das Bedürfnis nach Sinnerfüllung in Beruf und Privatleben entspricht inzwischen dem Zeitgeist. Das an sich ist völlig legitim und nachvollziehbar. Im Zeitalter des „Anything goes“ haben wir jedoch fast unendlich viele Wahlmöglichkeiten und stehen vor ganz individuellen Entscheidungen, wie wir unser privates und berufliches Leben gestalten wollen. In unserer mobilen Gesellschaft sind die unterschiedlichsten Lebens- und Arbeitsformen erlaubt. Lebensläufe sind nicht mehr vorgegeben, und entscheidende Veränderungen sind in jedem Lebensalter möglich. Identitäten können frei gewählt werden und laden Menschen zu stetigen Anpassungsleistungen ein. Was ein gelungenes Leben bedeutet, steht jedem frei, selbst zu entscheiden.

In meiner Arbeit erlebe ich die Freude vieler Frauen und Männer über ihre unterschiedlichen Entwicklungsmöglichkeiten und gleichzeitig ihre damit verbundene Verunsicherung. Die große Auswahl an Lebensentwürfen bietet uns eine bisweilen verwirrende Vielfalt. Viele scheinen erschöpft zu sein ob des stetigen Entscheidungsdrucks und des empfundenen Zwangs, dauerhaft ihr Wohlgefühl zu maximieren.

Um der Dynamik um uns herum gewachsen zu sein und ihr standzuhalten, ist es hilfreich, sich mit der eigenen Identität auseinanderzusetzen und das Leben so zu gestalten, dass wir im Einklang mit uns selbst und der Umwelt leben. Trotz oder gerade wegen der rasanten Veränderungen im Außen ist es wichtig, eine innere Stabilität zu wahren. Sonst werden wir zum Spielball der äußeren Verhältnisse. Psychische Widerstandsfähigkeit, die sogenannte Resilienz, erlangen wir unter anderem, indem wir uns mit der eigenen Biografie aussöhnen und unsere Potenziale ausschöpfen.

(…)

Das klingt zunächst recht simpel. Wie oft haben Sie schon gehört, dass Sie „einfach nur“ Sie selbst sein sollen und auf sich hören müssen, um ein authentisches Leben führen zu können? Aber so einfach ist es für viele Menschen eben nicht, da ihnen das Entscheidende fehlt: Die Erkenntnis, wer sie sind. Sie kennen ihre Potenziale nicht, und auch ihre inneren Motive sind ihnen fremd.

Um das subjektiv „Beste“ in uns zu entdecken, lohnt es sich, unsere Komfortzonen zu verlassen. Und es lohnt sich, unsere Persönlichkeit infrage zu stellen und lieb gewonnene Gewohnheiten abzulegen. Um Platz machen zu können für das Neue in uns.

Wir können auch als Erwachsene unsere Resilienzfaktoren fördern, wenn wir sie als Kind nicht erworben haben. Beispielsweise können Sie in diesem Buch herausfinden, wie die Muster, mit denen Sie die Welt erfassen, Ihre Reaktionen auf Stress- und Entscheidungssituationen prägen. Ganz im Sinne von Aaron Antonovsky (1997), einem israelisch-amerikanische Medizinsoziologen, geht es darum, Ihr Kohärenzgefühl zu stärken. Das Kohärenzgefühl ist eine Orientierung, die ausdrückt, in welchem Ausmaß Sie ein Gefühl des Vertrauens darauf haben, dass Ereignisse und Dinge, die sich im Lauf Ihres Lebens aus der inneren und äußeren Umgebung ergeben, strukturiert, vorhersehbar und erklärbar sind (Verstehbarkeit), Ihnen Ressourcen zur Verfügung stehen, um den Anforderungen dieser Ereignisse und Dinge zu begegnen (Bewältigbarkeit), und dass diese Anforderungen allesamt Herausforderungen sind, die Ihre Anstrengung und Ihr Engagement wert sind (Sinnhaftigkeit).

Im Zusammenhang mit Persönlichkeits- und Potenzialentwicklung ist auch die Frage interessant, ob unsere Persönlichkeit eigentlich festgelegt ist – oder in welchen Bereichen und in welchem Ausmaß wir uns oder unsere Charaktereigenschaften verändern können. Damit verbunden sehe ich auch die Frage, auf welche Weise wir Menschen an unsere Potenziale herankommen. Können wir überhaupt etwas entwickeln, das nicht da ist? Und wenn es vorhanden ist – als im Verborgenen liegende Ressource angelegt –, wie kommen wir dann an die Potenziale heran und können sie „ent-wickeln“?

Unterschiedliche Erklärungsansätze gehen heutzutage davon aus, dass unsere Persönlichkeit teilweise genetisch verwurzelt und teilweise durch Sozialisation geprägt ist. Ruhen Sie sich bitte nicht darauf aus, dass Sie dieses oder jenes vererbt bekommen haben oder dass Sie unwiderruflich durch Ihre Familie geprägt wurden. Diese Sichtweise würde uns jeglicher Freiheit berauben und uns zu Sklaven unserer Gene und Sozialisation machen. Unsere Persönlichkeit und damit auch unsere Lebensweise wären in diesem Fall durch innere (genetische) und äußere (sozialisierte) Vorgaben (vor-)bestimmt und eingeschränkt. Manche Persönlichkeitsanteile werden sicherlich immer unverändert bleiben. Sie werden als leiser Mensch nicht von heute auf morgen zu einem lauten Menschen werden. Aus einem extravertierten Menschen wird kein introvertierter Mensch. Wir haben aber die Gabe, bestimmte Persönlichkeitseigenschaften flexibel und zeitlich begrenzt einzusetzen, auch wenn sie unserer Natur wiedersprechen. So mussten Sie vielleicht auch schon einmal vor einer größeren Ansammlung von Menschen eine Rede halten, obwohl Sie solche Auftritte nicht sonderlich mögen. Mir geht es jedoch nicht um solche strategisch konstruierten und zeitlich begrenzten Aktionen, die wider unsere Natur sind. Es geht darum, dass Sie sich Ihren bisherigen Prägungen entgegenstellen und diese hinterfragen. Es ist möglich, über die beiden Einflussfaktoren Gene und Umwelt hinaus unsere individuellen Denk-, Fühl- und Verhaltensmuster zu verändern und die darin liegenden Potenziale ans Tageslicht zu bringen.

Lassen Sie uns mit einer Übung zur Potenzialentwicklung beginnen, und spüren Sie nach, ob Ihre Komfortzone dadurch berührt wird.

Bei der folgenden und allen anderen praktischen Übungen in diesem Buch sind Sie eingeladen, in Ihrem eigenen Tempo zu arbeiten und diesem entsprechend Pausen einzulegen, bevor Sie weiterlesen. Manche Fragestellungen und Anregungen benötigen vielleicht ein wenig mehr Zeit, damit das Gelesene und von Ihnen Geschriebene „sacken“ kann. Unterbrechen Sie dann gern die Aufgaben, gehen Sie spazieren oder unterhalten Sie sich mit einem lieben Menschen über Ihre Gedanken. Die Antworten auf die Fragen zur Selbstreflexion und zum Selbstanalysebogen werden Sie zu einer sehr persönlichen Zeitreise einladen. Sie identifizieren Ihre Schwachstellen und neuralgischen Punkte als auch Ihre Stärken und Ressourcen. Gehen Sie bitte nachsichtig und milde mit sich um. Alles, was Sie bisher entwickelt haben, hatte seinen Sinn und Zweck und seine Berechtigung zu seiner Zeit. Ich finde, es verdient eine Würdigung, dass Sie Ihr Leben auf Ihre eigene Art und Weise bis hierhin und heute gestaltet haben.

Die erste Anregung zur Selbstreflexion finde ich sehr wirksam, wenn es darum geht, unsere persönlichen Komfortzonen zu verlassen. Hinterfragen Sie Dinge, von denen Sie glauben, sie nicht zu können, oder von denen Sie glauben, sie tun zu müssen.

 

Anregung zur Selbstreflexion 1:  „Ich kann nicht“ und „Ich muss“

Schauen Sie auf Ihre derzeitige Lebenssituation und auf all das, was Sie meinen, nicht zu können. Typische Antworten wären zum Beispiel: „Ich kann diese Ungerechtigkeiten von X nicht mehr ertragen“ oder „Ich kann nicht Klavier spielen“. Lassen Sie sich Zeit und schreiben Sie so viele Sätze, wie Sie mögen, zu diesem Satzanfang auf.

Ich kann nicht …

Denken Sie nun an Dinge, von denen Sie glauben, dass Sie sie tun müssen. Zum Beispiel: „Ich muss jeden Morgen um sechs Uhr aufstehen und zur Arbeit gehen“ oder „Ich muss nachgiebiger werden“. Schreiben Sie einfach alles das auf, was Ihnen spontan aus Ihrem privaten und beruflichen Bereich einfällt:

Ich muss …

 

„Ich will nicht“

Wiederholen Sie nun bitte Ihre Ich-kann-nicht-Sätze und ändern Sie sie um in Ich-will-nicht-Sätze (z. B. „Ich will diese Ungerechtigkeiten von X nicht mehr ertragen“).

„Ich entscheide mich“

Wiederholen Sie nun Ihre Ich-muss-Sätze und ändern Sie sie um in Ich-entscheide-mich-Sätze (z. B. „Ich endscheide mich, jeden Morgen um sechs Uhr aufzustehen“).

Welche Auswirkungen hat das Ersetzen der Formulierung „Ich muss …“ durch „Ich entscheide mich …“ für Sie? Was verändert sich dadurch für Sie? Warum ergeben die Änderungen für Sie einen Sinn und warum nicht?

Haben Sie gemerkt, welchen Unterscheid der Austausch von „Ich kann nicht“ durch „Ich will nicht“ macht?

Einige Sätze bleiben natürlich in ihrer Wirkung bestehen und lassen sich durch die neuen Satzanfänge kaum umwandeln (zum Beispiel: „Wir müssen alle sterben“). In meinen Seminaren kommt daher zu Recht immer wieder die Frage auf, ob es nicht auch Muss-Sätze gibt, die bleiben, weil wir keine Wahl haben. Es gibt tatsächlich einige Sätze, bei denen ein „Ich entscheide mich“ infrage zu stellen wäre. So wie in dem angegebenen Beispiel. Doch wir haben trotz aller Bedingtheit immer die Wahl. Auch in größter Eingeschränktheit können wir bis zuletzt entscheiden, wie wir den jeweiligen Situationen begegnen. Beim Thema Sterben wäre es interessant, darüber nachzudenken, wie viel leichter wir „gehen“ könnten, wenn wir uns bewusst dazu entscheiden würden.

Als ich die obige Übung vor vielen Jahren in einem Seminar das erste Mal anbot, formulierte eine Teilnehmerin, die selbst als Trainerin arbeitete, den Satz: „Ich kann nicht vor großen Menschenmengen reden.“ Daraus wurde dann: „Ich will nicht vor großen Menschenmengen reden.“ Ihr fiel ein Stein vom Herzen, weil sie damit eine bewusste Willensäußerung machte, dann eine Entscheidung traf und es somit nicht mehr um ein Defizit ging: Ich will nicht und ich entscheide mich, nicht vor großen Massen von Menschen zu reden, weil es nicht meinem Wesen entspricht. (Eine alternative Formulierung könnte lauten: Ich entscheide mich, wann, wie häufig und wo ich es tue, weil es zu meinem Beruf gehört.)

Ende der 90er-Jahre begannen viele Trainerinnen eine Ausbildung zum „Speaker“ und stürmten auf die großen Bühnen. Dadurch entstand bei vielen Kolleginnen und Kollegen ein großer Erfolgsdruck, es ihnen gleichzutun. So auch bei meiner Teilnehmerin. Wie eine innere Erlaubnis, es auf ihre eigene Art zu tun oder zu lassen, wurde daher die Aussage „Ich will nicht“ empfunden. Sie macht selbstbestimmter. Dieses selbstbestimmte „Ich will nicht“ lag zuvor im Verborgenen und war ein latentes Talent, bevor es zum Vorschein und zum Einsatz kam und dadurch sichtbar wurde. Eine Fähigkeit also, die bis dahin nicht genutzt wurde.

Durch die vorausgegangene Übung wird unsere Komfortzone „irritiert“, und wir werden auf die Macht der Worte aufmerksam gemacht. Durch den Austausch von nur einem Verb können Sie Haltung und Gefühl zu einer Situation oder einer Begebenheit verändern! Und damit auch Ihr Verhalten. Sie bringen sich in Kontakt mit Ihren Potenzialen. In den Sätzen, die mit „Ich will nicht“ und „Ich entscheide mich“ beginnen, zeigt sich Ihre Fähigkeit, bewusst und selbstbestimmt durchs Leben zu gehen. Etwas nicht zu wollen entspringt einer anderen Haltung, als etwas nicht zu können. Etwas tun zu müssen beinhaltet eine andere Haltung, als sich für etwas zu entscheiden. Haben Sie bemerkt, dass die Verantwortung und die Entscheidung dafür bei Ihnen liegen? Natürlich ziehen Entscheidungen immer Folgen und Konsequenzen nach sich. Damit dürfen wir umgehen und daraus lernen. Und darum geht es!

(…)

***

Das Buch ist ab dem 21. September im Handel erhältlich.

 

Über die Autorin

Andrea Landschof ist Transaktionsanalytikerin, Lehrsupervisorin und Lehrcoach. Als Inhaberin des Beraterwerkes Hamburg, einem Institut für Fort- und Weiterbildung von Berater*innen und Transaktionsanalytiker*innen, begleitet sie seit über 25 Jahren Menschen bei der beruflichen Orientierung.