Podcast-Folge 51: Apropos … Drogen neu denken!
Bei bewusstseinsverändernden Substanzen denken wir schnell an Drogen: wie Heroin, LSD oder Chrystal Meth, und haben schmuddelige Bahnhofsviertel vor unserem inneren Auge. Die positiven Effekte von Drogen oder von Methoden, mit deren Hilfe das Bewusstsein beeinflusst werden kann, sind wenig bekannt, die Forschung dazu zu wenig beachtet.
„Jeder Mensch sollte sich stärker mit seinem eigenen Bewusstsein auseinandersetzen!“, fordert deshalb die Anästhesistin und Notfallmedizinerin Dr. Andrea Jungaberle. „Das eigene Bewusstsein ist morgens nach dem Aufwachen ein ganz anderes, als in dem Moment, wo man auf die Autobahn auffährt, und wieder anders vor dem ersten Espresso oder nach dem dritten Glas Rotwein.“
Rauschmittel als Heilmittel: Mit Drogen gegen Traumata
Unter „Drogen“ versteht Andrea Jungaberle alle Substanzen, die mit unserer Psycho-Biologie interagieren, also auf hirnorganischer Ebene eingreifen in unsere Bewusstseinsprozesse. Dazu gehören auch Nikotin, Alkohol, Kaffee, Zucker und starke Schmerzmittel, Antidepressiva, aber eben auch LSD und Chrystal Meth. Andrea Jungaberle betont: „Nicht alles, was erlaubt ist, ist gut und gesund. Und nicht alles was verboten ist, ist an sich schon schädlich.“ In Deutschland werden psychoaktive Substanzen zu oft sofort verteufelt, nur das Risiko gesehen, nicht aber die nachweislich vorhandenen positiven Effekte. Anders dagegen in der Schweiz, wo rund 20 Psychiater eine offizielle Sondergenehmigung haben, nach Einzelentscheidungen Patient:innne auch z.B. mit LDS und MDMA, dem als „Partydroge“ Ectasy bekannten Amphetaminderivat, zu behandeln.
Andrea Jungaberle verweist auf den eigentlichen Wortsinn von „Psychodelikum“. So sind bewusstseinsverändernde Substanzen als Methoden zum Verändern des Wachbewusstseins, also zum „Öffnen des Bewusstseins““, vergleichbar mit verschiedenen Eingangstüren, und zwar zu ein und demselben Raum. Auch Pranayama, die Atemtechnik im Yoga, kann durchaus geeignet dazu sein, den „Geist zu offenbaren“ (griech. psycho + delos). Ob Trance, Trommelkreise, Massage, Sexualität, monochromes Atmen, Meditationen oder substanzgebundene Mittel: Nicht alles funktioniert bei jedem. Man muss ausprobieren.
Wie das unter therapeutischer Anleitung aussehen kann, erfahre ich im Gespräch mit Dr. Andrea Jungaberle genauso wie die Richtigstellung, dass ich während der Narkose für eine OP eben nicht einfach schlafe: ich gebe mein ganzes Bewusstsein, mein Leben, für eine gewisse Zeit wirklich in die Hände eines anderen Menschen.
Dr. med. Andrea Jungaberle ist ärztliche Leiterin der OVID-Kliniken, Anästhesistin und Notfallmedizinerin, medizinische und ethische Beraterin des Vorstands der Mind-Foundation und Yoga-Lehrerin. Außerdem forscht sie in der psychedelischen Therapie. Weitere Informationen unter: https://jungaberle.eu/
Im Schattauer Verlag ist dieses Jahr Dr. Andrea Jungaberles Buch „Yoga, Tee und LSD – Bewusstseinsveränderung in Wissenschaft und Alltag“ erschienen.
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